Der Klang aus Bubenreuth – ein Meisterbogen für die Welt
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Der berühmte Violinist und Komponist Giovanni Battista Viotti brachte es auf den Punkt: "Die Geige, das ist eigentlich der Bogen." Für Bogenbauermeister Sebastian Dirr aus Bubenreuth ist dies Ansporn und Ziel seiner täglichen Arbeit.
Im fränkischen Zentrum des Saiteninstrumentenbaues entstehen in Bubenreuth exquisite und vorzügliche Meisterbogen, die rund um den Globus gespielt werden. Wenn ein Solist in New York, eine Geigerin in Tokio oder ein Cellist in Paris auftreten, kann es gut sein, dass der Bogen, der ihre Musik lebendig werden lässt, aus den Händen von Sebastian Dirr stammt. Seit nunmehr über drei Jahrzehnten widmet sich der Bogenbaumeister seit 2001 in seiner Werkstatt mit Hingabe seinem Handwerk.
Maschine kann nicht alles ersetzen
Bis Anfang dieses Jahrhunderts war die Bogenmacherei reine Handarbeit. Aber auch heute können Maschinen nicht alle Arbeiten übernehmen. Bei den wichtigsten Arbeitsvorgängen ist Handarbeit gefragt, weil Holz ein ungleichmäßig gewachsenes Naturprodukt ist und jede Stange anders bearbeitet sein will.
Das Material wird knapp
Das für einen Streichbogen benötigte Material stammt vorwiegend aus überseeischen Ländern. Dirr verwendet fast ausschließlich Fernambuk aus Brasilien – edel, elastisch und klangstark. Weil es durch Abholzung bedroht ist, steht es unter Artenschutz und darf nur noch begrenzt gefällt werden. Dirr ist Gründungsmitglied der International Pernambuco Conservation Initiative (I.P.C.I.), einem weltweiten Zusammenschluss führender Bogenbauer, der sich für den Schutz und die Wiederaufforstung des bedrohten Fernambukbaums in Brasilien einsetzt. Für einfachere Schülermodelle kommt deshalb das ebenfalls brasilianische Massarandubaholz zum Einsatz.
Der Weg vom Rohstoff zum Spielgefühl
Nach der Wahl des Holzes wird die Bogenstange durch Schnitzen und Schleifen in Form gebracht. Anschließend wird das Holz vorsichtig über einer Spiritusflamme oder mithilfe eines Heißluftföhns erhitzt und die charakteristische Bogenform herausgearbeitet. Nach dem Abkühlen wird die Bogenstange auf Elastizität geprüft – nur so entsteht der harmonische Schwung, den die Musikerinnen und Musiker überall auf der Welt schätzen.
Der “Frosch” am unteren Ende hält die Bogenhaare und reguliert deren Spannung über eine Schraube. Gefertigt aus Ebenholz und veredelt mit Metall oder Perlmutt, bestimmt er Gewicht und Spieleigenschaften. Daneben verwendet Dirr auch Bernstein, gefärbtes Epoxidharz oder etwa zertifiziertes Elfenbein für den Frosch. Eine Bewicklung aus Silberdraht oder Seidengespinst schützt den Griffbereich und sorgt für die richtige Balance. Für die Bespannung werden etwa 150 bis 200 Rosshaare aus der Mongolei oder Sibirien verwendet, die für Dirr, trotz moderner Alternativen wie synthetischen Fasern weiterhin erste Wahl sind
Verankert in einem internationalen Netzwerk aus Musikern, Orchestern und Bogenbaukollegen
Die Arbeiten von Sebastian Dirr wurden auf globalen Wettbewerben ausgezeichnet, unter anderem in Paris und im bayerischen Mittenwald, das für seine lange Geigenbautradition bekannt ist. Zudem nimmt er regelmäßig an internationalen Fachmessen teil, darunter die renommierte Mondomusica in Cremona (Italien), wo er seine Bögen präsentiert und mit Musikerinnen, Musikern und anderen Handwerksmeistern aus aller Welt im Austausch steht.
Denn längst sind Dirrs Bögen nicht nur in Deutschland begehrt. Ein großer Teil seiner Arbeiten geht in den Export – an internationale Händler, Orchester und Sammler, vor allem in den USA, Japan, Kanada und Frankreich. Viele Kunden reisen eigens nach Franken, um ihren Bogen persönlich in Empfang zu nehmen oder gemeinsam mit Dirr das ideale Spielgefühl zu finden. Andere lassen sich ihre Bögen per Luftfracht zustellen – fein verpackt, wie kleine Kunstwerke.
Quellen: www.dhz, Pressemitteilung vom 16. Oktober 2025;
Nürnberger Nachrichten vom 8. Oktober 2023