Umsatzsteuer – Verjährung in Bauträgerfällen
In dem Urteilsfall hatte eine Bauleistende Rohbauarbeiten für einen Bauträger erbracht, die unter Anwendung des § 13b UStG ohne Umsatzsteuer abgerechnet worden waren. Der Bauträger als Steuerschuldner führte die Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 22.8.2013, V R 37/10 forderte er die gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt mit der Begründung zurück, dass er nicht Bauleistender im Sinne des § 13b UStG und deshalb nicht Steuerschuldner sei. Das Finanzamt zog nunmehr die Bauleistende als Steuerschuldnerin der Umsatzsteuer heran, obwohl bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. Die Bauleistende stellte daraufhin geänderte, um die Umsatzsteuer erhöhte Rechnungen an den Bauträger und trat die Restwerklohnforderung in Höhe der Umsatzsteuer an das Land Baden-Württemberg ab. Das Finanzamt machte diese Forderung gegenüber dem Bauträger geltend. Dieser zahlte den geforderten Betrag an das Finanzamt "unter Vorbehalt der Rückforderung und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz".
Die Klage des Landes Baden-Württemberg gegen den Bauträger richtet sich auf vorbehaltlose Zahlung der Umsatzsteuer.
Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 14.10.2021 - VII ZR 242/20 zugunsten des Landes. Restwerklohnanspruch der Bauunternehmerin gegen den Bauträger ergebe sich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung. Der Bauträger und die Bauunternehmerin hätten bei Vertragsschluss einen um den Umsatzsteuerbetrag erhöhten Werklohn vereinbart, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, dass tatsächlich die Bauunternehmerin die Umsatzsteuer schulde und für sie aufgrund später gestellter Erstattungsanträge des Bauträgers die Gefahr bestehe, die Umsatzsteuer abführen zu müssen. Die ergänzende Vertragsauslegung sei auch anzuwenden, wenn das Finanzamt – ungeachtet der eingetretenen Festsetzungsverjährung – die Bauleistende irrtümlich als Steuerschuldnerin heranziehe. Der Umstand, dass die Bauunternehmerin sich gegebenenfalls gegen ihre steuerliche Inanspruchnahme hätte wehren können, hindere die Annahme einer regelungsbedürftigen Vertragslücke nicht. Darüber hinaus sei es nicht als treuwidrig zu bewerten, wenn sie nicht daran mitwirke, dem Bauträger einen nach materiellem Recht unberechtigten Vorteil zu Lasten der Staatskasse zu sichern.
Auch sei ein schutzwürdiges Interesse des Bauträgers an einem umsatzsteuerrechtlich unbelasteten Leistungsbezug unter Berücksichtigung der Gesamtinteressenlage der Vertragsparteien nicht erkennbar.