Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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08.02.2023

BFH hält den Solidaritätszuschlag noch für verfassungsgemäß

Das Verfahren des BFH um die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlages hat ergeben, dass der Solidaritätszuschlag verfassungsgemäß ist.

In dem Verfahren um die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlages ist der IX. Senat des Bundesfinanz­hofes (BFH) zu der Überzeugung gelangt, dass die Regelungen zum Solidaritätszuschlag in den Jahren 2020 und 2021 noch verfassungsgemäß sind. Insoweit hat er die vorliegende Klage abgewiesen. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht war daher nicht geboten.

Im streitgegenständlichen Fall wendeten sich die Kläger gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021. Das Finanzamt hatte für das Jahr 2020 einen Bescheid über 2.078 € und für das Jahr 2021 einen Vorauszahlungsbescheid über insgesamt 57 € Solidaritätszuschlag erlassen.

Vor dem Finanzgericht hatte das klagende Ehepaar keinen Erfolg. Mit ihrer beim BFH eingelegten Revision brachten sie vor, die Festsetzung des Solidaritätszuschlags verstoße gegen das Grundgesetz. Sie beriefen sich auf das Auslaufen des Solidarpakts II und damit der Aufbauhilfen für die neuen Bundesländer im Jahr 2019 sowie die damit zusammenhängende Neuregelung des Länderfinanzausgleichs.

Der Solidaritätszuschlag dürfe als Ergänzungsabgabe nur zur Abdeckung von Bedarfsspitzen erhoben werden. Sein Ausnahmecharakter verbiete eine dauerhafte Erhebung. Auch neue Zusatzlasten, die etwa mit der Coronapandemie oder dem Ukraine-Krieg einhergingen, könnten den Solidaritätszuschlag nicht rechtfertigen. Die Erhebung verletze sie zudem in ihren Grundrechten. Bei dem Solidaritätszuschlag handele es sich seit der im Jahr 2021 in Kraft getretenen Gesetzesänderung um eine verkappte "Reichensteuer", die gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz verstoße.

Der BFH ist diesem Vortrag der Kläger jedoch nicht gefolgt. Beim Solidaritätszuschlag handelte es sich in Jahren 2020 und 2021 aus Sicht des BFH um eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe. Eine Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht ist daher nicht geboten.

Der BFH betont in seinen Ausführungen, dass dem Bund für den Solidaritätszuschlag als verfassungsrechtlich verankerte Ergänzungsabgabe nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 Grundgesetz (GG) die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz gemäß Artikel 105 Abs. 2 Satz 2 GG zusteht. Ergänzungs­abgaben besitzen von Verfassungswegen gewisse Einschränkungen, die jedoch vorliegend nach Ansicht des BFH nicht überschritten sind. So ist insbesondere verfassungsrechtlich nicht geboten, dass eine derartige Ergänzungsabgabe von vornherein befristet sein muss oder lediglich für einen kurzen Zeitpunkt zu erheben ist. Das Gericht betont im Übrigen, dass auch weiterhin wiedervereinigungsbedingte Sonder­lasten zu finanzieren sind und damit eine weitere Erhebung des Solidaritätszuschlages gerechtfertigt ist. Damit wendet sich das Gericht gegen die Vorträge der Kläger, dass nach Auslaufen des Solidarpakts II im Jahre 2019 der Solidaritätszuschlag hätte auslaufen müssen. Zudem wird nach den Ausführungen des BFH mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10.12.2019 (BGBl. I 2019, S. 2115) deutlich, dass der Gesetzgeber den Soli nicht dauerhaft, sondern nur für eine Übergangszeit - die für den BFH jedenfalls 26 bzw. 27 Jahre nach dessen Einführung noch nicht abgelaufen sei - , erheben will. 

Auch einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) können die Richter nicht erkennen. Ab dem Jahr 2021 werden aufgrund der erhöhten Freigrenzen nur noch die Bezieher höherer Einkommen mit Solidaritätszuschlag belastet. Die darin liegende Ungleichbehandlung ist allerdings nach Auffassung des BFH gerechtfertigt. Denn bei Steuern, die wie die Einkommensteuer und damit auch der Solidaritätszuschlag an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, sei die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zulässig. Daher könne auch der Gesetzgeber beim Solidaritätszuschlag, der im wirtschaftlichen Ergebnis eine Erhöhung der Einkommensteuer darstellt, sozialen Gesichtspunkten Rechnung tragen und diesen auf Steuerpflichtige mit hohen Einkünften beschränken. Vor diesem Hintergrund sei die ab 2021 bestehende Staffelung des Solidaritätszuschlags mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes gerechtfertigt.