Zentralverband des
Deutschen Handwerks
Zentralverband des
Deutschen Handwerks
06.01.2023

Arbeitsmarkt-Zuwanderung entbürokratisieren und vereinfachen

Im Handwerk fehlen eine Viertel Million Fachkräfte. Zuwanderung kann einen Beitrag zum Schließen dieser Lücke leisten. Dafür muss aber an vielen Stellschrauben gedreht werden, erklärt ZDH-Geschäftsführer Schulte im Interview mit der "NBR".
Portraitfoto von Karl-Sebastian Schulte vor blauer Handwerksleinwand im Haus des Deutschen Handwerks in Berlin

Karl-Sebastian Schulte, Geschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks,
Geschäftsführer des Unternehmerverbandes des Deutschen Handwerks

"Bei der Umsetzung der ‚Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten‘ darf sich die Komplexität des Zuwanderungsrechts, die schon jetzt besteht, keinesfalls weiter erhöhen, sondern sie muss abgebaut werden. Es muss alles darangesetzt werden, das gesamte Zuwanderungsverfahren zu entbürokratisieren und die Verwaltungsverfahren deutlich zu beschleunigen. Hierzu muss vor allem die Visumsvergabe deutlich schneller werden und die Ausländerbehörden müssen sich in echte Welcome-Center wandeln", so ZDH-Geschäftsführer Karl-Sebastian Schulte zu Jacqueline Westermann von der "Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft".

Wie schätzt der ZDH die Bestrebungen der Bundesregierung, die Zuwanderung von Fachkräften zu erleichtern, ein?

Es ist aus Sicht des Handwerks positiv, dass die Bundesregierung daran arbeitet, die Bedingungen für Erwerbsmigration zu verbessern, und dass sie hierzu mit den vom Bundeskabinett am 30. November 2022 beschlossenen "Eckpunkten zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten" weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht hat. Diese Eckpunkte enthalten eine Vielzahl von richtigen Reformansätzen, um die rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen für die Erwerbsmigration nach Deutschland umfassend weiterzuentwickeln. Zwar wird auch künftig der zentrale Fokus zur Fachkräftesicherung im Handwerk auf der Ausbildung liegen, doch zugleich werden auch Handwerksbetriebe zusätzlich dazu auf ausländische Fachkräfte angewiesen sein. Die neuen Regelungen werden jedoch nur dann zu mehr Zuwanderung führen, wenn sie praxisorientiert ausgestaltet sind, sodass sie die vielen kleinen und mittleren Betriebe des Handwerks auch nutzen können.

Inwiefern bleiben Zweifel/wo sehen Ihre Mitglieder die größten Herausforderungen?

Bei der Umsetzung der Eckpunkte darf sich die Komplexität des Zuwanderungsrechts, die schon jetzt besteht, keinesfalls weiter erhöhen, sondern sie muss abgebaut werden. Es muss alles daran gesetzt werden, das gesamte Zuwanderungsverfahren zu entbürokratisieren und die Verwaltungsverfahren deutlich zu beschleunigen. Hierzu muss vor allem die Visumsvergabe deutlich schneller werden und die Ausländerbehörden müssen sich in echte Welcome-Center wandeln. Zudem müssen kleine Betriebe und Unternehmen, die nicht über eigene Personalabteilungen verfügen, im gesamten Zuwanderungsprozess unterstützt werden – angefangen von der Suche nach handwerklich Vorqualifizierten im Ausland über die Weiterqualifizierung im Inland bis hin zur Integration vor Ort in Deutschland etwa über Kümmererstrukturen.

Wie kann der Verband unterstützen, gerade wenn es um Rekrutierung im Ausland geht?

Um erfolgreich ausländische Fachkräfte zu rekrutieren, ist die Zusammenarbeit mit erfahrenen und zuverlässigen Akteuren von entscheidender Bedeutung. Aus Sicht des ZDH ist das vor allem die Bundesagentur für Arbeit, die seit Jahrzehnten auf diesem Gebiet tätig ist. So führt der ZDH mit großem Erfolg seit 2020 mit der Bundesagentur für Arbeit das Pilotprojekt "Handwerk bietet Zukunft" zur Gewinnung von handwerklich qualifizierten Fachkräften aus Bosnien und Herzegowina durch. Darüber hinaus unterstützen selbstverständlich die Handwerkskammern und Fachverbände die Betriebe bei der Suche nach Arbeitskräften im Ausland.

In welchen Bereichen haben Ihre Mitglieder Potenzial, flexibler einzustellen (Stichworte: Sprache, Unterstützung auf dem Weg zu Weiter-/Vollqualifizierung) und variiert dies je nach Branche?

Welche Qualifikationen ausländische Arbeits- und Fachkräfte mitbringen müssen, unterscheidet sich erheblich von den jeweiligen Gewerken im Handwerk und den konkreten Tätigkeitsgebieten. Letztlich muss jedes Unternehmen selbst entscheiden, über welche Sprach- und Fachqualifikationen eine ausländische Arbeitskraft verfügen muss, um erfolgreich im Betrieb und bei dessen Kundinnen und Kunden eingesetzt werden zu können. Auch wenn anfänglich die Deutsch- und Fachkenntnisse oft noch verbessert werden müssen – wenn die Motivation der ausländischen Arbeitskräfte stimmt, sind sie ein dauerhafter Gewinn für den Betrieb und für den deutschen Arbeitsmarkt.

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