Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Deutschen Handwerks
25.07.2022

Handwerk als Partner der Transformation

Um die Fachkräftelücke im Handwerk zu schließen und Transformationen umsetzen zu können, brauchen wir eine Bildungswende, so ZDH-Präsident Wollseifer.
Ausbilder erklärt Schüler ein Solar-Panel

Um die Fachkräftelücke zu schließen, müssen Politik und Handwerk für eine Bildungswende an einem Strang ziehen, erklärt ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer in einem Namensbeitrag für den Wirtschaftsblog "Klartext im Westen" der unternehmer nrw.

Unsere Zeit ist geprägt von unterschiedlichen und ineinandergreifenden Krisen, deren Effekte sich gegenseitig noch verstärken: Der brutale russische Überfall auf die Ukraine und die nicht enden wollende Corona-Pandemie; gestörte Lieferketten und Materialengpässe; Inflation und die Unsicherheit, wie es mit der Energieversorgung weitergeht.

In dieser wirtschaftlich schwierigen Lage muss unser Land gleichzeitig noch große Transformationsleistungen vollbringen. Denn nicht weniger als Energiewende, Klimaschutz, Mobilitätswende, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die Versorgung einer immer älter werdenden Bevölkerung stehen auf der Agenda.

Damit all das gelingen kann, braucht es in Deutschland ausreichend qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker, die diese vielen und wichtigen Vorhaben umsetzen. Es braucht Menschen, die Solarpaneele einbauen und Ladesäulen für E-Autos installieren; Menschen, die die ältere Bevölkerung mit Brillen, Hörgeräten, Prothesen, orthopädischen Schuheinlagen und Zahnersatz versorgen, und Bäder altersgerecht umbauen. Millionen Handwerkerinnen undHandwerker sind aktive Zukunftsgestalter und berufliche Klimaschützer, wenn sie Windparks bauen, Heizungen austauschen und Häuser energieeffizient sanieren und bauen.

Kurzum: Deutschlands Zukunftspläne können nur mit dem Handwerk gelingen, denn was die Politik auf dem Papier beschließt, setzen qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker in die Realität um.

Allerdings fehlen allein im Handwerk mit seinen 130 Berufen bereits jetzt über 250.000 Fachkräfte, Tendenz steigend. Und in den nächsten fünf Jahren suchen rund 125.000 Handwerksbetriebe nach einer Nachfolge. Es wird über die Zukunft unseres Landes entscheiden, ob es uns gelingt, diese Lücken zu schließen! 

Wir werden diese Lücken nur schließen können, wenn Politik und Handwerk an einem Strang ziehen. Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass wieder mehr junge Menschen den Weg in eine Ausbildung im Handwerk finden. Das allerdings wird nur passieren, wenn ein gesellschaftliches und politisches Umdenken stattfindet. Ja, wir brauchen nicht nur eine Klimawende und nicht nur eine Energiewende. Sondern wir brauchen auch eine Bildungswende!

Bildungswende bedeutet: Wir müssen weg von der Vorstellung, dass nur ein Studium beruflichen und persönlichen Erfolg bringen kann, und hin zu mehr Anerkennung und Wertschätzung der beruflichen Bildung.

Hierbei kommt es vor allem auf vier Punkte an:

Erstens: Die Über-Akademisierung ist ein Irrweg. Denn für eine erfolgreiche Transformation in Deutschland brauchen wir alle Talente und Qualifikationen. Wir brauchen den Wissenschaftler, der den CO-2-Ausstoß berechnet – wir brauchen aber genauso die Handwerkerin, die die Solarpaneele installiert. Berufliche und akademische Bildung sind gleichermaßen wichtig, und müssen deshalb endlich auch gleichwertig behandelt werden!

Zweitens: Diese Gleichwertigkeit muss gesetzlich verankert werden. Sie muss sich in mehr ideeller und materieller Wertschätzung für die berufliche Bildung äußern. Erst dann sind akademische und berufliche Bildung wirklich gleichwertig!

Drittens: Ausbildungsbetriebe müssen spürbar entlastet und die Berufsbildungsstätten weiter gestärkt werden. Daneben brauchen wir mehr attraktive Angebote für Auszubildende, etwa beim Azubi-Wohnen oder bei Azubi-Tickets.

Viertens: Wir brauchen eine bundesweite Studien- und Berufsorientierung, die gleichermaßen und ergebnisoffen über beide Bildungspfade informiert, und zwar flächendeckend an allen allgemeinbildenden Schulen, auch an Gymnasien.

Das Handwerk ist gerne Partner und Unterstützer der großen und wichtigen politischen Vorhaben. Wir möchten uns mit ganzer Kraft einbringen, um zu einer gelingenden Transformation beizutragen. Aber klar ist: Dafür brauchen wir mehr Menschen, die mit anpacken. Deswegen brauchen wir eine Bildungswende als Voraussetzung für alle weiteren "Wenden". Wenn die Politik diese Bildungswende nach Kräften unterstützt, haben wir gute Chancen, unser Land für die Zukunft gut aufzustellen.

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