Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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01.06.2023

BVerwG erklärt kommunale Verpackungsteuer für rechtmäßig

Die kommunale Verpackungsteuer der Stadt Tübingen ist im Wesentlichen rechtmäßig. Das hat das BVerwaltG am 24.05.2023 entschieden (BVerwG 9CN 1.22).

Die kommunale Verpackungsteuer der Stadt Tübingen ist im Wesentlichen rechtmäßig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 24. Mai 2023 entschieden (BVerwG 9CN 1.22).

Die Stadt Tübingen erhebt seit Januar 2022 eine materialunabhängige Steuer auf Einwegverpackungen. Damit sollen Einnahmen für den städtischen Haushalt erzielt, die Verunreinigung des Stadtbilds durch im öffentlichen Raum entsorgte Verpackungen verringert und ein Anreiz zur Verwendung von Mehrwegsystemen gesetzt werden. Besteuert werden Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck, "sofern Speisen und Getränke darin bzw. damit für den unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle oder als mitnehmbares take-away-Gericht oder -Getränk verkauft werden". Die Steuer beträgt für jede Einwegverpackung 0,50 Euro, für jedes Einwegbesteck(-set) 0,20 Euro. Der Steuersatz pro Einzelmahlzeit ist auf maximal 1,50 Euro begrenzt.

Die Antragstellerin, Inhaberin eines Schnellrestaurants im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, hatte gegen die Satzung zunächst einen Normenkontrollantrag vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg gestellt und damit Erfolg gehabt. Der VGH hatte die Satzung insgesamt für unwirksam erklärt und dies damit begründet, dass es an der Örtlichkeit der Steuer mangele, sie nicht vereinbar mit dem Bundesabfallrecht ist und das die Obergrenze der Besteuerung nicht vollzugstauglich sei.

Auf die Revision der Antragsgegnerin hat das Bundesverwaltungsgericht die kommunale Steuer hingegen für überwiegend rechtmäßig erklärt. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz handelt es sich bei der Verpackungssteuer um eine örtliche Verbrauchsteuer im Sinn des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, für deren Einführung die Stadt Tübingen zuständig war. Bei den zum unmittelbaren Verzehr, sei es an Ort und Stelle oder als "take-away", verkauften Speisen und Getränken ist der Steuertatbestand so begrenzt, dass ihr Konsum – und damit der Verbrauch der zugehörigen Verpackungen – bei typisierender Betrachtung innerhalb des Gemeindegebiets stattfindet. Damit ist der örtliche Charakter der Steuer hinreichend gewahrt.

Die kommunale Verpackungssteuer steht als Lenkungssteuer auch nicht im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Sie bezweckt die Vermeidung von Verpackungsabfall im Stadtgebiet und verfolgt damit auf lokaler Ebene kein gegenläufiges, sondern dasselbe Ziel wie der Unions- und der Bundesgesetzgeber. Die Abfallvermeidung steht in der Abfallhierarchie an oberster Stelle, wie sich aus der EU-Verpackungsrichtlinie, der EU-Einwegkunststoffrichtlinie, dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und dem Verpackungsgesetz ergibt; erst danach folgen Wiederverwendung, Verwertung und Beseitigung des Abfalls. Kommunale Steuern, die Einwegverpackungen verteuern, werden durch die verschiedenen unions- und bundesrechtlichen Vorgaben zum Abfallrecht nicht ausgeschlossen. Soweit das Bundesverfassungsgericht vor 25 Jahren seine gegenteilige Ansicht zur damaligen Kasseler Verpackungsteuer auf ein abfallrechtliches "Kooperationsprinzip" gestützt hat (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 BvR 1991/95 u.a. - BVerfGE 98, 106 <117 ff.>), lässt sich ein solches dem heutigen Abfallrecht nur noch in - hier nicht maßgeblichen - Ansätzen entnehmen.

Zwar erweisen sich die zu unbestimmte Obergrenze der Besteuerung von 1,50 Euro pro "Einzelmahlzeit" (§ 4 Abs. 2 der Satzung) und das der Stadtverwaltung ohne zeitliche Begrenzung gewährte Betretungsrecht im Rahmen der Steueraufsicht (§ 8 der Satzung) als rechtswidrig. Diese punktuellen Verstöße lassen jedoch die Rechtmäßigkeit der Satzung im Übrigen unberührt.

Diese Entscheidung kann insbesondere auch für entsprechende Take-away Angebote des Lebensmittelhandwerks von Bedeutung sein.