Vertragslösungen und Ausbildungsabbrüche
In den Medien wird immer wieder über die Zahl vorzeitig beendeter Verträge in der dualen Ausbildung berichtet. Übersehen wird dabei oftmals der Unterschied zwischen Vertragslösung und Ausbildungsabbruch. Was in den Medien als Abbruch diskutiert wird, ist tatsächlich bei der Mehrheit der Auszubildenden kein Ausbildungsabbruch, sondern die Ausbildung wird in einem anderen Betrieb oder Ausbildungsberuf fortgesetzt. Den gravierenden Unterscheid zwischen Abbruch und Vertragslösung erläutert ein wissenschaftliches Diskussionspapier des BIBB.
Zahlen, Daten und Fakten
Im Handwerk liegt laut Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2022 die Lösungsquote bundesweit bei 31,9 %, im Bereich Industrie und Handel bei 22,0 %. Hierin spiegelt sich auch wider, dass im Handwerk auch junge Menschen eine Chance auf Ausbildung erhalten, die in anderen Branchen nicht zum Zuge kommen. Erfreulicherweise ist die Vertragslösungsquote damit erstmals seit 2015 wieder gesunken.
In den vergangenen 10 Jahren bewegte sich die Lösungsquote im Bundesdurchschnitt für alle Wirtschaftsbereiche insgesamt zwischen 23% und knapp 28 %. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Vertragslösungsquote insbesondere dann steigt, wenn der Ausbildungsmarkt – wie aktuell – aus Bewerbersicht günstig ist und Auszubildende die Chance auf einen Lehrstellenwechsel nutzen.
Da etwa die Hälfte aller Vertragslösungen keine endgültigen Abbrüche sind, sondern mit dem Wechsel in einen anderen Ausbildungsbetrieb oder Ausbildungsberuf einher gehen, liegt die Quote „der echten Abbrecher“ laut aktuellem Berufsbildungsbericht nur bei 12 Prozent und damit deutlich niedriger als die der Studienaussteiger.
Rund 30% der Vertragslösungen finden in der Probezeit statt, weitere 30% ebenfalls noch im ersten Ausbildungsjahr. Die Probezeit ist unter anderem genau dafür da, um möglicherweise falsche Ausbildungsentscheidungen zu korrigieren.
Im Vergleich zur Studienabbruchquote sind die Vertragslösungen bzw. die geschätzten Ausbildungsabbrüche als moderat einzustufen. Nach Analysen des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung beträgt die Studienabbruchquote bei Bachelorstudenten nach letzten Daten 27 % (siehe BIBB-Datenreport 2022, Seite 140).
Ursache von Vertragsauflösungen
Es gibt sehr unterschiedliche Gründe dafür, einen Ausbildungsvertrag vorzeitig zu beenden, wobei eine solche Vertragsauflösung keinesfalls immer zu einem endgültigen Ausstieg aus einer Berufsausbildung führt. Verträge werden beispielsweise aufgelöst wegen:
- mangelnder Berufsorientierung
- gesundheitlicher Probleme
- eines Wohnortwechsels oder einer Änderung der Familiensituation
- mangelnder Ausbildungsfähigkeit/-bereitschaft
- ungeeigneter Berufswahl
- guter Ausbildungsstellenmarktlage für Jugendliche in Verbindung mit einer dann steigenden Wechselbereitschaft
- der Situation/Problemen in der Berufsschule
- Insolvenz bzw. Schließung des Ausbildungsbetriebs
- nicht professionalisiertem Rekrutierungsverhalten eines Betriebs
- des Umgangs mit Konflikten im Betrieb
- mangelnder Ausbildungsqualität eines Betriebs
Einen Ausbildungsvertrag vorzeitig zu lösen, kann für beide Seiten durchaus empfehlenswert sein, z. B. wenn sich die Berufswahl aufgrund der Eignung, Neigung oder gesundheitlicher Gründe als falsch erwiesen hat, nicht lösbare Konflikte aufgetreten sind oder die Ausbildung nicht die Qualitätsansprüche erfüllte.
Eine Studie des Ludwig-Fröhler-Instituts beschäftigt sich umfangreich mit dieser Thematik.