Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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01.09.2022

Messen müssen sich neu erfinden

Nach zwei Jahren Corona-Pandemie ist es Zeit für eine kritische Bilanz des Jahrhunderte alten Erfolgsmodells Messe.
Menschenmenge auf einer Messe.

Sogenannte Satelliten von deutschen Leitmessen im internationalen Ausland hatten jahrzehntelang guten Zulauf wie auch Erfolg. Die Pandemie hat das Geschäftsmodell Messe abrupt unterbrochen und die Branchen gelehrt, Messen nicht mehr so wichtig zu nehmen. Der Versuch der Messeveranstalter, in der zweijährigen Zwangspause in digitale oder hybride Formate auszuweichen, hat nicht zur Entwicklung einer funktionierenden Strategie geführt. Die ehemalige Messemanagerin Katharina Hamma war über 20 Jahre als Executive Director bei Messe München GmbH und Geschäftsführerin der Koelnmesse tätig. Sie zieht eine kritische Bilanz und äußert ihre Einschätzung zur Zukunft des Geschäftsmodells Messe.

Digitale oder hybride Formate sind eine Sackgasse

Hybride Varianten waren und sind oft nicht mehr als die simple Abbildung von Messeständen in Echtzeit im Internet oder eine Informationsüberfrachtung mit Produktvorstellungen einzelner großer Aussteller. Gut gemachte Weltleitmessen waren traditionell jedoch nicht nur ein Ort der geschäftlichen Begegnung, sondern vermittelten allen Teilnehmern ein emotionales Zugehörigkeitsgefühl zur jeweiligen Branche. Dieses kann nun nicht einfach in ein hybrides oder digitales Format übertragen werden.

Messen im globalen Gerangel

Internationale Veranstaltungsteilnehmer reisen in der Regel mit dem Flugzeug an. Die Prognose für die internationale Messewirtschaft lässt sich daher an die Entwicklung des Passagierflugverkehrs koppeln. Die Geschäftsprognosen der Airlines sind denkbar schlecht. Solange der Flugverkehr nicht zu seiner „Normalität“ zurückfindet, solange werden Teilnehmerzahlen von internationalen Leitmessen aus der Vor-Corona-Zeit nicht möglich sein. Und die aktuelle Energiepreisentwicklung wird ihren Teil dazu beitragen.

Messen werden regionaler

Bereits vor der Corona-Pandemie hielt so manch kostenintensiver Vertrieb über den gesamten Globus hinweg keiner Kosten-Nutzen-Analyse stand. Mittlerweile geht der Trend zu Veranstaltungen mit regionaler Ausrichtung, deren Kosten wesentlich niedriger sind.

Messen werden fokussierter und kuratierter

Aus Sicht von Katharina Hamma werden Messen zukünftig nicht mehr Fachmessen großer Themenkomplexe sein, sondern Nischenangebote abbilden. Sie werden spezifischer und fokussierter sein, da die Vorselektion von Herstellern, Händlern und Dienstleitern im breiten digitalen Angebot weiter zunehmen wird. Es werden sich mehr und mehr Veranstalter herausbilden, die kein Gelände haben, aber in ihrer Nische Experten sind. Und es werden Angebote geschaffen, die kreativ, flexibel und innovativ sind.

Messen müssen von Grund auf neu gedacht werden

Menschen haben ein großes Bedürfnis nach Live-Kommunikation, persönlichem Austausch, Erleben, nach menschlichem Austausch und Zwischentönen. Darum wird das Jahrhunderte alte Format Messe als Marktplatz auch durch die Umbrüche der Corona-Pandemie nicht verschwinden. Die Bezeichnung Messe jedoch wird in der Zukunft für verschiedene Formate mit veränderten Inhalten stehen. Messen müssen daher von Grund auf neu gedacht werden.

Quelle: www.focus.de vom 7. Juli 2022

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