Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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15.12.2021

Orthopädieschuhmacher hilft weltweit

Im Ausland tätig sein und dabei auch noch Entwicklungsarbeit leisten

Auf der Suche nach Optionen, wie er sein langjähriges Fachwissen anderen Menschen zur Verfügung stellen kann, „stolperte“ Orthopädieschuhmachermeister Bernd Franke über das Fortbildungsprogramm „Internationaler Meister“ der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main. Im Kurs mit Zimmerern, Elektrikern, Dachdeckern und KFZ-Mechatronikern eignete er sich die notwendigen Qualifikationen an. Neben der Vermittlung interkultureller Kompetenz war auch das Verhalten in Krisengebieten ein wichtiges Thema: So führten Ausbilder der GSG 9 in diesem Rahmen Schulungen durch, um Überfälle zu demonstrieren und zu simulieren.

In ein solches Krisengebiet führte auch Bernd Frankes erster Einsatz, der über die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) vermittelt wurde. Gemeinsam mit einer Schuhmachermeisterin aus Braunschweig reiste er 2018 nach Lahore in Pakistan, einer Stadt mit 12 Millionen Einwohnern, von denen viele in der Textil- und Bekleidungsindustrie beschäftigt sind. Bei den zahlreichen Militärkontrollen erwies es sich für Franke dabei als „ein riesiger Vorteil“, als „Internationaler Meister“ über den Auftraggeber abgesichert zu sein.

In zwei Betrieben der Schuhproduktion in Lahore hatte Bernd Franke die Aufgabe, die Arbeits- und Sicherheitsstandards unter die Lupe zu nehmen. Verbesserungspotenzial gab es an vielen Stellen. In einer Schuhsohlenproduktion, wo Polyurethansohlen produziert wurden, gab es keine Absauganlagen; gearbeitet wurde bei 43 Grad, die Wachs- und PU-Dämpfe hingen als Nebel in der Halle und die Mitarbeiter zogen Plastiktüten über ihre Sandalen, damit das heiße PU nicht auf ihre Füße tropfte.

Die GIZ arbeitet vor Ort nur mit Betrieben zusammen, die bereit sind, etwas zu verändern. So hatte Bernd Franke in Pakistan auch die Aufgabe, dem Geschäftsführer und Produktionsleiter vor Ort zu vermitteln, an welchen Stellen es Verbesserungspotenzial gibt. Die GIZ kontrollierte und überwachte die Umsetzung.

Über den Senior Experten Service (SES), die Entsendeorganisation für ehrenamtliche Fach- und Führungskräfte im Ruhestand oder in einer betrieblichen Auszeit, war Bernd Franke drei Wochen in Südafrika. In Durban begleitete er Auszubildende und junge Mitarbeitende in der Modellabteilung eines Schuhherstellers im Bereich der Digitalisierung. Einen geplanten Mongolei-Aufenthalt im März des vergangenen Jahres in einer kleinen Schuhfabrik mit 35 Angestellten, die überwiegend Stiefel für den dortigen Einsatz in der Steppe produzieren, musste er aufgrund der Pandemie absagen. Kurzerhand gab Franke über Skype, Whatsapp und Microsoft Teams Schulungen und Tipps zur Arbeitssicherheit und Arbeitssicherheitsschuhen. Online schult Bernd Franke nun seit einem Jahr auch junge Orthopädiemechaniker in drei Rehazentren in Ruanda – ein Projekt, das er selbst initiiert hat und das ihm sehr am Herzen liegt.

Bernd Franke würde sich wünschen, dass noch mehr Orthopädieschuhmacher die Möglichkeit nutzen, als „Internationaler Meister“ einen Beitrag zur Entwicklungsarbeit zu nutzen und sich für solche Einsätze öffnen. Die Fortbildung biete viele Chancen, den eigenen Wissens-Horizont zu erweitern und Lebenserfahrung zu sammeln.

Quelle: ORTHOPÄDIESCHUHTECHNIK 10/2021

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