Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Deutschen Handwerks
30.11.2023

"Der Data Act – Chancen und mögliche Hürden für das Handwerk"

EP und Rat haben sich im Trilog zum Data Act geeinigt. Was dies konkret für die Betriebe bedeutet, diskutiert Schattenberichterstatter Damian Boeselager (Volt) mit Tim Krögel, Leiter der ZDH-Vertretung bei der EU.
Schattenberichterstatter Damian Boeselager (Volt) steht neben Tim Krögel (ZDH)

Herr Boeselager, wie blicken Sie im Nachhinein auf die Verhandlungen zum Data Act. Können Daten zukünftig an Handwerksbetriebe weitergeleitet werden?

Die kurze Antwort lautet ja. Das Gesetz stellt den Eigentümer von vernetzten Geräten ganz klar ins Zentrum der Entscheidung, wem welche Daten aus einem Produkt zur Verfügung gestellt werden. Wenn die Eigentümerin einer Maschine das will, dann können künftig Daten, die aus dieser Maschine ausgelesen werden an Dritte, und damit auch an Handwerksbetriebe, weitergegeben werden. Der Hersteller hat hier keine Vetomacht mehr. Das ist ein sehr wichtiger Schritt aus unserer Sicht. Handwerkerinnen und Handwerker können nun direkt zu ihren Kunden gehen und von diesen Daten erhalten, um Reparatur- oder Wartungsarbeiten durchzuführen.

Wichtig ist dabei zu wissen, dass der Data Act hauptsächlich Neuheiten für den Umgang mit nicht-personenbezogenen Daten bringt. Dies ist ein Bereich, in dem es vorher überhaupt keine Regelungen gab, um die Rechte an diesen Daten klar zuzuordnen. Hier geht es um Industriedaten, meist maschinengeneriert, die nicht eine einzelne Person identifizierbar machen. Vor allem in der Industrie und in der zivilen Infrastruktur reden wir hier über riesige, teils sehr wertvolle Datensätze.

Aber um es klar zu sagen, der Data Act steht neben der DSGVO, er ändert sie nicht. Data Act und DSGVO zusammen decken damit den gesamten Anwendungsbereich von Daten ab, personenbezogene und nicht-personenbezogene. Als Anwender weiß ich nun, in welchem Gesetz ich welche Regeln für beide Datenarten finde. Das schafft deutlich mehr Klarheit für alle aus meiner Sicht.

Die Dateninhaber sollen auch in Zukunft nicht uneingeschränkt Daten zugänglich machen müssen. Geschützt werden sie insbesondere durch die Bestimmungen zu Konkurrenzprodukten sowie den Schutz geistigen Eigentums und von Geschäftsgeheimnissen. Wie können Handwerksbetriebe damit umgehen?

Der Gesetzgeber muss die Interessen der verschiedenen Akteure miteinbeziehen. Während der Verhandlungen war dies hier regelrecht eine Lobbyschlacht, wie zumindest ich sie noch nicht erlebt habe. Der Druck der Herstellerlobby war während der Verhandlung sehr hoch. Sie war deutlich besser organisiert als die natürlich zahlenmäßig viel größere Gruppe der Eigentümer von vernetzten Produkten. Hersteller haben sich bereits gegen die neue Vertragsstruktur gewehrt, wonach künftig eine vertragliche Grundlage in Form eines separaten Dienstleistungsvertrag mit dem Kunden abzuschließen ist, um die Daten für nachgelagerte Dienstleistungen nutzen zu dürfen. Wichtig war mir vor allem, dass man keinen Anwalt braucht, um zu wissen, welche Daten man teilen darf. Die Grenze ist da zu ziehen, wo Daten an Wettbewerber weitergegeben werden. Bei Geschäftsgeheimnissen ist es schwieriger, weil das Unternehmen sie grundsätzlich selbst bestimmen kann. Das birgt Missbrauchsgefahr und es gab eine lange Diskussion dazu, wie man das Thema im Data Act lösen kann. Nun soll es einen Datenkoordinator geben, der darüber entscheidet, ob die Daten fließen müssen. Ich meine, das ist eine faire Lösung. Ob sich das in der Praxis nachteilig für Handwerksbetriebe auswirken wird, muss sich noch zeigen.

Welche Möglichkeiten haben die Betriebe jetzt mit dem Data Act? Oder anders gefragt: Wie kann man die Handwerksbetriebe auf die Zeit nach der Umsetzung vorbereiten?

In erster Linie wird es darum gehen, das Recht bekannt zu machen. Die Verträge müssen so einfach wie möglich gestaltet werden. Standardverträge können dafür eine Lösung bieten. Der Data Act bietet aber auch ein immenses Innovationspotenzial. Es wird sicherlich kleine Betriebe geben, die nur Daten auslesen möchten. Aber der Data Act bietet auch Chancen, Daten zur Entwicklung eigener neuer Dienstleistungen zu verwenden. Die Grenze ist dabei das Wettbewerbsverbot auf die Entwicklung konkurrierender Produkte, wobei es eine Frage der Auslegung und Definition sein wird, was genau unter konkurrierenden Produkten zu verstehen ist.  Dienstleistungen, die auf der Grundlage der Daten entwickelt werden können, sind davon nicht erfasst. Für den Sekundärmarkt ergeben sich eine Vielzahl von Möglichkeiten, da Handwerksbetriebe über standardisierte Schnittstellen in Echtzeit einen direkten Zugang zum Kunden haben können. Natürlich bleiben die Hersteller weiterhin im Startvorteil. Aber einfache Leitlinien für Handwerksbetriebe könnten beim Aufbau von Serviceleistungen helfen. Mittels einer Handwerker-App beispielsweise könnte der Verbraucher zum Beispiel einen besseren Service bekommen und Energiekosten sparen. Das wäre aus meiner Sicht eine super Sache.

ZDH-Pressemitteilung

Data Act sorgt für mehr Wettbewerb in der Datenökonomie

Am 09. November hat das Europäische Parlament den Data Act formell angenommen. Die Verordnung zum EU-Datengesetz ist somit beschlossen und soll ab 2025 in Kraft treten.

Dazu erklärt ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke

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