Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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18.04.2024

Verlängerte Werkbank für Orgelbauer aus Asien

In einem Drittel aller Orgeln weltweit ist mindestens ein Teil der Otto Heuss GmbH verbaut.
Organistin spielt auf einer Orgel

Etwa die Hälfte der Orgelteile der Otto Heuss GmbH aus dem mittelhessischen Landkreis Gießen wird im Inland abgesetzt, die andere Hälfte in Europa, Asien, Amerika, Afrika, Neuseeland und Australien. Der Familienbetrieb ist in über 40 Ländern tätig. Besonders der asiatische Markt gewinnt immer mehr an Bedeutung. Grund dafür ist, dass sich dort neu errichtete Konzertsäle zunehmend am westlichen Standard orientieren und eine Orgel aus asiatischer Sicht "das Prestigeobjekt schlechthin" ist, sagt Tristan Heuss, einer der Geschäftsführer des Familienunternehmens.

Verlängerte Werkbank der Orgelbauer

Seit bereits 70 Jahren ist das Handwerksunternehmen auf die individuelle Anfertigung von Spezialkomponenten für Orgeln spezialisiert. Auftraggeber sind keine Kirchengemeinden, die eine Reparatur ihrer Orgel benötigen, sondern Orgelbauer, die von der Kirchengemeinde beauftragt werden und die wiederum bei der Otto Heuss GmbH die Produktion einzigartiger Teile für das Instrument veranlassen. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob das bestehende Problem einer Orgel mechanischer, elektrischer, elektronischer oder pneumatischer Natur ist. Das heißt: Von traditionellen Holzmechanikteilen über moderne elektronische Steuerungen, Klaviaturen, Mechanikteilen, Steuerungstechnik, Bedienelementen bis hin zu großen und kleinen, exquisiten und einfachen Spieltischen ist alles dabei. In einem Drittel aller Orgeln weltweit ist mindestens ein von der Otto Heuss GmbH angefertigtes Teil verbaut, wenn nicht sogar noch mehr, schätzt Tristan Heuss.

Betriebsübergabe an die vierte Generation

Als Zulieferer für den Orgelbau hat sich die Otto Heuss GmbH in der Branche einen Namen gemacht, ist heute das führende Unternehmen in Deutschland. Ende 2022 hat Orgelbaumeister Stefan Heuss, Enkel des Firmengründers Otto Heuss, den Betrieb an seine beiden Söhne übergeben. Mit Tristan und Julian und Heuss hat die vierte Generation das Zepter übernommen. Die Brüder sind im Betrieb groß geworden, waren als Kinder schon bei Kundenbesuchen, Geschäftsessen und auf Messen dabei. Beide haben eine Orgelbau-Lehre gemacht und die Fachschule in Ludwigsburg besucht. Anschließend stiegen sie in den Familienbetrieb ein und begannen, die eigenen Spezialkomponenten für den Orgelbau kennenzulernen, insgesamt mehr als 8000 Produkte.

Eine Orgel kann wie ein gesamtes Orchester klingen.

Für die Licher Orgelbauerfamilie ist eine Orgel weit mehr als ein Prestigeobjekt. Sie schätzen die musikalische Vielfalt, die eine Orgel bieten kann, dass sie klingen kann wie ein gesamtes Orchester. Aber auch das Handwerk, das in einer Orgel steckt, fasziniert sie: "Um die einzelnen Komponenten einer Orgel herzustellen, bedarf es eines breiten Spektrums an Fähigkeiten". Darum sind in ihrem Betrieb unter den 43 Mitarbeitern nicht nur Orgelbauer beschäftigt, sondern auch Tischler, Zerspanungsmechaniker, Programmierer, Elektroniker, Elektromechaniker, Logistiker und Fachkräfte für Büromanagement.

Denkmalpflege im Blick

Ähnlich wie ein familiengeführter Handwerksbetrieb kann eine Orgel Generationen überdauern: Sie gilt mit 30 Jahren noch als neuwertig und kann problemlos 200 bis 300 Jahre alt werden. Die Denkmalpflege spielt im Alltag eines Orgelbauers daher eine große Rolle. Arbeiten an historischen Orgeln fänden vorrangig unter dem Aspekt "Reparatur geht vor Austausch" statt, so Stefan Heuss. Und sollte doch mal eine Komponente nicht mehr zu reparieren sein, so werde diese ausschließlich aus Werkstoffen nachgebaut, die der Ursprungsepoche der Orgel zugehörig sind.

Quelle: www.deutsche-handwerks-zeitung.de, Pressemitteilung vom 7. November 2023

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