Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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19.12.2022

Vom Flüchtling zum Schuhmachermeister – eine Erfolgsgeschichte

Schuhmachermeister Hedy flickt in Frankfurt alte Stiefel und Gürtel mit genauso viel Hingabe, wie er Maßschuhe für schmerzende Füße anfertigt.
Schuhmacher bearbeitet eine Sohle

Schuhmachermeister Hedy Mohammadi kam 2009 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling aus Afghanistan nach Deutschland. Im kleinen Verkaufsraum seiner Schuhmacherei im Frankfurter Ortsteil Sachsenhausen repariert der heute 30-Jährige mit seinem jüngeren Bruder Omid Sandalen, Wander- und Brautschuhe für seine Kunden. Die eigentlichen Schätze finden sich jedoch neben dem Eingang und im Schaufenster: handgefertigte Schuhe aus feinem Leder, von klassisch schlicht bis extravagant.

Als Kind wollte Hedy Architekt oder Mediziner werden – heute ist er irgendwie beides.

Nach seiner Flucht machte der damals 17-jährige Hedy in Oberursel im Taunus seinen Hauptschulabschluss. Seine Gabe, Freundschaften zu schließen und seine kommunikative und offene Art halfen ihm beim Erlernen der deutschen Sprache. Schmerzende Füße nach 13 Monaten auf der Flucht hatten in Hedy den Wunsch geweckt, das Schuhmacherhandwerk zu erlernen. Sein Lehrer an der Berufsschule förderte ihn intensiv bis zum Meisterbrief. Als Kind träumte Hedy davon, Arzt oder Architekt zu werden. Jetzt ist er irgendwie beides: Er verarztet Schuhe – und er designt sie.

Aus Kunden werden Freunde.

2017 eröffnete Hedayatullah Mohammadi sein Geschäft, die "Schuhmacherei Hedy", in der Wallstraße. Vorher hatte er eine Woche lang die Nachbarschaft im Sachsenhausener Kneipenviertel erkundet, war von Laden zu Laden gegangen, um die Inhaber kennenzulernen. Danach wusste er: Hier würde er seine Schuhmacherei eröffnen. Viele seiner Kunden und Geschäftsnachbarn sind mittlerweile seine Freunde. Das Viertel ist Heimat geworden und seit vergangenem Jahr hat er auch die deutsche Staatsbürgerschaft.

„Ich bin so arm, ich kann mir keine billigen Schuhe leisten."

Hedys Kundinnen und Kunden kommen aus Frankfurt und der ganzen Welt. Manche nehmen die lange Reise aus Japan oder Australien nach Deutschland in Kauf, um ihre maßgefertigten Schuhe persönlich in Empfang zu nehmen. Der Entstehungsprozess vom Maßnehmen bis zum fertigen Schuh dauert mehrere Monate. Maßschuhe fertigt er mal für Kunden, die sich eine Maßanfertigung aus seltenem Fischleder für 13.000 Euro gönnen, mal für Menschen mit Schmerzen. Einmal sagte ein Kunde zu Hedy: „Ich bin so arm, ich kann mir keine billigen Schuhe leisten.“ Das findet Hedy richtig. Seine Schuhe sind nachhaltig, er kann sie immer wieder reparieren und auch die Optik vollständig verändern.

Hedys Traum

Heute steht Hedy als Schuhmacher auf seinen eigenen Füßen und stellt andere auf die ihren. Sein jüngerer Bruder hat bei ihm die Schuhmacherausbildung gemacht. Er wird die kleine Schuhmacherei in der Wallstraße führen, wenn Hedy demnächst expandiert. Gemeinsam mit Schuhmachergesellen und einem jungen Meister möchte er in einer Manufaktur handgemachte Schuhe aus Frankfurt unter seinem Namen herstellen. Außerdem würde er gern seinen obdachlosen Freunden eine Chance bieten: in einer Werkstatt, die so groß ist, dass er ihnen allen eine Ausbildung ermöglichen könnte. Und dort produzieren sie dann gemeinsam „Schuhe für Europa oder für die Welt“. Noch ist es ein Traum. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass Hedy etwas Außergewöhnliches schafft.  

Quellen: www.deutsche-handwerks-zeitung.de, Pressemitteilung vom 12. August 2022;
                  www.handwerk.de

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