Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Musterbeispiel ... für Digitalisierung und agilen Führungsstil

Morgens um Sieben ist „Anpfiff“ bei Neumeyer & Feller. Allerdings nicht, um zu kickern, sondern um zu besprechen, was anliegt, oder ob jemand was auf dem Herzen hat.
Zwei Männer, angelehnt auf einer halbhohen grünen Wand.

Die Schreinerei Neumayer & Feller in Ettlingen ist ein Musterbeispiel für Digitalisierung und agilen Führungsstil. Im Bild: Die beiden Geschäftsführer Fabian Rendes, 30 (links), und Peter Feller, 58.

Agile Strukturen


Ein Hingucker im Showroom der Betriebes: ein Tischkicker aus Holz, ebenfalls veredelt mit dem weißen, fein geschliffenen und hochpolierten Material, das Neumayer & Feller als eines von nur wenigen Unternehmen im Großraum Karlsruhe anbietet. „Der Kicker ist allerdings unverkäuflich“, erklärt Fabian Rendes, „er wird in jeder Pause von uns genutzt.“ Tischfußball als Zeichen eines Wir-Gefühls? „Ja, wir sehen uns als ein Team, in dem alle auf einer Stufe stehen. Wir diskutieren gemeinsam und suchen auch gemeinsam nach Lösungen. Mit starren Hierarchien kommt man heute auch im Handwerk nicht mehr weit. Das gemeinsame Kickern gehört einfach dazu.“

Eigentlich ein Abfallprodukt aus der Aluminiumproduktion – bei Neumayer & Feller in Ettlingen wird es zum exklusiven Möbelelement für Küchen, Badezimmer oder Wohnlandschaften. Die Rede ist von Corian®. Ein schneeweißer, superglatter Werkstoff, auf dessen Verarbeitung sich die Schreinerei bereits vor 30 Jahren spezialisiert hat. Der große Vorteil des ziemlich angesagten marmorähnlichen Acrylsteins: Im Gegensatz zu Keramik können Macken auf Corian fugenlos ausgebessert werden, so, als seien sie nie dagewesen. „Corian ist unser absoluter Verkaufsschlager“, erklärt Geschäftsführer Fabian Rendes, der das Unternehmen gemeinsam mit Schreinermeister Peter Feller leitet. Neben Waschtischen, Bad- und Küchenmöbeln und Arbeitsplatten fertigt die Schreinerei TV-Konsolen und andere Möbelstücke mit und ohne Corian-Elementen und liefert den kompletten Innenausbau – von klassisch-zeitlos bis ultramodern.
 

Endlich papierlos


Nicht nur Möbel und Führungsstil sind modern, auch in Sachen Digitalisierung sind die beiden Firmeninhaber innovativ unterwegs. „Durch eine mobile digitale Zeiterfassung haben wir uns erstmal vom Zettelchaos befreit. Am Ende des Jahres stimmten oft die Zeiten nicht. Jetzt haben wir mehr Klarheit und Transparenz in beide Richtungen und sind in der Lage, Arbeitszeiten und Überstunden minutengenau abzurechnen und auch Urlaubszeiten digital zu verwalten“, erklärt Schreinermeister Fabian Rendes. Aktenordner sucht man in den Büros der Schreinerei vergebens. „Wir haben eine eigene Vorgangsverwaltung mit einer festen Ordnungsstruktur etabliert. Damit haben wir einen durchgängigen digitalen Workflow und haben alle relevanten Kundendaten – von der Anfrage über das Angebot bis zur Rechnungstellung – immer digital zur Verfügung. Sämtliche Daten – auch die aus der mobilen Zeiterfassung – sind mit der Buchhaltung und der Lohnabrechnung gekoppelt. Das garantiert uns zuverlässige Daten ohne Medienbrüche. Gerade auch Projektmaße sind so schnell zugänglich und müssen nicht umständlich in Ordnern gesucht werden.“ Abgeschlossene Projekte werden unter anderem per Instant-Messengerdienst in einer eigens dafür eingerichteten Firmengruppe verwaltet. So kommen beispielsweise Fotos der fertigen Projekte direkt in die Vorgangsverwaltung.
 

„Effizienz-Oscar“


Für maximale Effizienz setzt man in Ettlingen auch in der Produktion auf Teilautomatisierung. Eine neue computergesteuerte Zuschnittanlage ist die bislang größte Investition des Unternehmens. „Schwere Arbeiten übernehmen zunehmend Maschinen“, betont Fabian Rendes. „Wir nehmen die Gesundheit unserer Mitarbeiter ernst und investieren gerne in das Thema Arbeitsschutz.“ Diese Maßnahme war auch Bestandteil für die Bewerbung um den „Effizienz-Oscar“, mit dem das Unternehmen vom Landesfachverband Schreinerhandwerk Baden-Württemberg für „signifikante Rationalisierungsmaßnahmen zur Steigerung der betrieblichen Effizienz“ ausgezeichnet wurde.

Als Fabian Rendes am 1. Januar 2020 als zweiter Geschäftsführer in das Unternehmen einstieg, war nicht abzusehen, dass drei Monate später wegen Covid-19 erst mal für zwei Wochen keine neuen Anfragen oder Aufträge reinkamen und danach acht Wochen Kurzarbeit angesagt war. „Wir haben zum Glück keine Bestandskunden verloren und hatten noch ausreichend Aufträge, die wir gestreckt haben. Trotzdem war es ein Schock und hat uns alle ziemlich mitgenommen.“
 

„Netzwerk ist das A und O“


In sozialen Netzwerken aktiv zu sein, ist für die beiden Unternehmer nicht erst seit der Krise längst schon keine Kür mehr, sondern Pflicht. Ebenso wie ein guter Webauftritt und ein Online-Möbelplaner. „Die meisten Menschen sitzen doch abends auf dem Sofa und viele planen dann Einrichtungen“, sagt Rendes. „Da müssen wir etwas anbieten, um für unsere Kunden attraktiv zu bleiben.“ Auch der branchenübergreifende Austausch ist ihm wichtig. „Kunden kommen schon lange nicht mehr nur über Mund-zu-Mund-Propaganda. Und wenn, dann gehen sie trotzdem noch den Weg übers Netz, um sich zu informieren. Da muss man dann schon mit einem überzeugenden und immer aktuellen Auftritt präsent sein.“

Einmal in der Woche hören sich Peter Feller und Fabian Rendes in einem Unternehmernetzwerk um, was gerade im Trend liegt, und tauschen sich aus. Im Netzwerk sind Anwälte, Ärzte sowie Leute anderer Handwerksbranchen. „Ein gutes Netzwerk ist das A und O“, davon sind die beiden Unternehmer überzeugt.

Junger Schreiner poliert eine Platte.

Optimierte Prozesse sind bei Neumeier & Feller keine Kür, sondern Pflicht.

Diese Story von Ariane Lindemann erschien zuerst im Magazin REPORT 2020/2021 der Handwerkskammer Karlsruhe.
 

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