Zentralverband des
Deutschen Handwerks

Die Welt ein bisschen schöner machen

Friseurmeister und Inhaber des Bundesverdienstkreuzes Claus Niedermaier schneidet weltweit mit seinen "Friseur-Engeln" bedürftigen Menschen die Haare und führt überdies noch sehr erfolgreich seinen Laden in Biberach an der Riß.
Bei einem Charity Events schneiden die Barber Angels Obdachlosen die Haare

Bei den Charity Events schwingen die Haarprofis ihre Scheren, um wohnungslosen und von Altersarmut betroffenen Menschen mit kostenlosen Haar- oder Bartschnitten ihr Selbstwertgefühl zurückzugeben.

Großes lässt sich schaffen, nicht selten muss man einfach anfangen und mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen. “In meinem Fall ist es mein goldenes Handwerk, meine Hände und meine Schere”, sagt Claus Niedermaier.

Der Friseurmeister aus Biberach an der Riß setzt sein Können ein und seine den Menschen zugewandte Art, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Gemeinsam mit fünf Freunden gründete er im Jahr 2016 die mittlerweile weltweit agierende Barber Angel Brotherhood. Die “Friseur-Engel” schneiden obdachlosen und bedürftigen Menschen die Haare, verschaffen ihnen ein gepflegtes Erscheinungsbild und stärken so ihr Selbstwertgefühl. Claus Niedermaier wurde mehrfach international geehrt, am 10. September 2024 erhielt er das Bundesverdienstkreuz für sein Engagement im Dienste der Gemeinschaft.

"Was kann ich tun? Meine Hände einsetzen!"

Gruppenfoto: : Seit 2016 ist der Verein auf rund 800 Friseure in neun Ländern angewachsen. Hier ein Teil der deutschen Mitglieder

Seit 2016 ist der Verein auf rund 800 Friseure in neun Ländern angewachsen. Hier ein Teil der deutschen Mitglieder.

Es war ein Fernsehbericht über den Erfrierungstod eines Wohnungslosen, der den Friseurmeister vor neun Jahren aufrüttelte. “Wie kann es sein, dass in unserem reichen Land Menschen in der Kälte sterben”, fragte ich mich. “Was kann ich tun, damit sich etwas verbessert? Und da war der Gedanke: Geld haste nicht, aber deine Hände”, schildert er. Claus Niedermaier trommelte Kolleginnen und Kollegen zusammen: Die Barber Angels sind mittlerweile deutschlandweit sowie in Österreich, Spanien, Norwegen, in den Niederlanden, in der Schweiz und seit 2022 auch in Südamerika vertreten. Mehr als 800 Friseurinnen und Friseure haben sich inzwischen von Chile bis zum Nordkap in der Barber Angel Brotherhood zusammengeschlossen. Bei Claus Niedermaier laufen die Fäden zusammen, damit verarmte Menschen mit einer kostenlosen Frisur oder einem Bartschnitt etwas Würde, Selbstvertrauen und Lebensqualität zurückerhalten. Die Barber Angels schlüpfen für ihre Einsätze in Rocker-Outfits. Dieses Erscheinungsbild senkt erfahrungsgemäß die Hemmschwelle für Menschen am Rande der Gesellschaft, auf dem Friseurstuhl Platz zu nehmen. “Hinter der Kutte sind wir alle gleich”, erläutert der Friseurmeister. “Für Menschen, die sich einen Friseurbesuch üblicherweise nicht leisten, ist es ein wunderbares Gefühl, so zu behandelt zu werden, wie alle anderen. Wir plaudern mit ihnen und behandeln sie so, wie es bei uns üblich ist: Wir hören zu, wir beraten und wie liefern einen Top-Haarschnitt!”

Auf dem Frisierstuhl sind alle Menschen gleich

“Eine neue Frisur ist mehr als Körperpflege, sie ist identitätsstiftend", sagt Claus Niedermaier. Er übt sein Handwerk seit mehr als 40 Jahren aus und weiß, dass ein Haarschnitt Anstoß für einen Neuanfang sein kann. Das war so bei den Stars und Sternchen in Hollywood, wo er als junger Friseur arbeitete, und das registriert er auch heute noch bei seiner Stammkundschaft. Für ihn ist das Haareschneiden eine Leidenschaft – das mag sicher auch daran liegen, dass er schon seine Kindheit zwischen Shampoo, Trockenhaube und Waschbecken im elterlichen Salon verbracht hat. “Das war ein Ort mit einem besonderen Ambiente. Und dort galt vor allem, dass die Kundschaft oberste Priorität hat”, erzählt Claus Niedermaier. “Die Dienstleistungsmentalität liegt in meiner DNA.”

Erfolgserlebnisse durch Kreativität

  • 2024 wurde Claus Niedermaier das Bundesverdienstkreuz überreicht von Hubertus Heil

    2024 wurde Claus Niedermaier für sein Engagement das Bundesverdienstkreuz überreicht.

  • 2019 erhielt e Claus Niedermaier in Paris den „Grand Prix Humanitaire de France“

    Bereits 2019 erhielt er und die Barber Angel Brotherhood in Paris den "Grand Prix Humanitaire de France".

Die Eltern hatten eigentlich andere Pläne für den Sohn: Wäre es nach ihnen gegangen, wäre er heute Arzt. Zwar fühlte er sich auf dem Gymnasium wohl und lernte gerne – spürte aber auch, dass er nicht den Traum der Eltern leben konnte: “Mich zog es zurück in den Salon. Ich wusste in der 11. Klasse, dass ich mit meinen Händen arbeiten und mit Menschen zu tun haben wollte: mit der Schere im Friseursalon und nicht als Chirurg mit dem Skalpell. Ich definierte meinen Erfolg durch Kreativität, durch mein Handwerk.”

Schöne Frisuren machen glücklich. Nicht nur die Kundschaft, auch den Haareschneider. Claus Niedermaier freut sich mit den Menschen, wenn er registriert, dass ein neuer Look oft das Selbstbewusstsein boostert. Er selbst brauchte eine gute Portion Selbstbewusstsein, um seinen beruflichen Lebensweg zu gehen. Zweimal hat er seine Eltern überzeugen müssen. Die Entscheidung, Friseur zu werden, akzeptierten sie zähneknirschend, vermittelten ihm eine Ausbildung bei einem Kollegen. Dann war er im elterlichen Salon tätig. “Keine gute Idee, Generationen-Clash”, fasst er kurz zusammen. Claus Niedermaier wollte seinen eigenen Weg gehen und griff daher zu, als ihm ein Friseursalon im Ort angeboten wurde: “Unsere Familiengeschichte hat zwar ein Happyend, weil ich den elterlichen Salon letztendlich fortgeführt habe. Doch in der Zwischenzeit war es nicht immer einfach. Ich musste meinen Weg gehen.”

"Figaro Claus" war schon immer Pionier

Er hat es geschafft, seine Marke "Figaro Claus" zu etablieren. Ein leuchtend rotes Haus, auf dem Botticellis Venus auf der Fassade prangt, beherbergt seinen Salon, der innen in kräftigen, edlen Blautönen leuchtet. Damals war es neu, die Kundschaft mit einem Glas Sekt oder einem Cocktail zu begrüßen. Er und sein Team bildeten sich weiter, waren up-to-date bei Trends, Styles und Schnitttechniken. Als Chef ist er auch heute noch Vorreiter: Es gibt flache Hierarchien, flexible Arbeitszeiten und größtmögliche Eigenständigkeit für die acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Teamevents stärken den Spirit. Pionier war Claus Niedermaier auch im Einsatz digitaler Technik, hat etwa früh per App auf Onlinebuchungen umgestellt. Auch mit 63 Jahren bleibt er das, was er immer war: ein zukunftszugewandter Mann, ein Menschenfreund, der die Welt ein bisschen schöner machen will. 

Das kann ich am besten zusammen mit anderen. Das Bundesverdienstkreuz habe ich stellvertretend in Empfang genommen für alle in der Barber Angels Brotherhood. Jedes einzelne Mitglied trägt mit Kompetenz und Empathie zum Erfolg bei.

Jahrbuch 2025

Diese Handwerk-Story wurde zuerst im ZDH-Jahrbuch 2025 veröffentlicht. Das Jahrbuch steht unter dem Motto "Zukunft kommt von Können. Und wir können alles, was kommt." Es zeigt: Das Handwerk ist innovativ, vielfältig und kompetent und übernimmt gesellschaftliche Verantwortung.

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