Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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19.12.2022

Europäisches Meldesystem für grenzüberschreitende Umsätze

Die EU-Kommission hat Vorschläge für ein Meldesystem für grenzüberschreitende Umsätze vorgelegt.

Die EU-Kommission will die umsatzsteuerlichen Meldepflichten bei grenzüberschreitenden Umsätzen innerhalb der EU modernisieren und den Umsatzsteuerbetrug mittels digitaler Meldeverfahren bekämpfen. Am 8.12.2022 hat die EU-Kommission hierzu einen Richtlinienvorschlag veröffentlicht. Dieser ist auf der Internet-Seite der EU-Kommission in englischer Sprache unter folgendem Link abrufbar.

Der Richtlinienvorschlag umfasst drei Bereiche:

  1. Einführung eines digitalen Meldesystems
  2. Anpassung der Umsatzsteuerregeln für die Plattform-Wirtschaft
  3. Ausweitung von One-Stop-Shop und Reverse-Charge-Verfahren

Der Richtlinienvorschlag sieht folgende Eckpunkte vor:

1.   Digitales Meldesystem für innergemeinschaftliche Umsätze

  • Ab 2028 sollen Rechnungen an andere Unternehmer für grenzüberschreitende Umsätze innerhalb der EU nur noch in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt werden, das ihre automatische und elektronische Verarbeitung ermöglicht (sog. elektronische Rechnung, Art. 218-Entwurf MwStSystRL).
  • Die Frist für die Ausstellung von Rechnungen für innergemeinschaftliche Lieferungen und für Leistungen mit Steuerschuldübergang auf den Leistungsempfänger beträgt zwei Tage nach Leistungsdatum (Art. 222-Entwurf MwStSystRL).
  • Die Rechnungsinformationen sind für jeden einzelnen Umsatz an die Finanzverwaltung zu übermitteln, sowohl vom leistenden Unternehmer als auch vom leistungsempfangenden Unternehmer (Art. 263, 264 und 268-Entwurf MwStSystRL).
  • Die Frist für die Übermittlung der Daten an die Finanzverwaltung beträgt zwei Arbeitstage nach Ausstellung der Rechnung oder nach dem Datum, an dem die Rechnung hätte ausgestellt werden müssen (Art. 263-Entwurf MwStSystRL).
  • Die Übermittlung der Daten erfolgt ausschließlich auf elektronischem Weg (Art. 263-Entwurf MwStSystRL). Dafür kann immer das vorgegebene EU-Standardverfahren EN 16931
    (Europäische Norm für die elektronische Rechnungsstellung und die Liste ihrer Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates) genutzt werden (Art. 218-Entwurf MwStSystRL).
  • Die Mitgliedstaaten stellen die Mittel für diese Übermittlung zur Verfügung (Art. 263-Entwurf MwStSystRL).
  • Die Rechnungsinformationen können vom Steuerpflichtigen selbst oder von einem Dritten in seinem Namen übermittelt werden (Art. 263-Entwurf MwStSystRL).
  • Es müssen alle Pflichtangaben einer Rechnung gemäß Art. 226-Entwurf MwStSystRL gemeldet werden.
  • Die Rechnungspflichtangaben werden erweitert um das Bankkonto, auf dem die Zahlung für die Rechnung gutgeschrieben werden soll, das vereinbarte Datum und den Betrag jeder Zahlung und im Falle einer Rechnungsänderung die ursprüngliche Rechnungsnummer (Art. 226-Entwurf MwStSystRL).
  • Die Übermittlung der elektronischen Rechnung an den Empfänger darf nicht von einer vorherigen Prüfung und Zustimmung durch die Finanzbehörden abhängig gemacht werden (Art. 218-Entwurf MwStSystRL). Mitgliedstaaten, die bereits ein solches Clearing-System auf nationaler Ebene eingeführt haben (z. B. Italien), dürfen dieses nur noch bis zum 31.12.2027 anwenden.
  • Die Übermittlung elektronischer Rechnungen zwischen Unternehmen soll künftig nicht mehr von der Zustimmung des Leistungsempfängers abhängig sein (Streichung Art. 232 MwStSystRL).
  • Die EU-Mitgliedstaaten dürfen für inländische Umsätze ebenfalls Meldesysteme nach den vorgenannten Regeln einführen, sowohl für Umsätze zwischen Unternehmen als auch für Umsätze an Privatkunden (Art. 271a und 271b-Entwurf MwStSystRL). Hier dürfen auch andere Rechnungsformate (Papierrechnung, pdf-Datei als E-Mailanhang) erlaubt werden (Art. 218-Entwurf MwStSystRL).

Das Bundesfinanzministerium hat angekündigt, sich für das laut Koalitionsvertrag geplante Meldesystem für innerdeutsche Umsätze zwischen Unternehmern an den EU-Vorgaben zu orientieren. Mit der Umsetzung soll nach derzeitiger Planung erst begonnen werden, wenn der Rat dem Richtlinienentwurf der EU-Kommission zugestimmt hat, um spätere Änderungen zu vermeiden. Der ZDH setzt sich auf fachlicher und politischer Ebene insbesondere dafür ein, dass bei der Ausgestaltung des Meldesystems die besonderen Belange von kleinen und mittleren Betrieben berücksichtigt werden (s. ZDH-Positionspapier, Anlage).

2.   Umsatzsteuerregeln für die Plattform-Wirtschaft

  • Die bisherige Regelung des Art. 14a MwStSystRL, wonach der Betreiber einer Verkaufsplattform so behandelt wird, als ob er die Waren selbst erhalten und geliefert hat, wird auf alle Lieferungen innerhalb der EU ausgedehnt, unabhängig davon, wo der Verkäufer seinen Sitz hat und unabhängig vom Status des Kunden.
  • Die Regelungen werden aus Wettbewerbsgründen ausgedehnt auf Umsätze im Bereich der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften und der Personenbeförderung (Art. 28a-Entwurf MwStSystRL).

3. Ausweitung von One-Stop-Shop und Reverse-Charge-Verfahren

  • Die Fernverkaufsregelung und die Anwendung des One-Stop-Shop (OSS) wird ausgedehnt auf Gebrauchtgegenstände (z. B. Gebrauchtfahrzeuge), Kunstgegenstände, Sammlerstücke und Antiquitäten (Art. 14 Abs. 4 Nr. 1a-Entwurf MwStSystRL).
  • Die Konsignationslagerregelung wird abgeschafft (bisheriger Art. 17a MwStSystRL).
  • Inlandslieferungen von Gegenständen durch im EU-Ausland ansässige Unternehmer, die im Liefermitgliedstaat nicht für Umsatzsteuerzwecke registriert sind, an im Liefermitgliedstaat ansässige und registrierte Unternehmer unterliegen künftig immer dem Reverse-Charge-Verfahren (Steuerschuld des Leistungsempfängers, Art. 194-Entwurf MwStSystRL). Davon ausgenommen sind Gegenstände, die der Margenbesteuerung unterliegen. Die Umsätze müssen in der Zusammenfassenden Meldung gemeldet werden. Hinweis: Unter diese Neuregelung fallen vermutlich auch die ortsgebundenen Werklieferungen.
  • Der OSS wird auf alle Drittlandsunternehmen ausgedehnt, die Dienstleistungen an Nicht-Unternehmer in der EU erbringen (Art. 359-Entwurf MwStSystRL).
  • Lieferungen mit Installation oder Montage vor Ort (Art. 36 MwStSystRL) in einem anderen Mitgliedstaat können künftig über den OSS gemeldet werden, wenn die Lieferung an einen Nichtunternehmer erfolgt (Art. 369b-Entwurf MwStSystRL).
  • Im OSS-Verfahren ist auch weiterhin kein Vorsteuerabzug möglich (Art. 369j-Entwurf MwStSystRL).

Der Richtlinienentwurf sieht ein stufenweises Inkrafttreten der Regelungen von 2024 bis 2028 vor. Dieser Zeitplan hängt allerdings davon ab, wie schnell sich die EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Rat auf die Einzelheiten des Entwurfs einigen können. Da die vorgeschlagenen Regelungen eine Modifikation der in einigen Mitgliedstaaten bereits bestehenden Meldesysteme erfordern, so z. B. die Abschaffung von Clearing-Systemen, bei denen die Finanzverwaltung die Rechnungen zunächst prüft und sie erst dann an den Rechnungsempfänger weiterleitet, könnte sich eine Einigung im Rat hinziehen.

  • Anlage EU-Vorschläge Meldesystem