Zentralverband des
Deutschen Handwerks

Mission: Zukunft der Mobilität

Strom statt Sprit, lautet die Devise der Kfz-Werkstatt im beschaulichen nordhessischen Ort Malsfeld, wo die Crew um Geschäftsführer Conrad Buck ausschließlich Elektrofahrzeuge repariert.
Conrad Buck, Geschäftsführer von Mars Orbiter

Conrad Buck

Das Team von Mars Orbiter cruist bereits durch die unendlichen Weiten des Alls. Zumindest auf einem lasergravierten Bild. Per SpaceX-Rakete wurden am 4. August 2022 tausende Fotos von Tesla-Kundinnen und Kunden auf einer Glasplatte eingraviert in den Orbit geschickt, darunter auch das Konterfei von Conrad, Dirk, Micha und Heike. Sie arbeiten bei MARS ORBITER Pieces & Services GmbH, einer ziemlich einzigartigen Autowerkstatt in Deutschland. 

Die Mechaniker werkeln mit Diagnosecomputern und Hochvolt-Werkzeugen. Saubere Arbeitskleidung, saubere Hände – saubere Sache!

Autoreparatur mit Hochvolt-Werkzeugen

Die saubere Werkstatthalle von Mars Orbiter

Die wohl sauberste Kfz-Werkstatt

Aufbruch in neue Sphären, neue Herangehensweise testen: Dabei ist Mars Orbiter im Gewerbegebiet Mittleres Fuldatal und auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Dort ist die Elektroautowerkstatt nahe der A7 Kassel-Frankfurt zu finden: eine hübsche, aus Holz gebaute Halle, die state-of-the-art mit Photovoltaik-Anlagen und Wärmepumpe energieeffizient beheizt wird. Beim Betreten verstärkt sich das Gefühl, nie zuvor eine blitzeblankere Autowerkstatt betreten zu haben. Nach einigen Minuten wird klar, was hier anders ist: Es fehlt das typische Aroma einer Kfz-Werkstatt, mit dem speziellen Geruch nach verbranntem Öl und altem Benzin, dem scharfen Hauch Metallstaub. Allein eine leichte Gummi-Note liegt in der Luft. Ölkanister, Ölabscheider, Luftfilter? Fehlanzeige. Die Mechaniker Dirk und Micha werkeln mit Diagnosecomputern und Hochvolt-Werkzeugen. Saubere Arbeitskleidung, saubere Hände – saubere Sache!

Ein "Petrol Head" verfällt dem Elektroauto

Namensgeber der Werkstatt ist das rote Rennauto, das der exzentrische amerikanische Unternehmer Elon Musk im Februar 2018 ins Weltall katapultierte. “Damals hat mich elektrisiert, dass erstmals ein E-Serienfahrzeug gebaut wurde, das unglaublich schnell beschleunigte und eine außergewöhnliche Reichweite hatte”, sagt Conrad Buck, eigentlich ein “Petrolhead”. Er beweist: Man kann ein großer Autofan sein, auch wenn man etwas anderes tankt als Benzin. Mit 18 Jahren entbrennt seine Liebe zum Kadett Coupé, später seine Passion für Sportwagen, am liebsten Italiener. Aber wirklich um ihn geschehen ist es, als er vor zehn Jahren erstmals im Roadster sitzt: “Ich bin besessen von dem Ding!”

Von der persönlichen Faszination zur Vision

Conrad Buck kam zupass, dass er über eine Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker verfügt. Mit seinem Fachwissen zu elektronischen Geräten und seinem Faible für Informationstechnik konnte er “das Ding” nämlich selbst reparieren. Sein Know-how sprach sich rum in der Roadster-Community, er wurde oft um Rat gebeten. Daraus entwickelte er im Jahr 2019 seine Geschäftsidee. Was als persönliche Faszination beginnt, entwickelt sich zu einer unternehmerischen Vision: “E-Fahrzeuge sind die Zukunft der Mobilität. Wir verarzten die Roadster in Deutschland und Europa, sodass Fahrzeuge nicht wegen Defekten an der Protonen-Austausch-Membran oder der Batterie ausgemustert werden.” Selbstverständlich repariert seine Crew auch Elektrofahrzeuge anderer Marken, etwa wenn die Karosserie eingedellt ist, die Klimaanlage streikt oder wenn die Batterie zickt.

Autos müssen nachhaltiger werden, dürfen keine Wegwerfprodukte sein. Es wird stärker darum gehen, Autos lange am Leben zu erhalten.

Wer neue Wege geht, braucht starke Nerven

Das Team von Mars Orbiter

Team von Mars Orbiter bei der Arbeit

So enthusiastisch Conrad Buck über Elektro-Fahrzeuge spricht, so ernüchtert zeigt er sich bei der Infrastruktur, wo er großen Nachholbedarf sieht. Er befürchtet, dass Deutschland den Umstieg auf die E-Mobilität verpatzt, und wünscht sich ein klares politische Bekenntnis “und damit auch zum Klimaschutz, zu neuen Märkten und weniger Abhängigkeit von Benzin und Diesel”. Zudem bessere Rahmenbedingungen, etwa bei der Ladeinfrastruktur. “Schön wäre, man könnte einfach mit dem Smartphone zahlen, wie im Supermarkt oder beim Bäcker, schnell, kontaktlos und ohne zig verschiedene Apps. Es ist mir ein Rätsel, dass das, was in jedem kleinen Geschäft klappt, beim Laden meines Autos nicht funktioniert.” Der 57-Jährige verhehlt nicht, dass ihn sein Pioniergeist Kraft und Nerven verlangt. Zum Beispiel wenn er mit Behörden über Vorgaben diskutieren musste, die für konventionelle Verbrennerwerkstätten gelten. Eine Werkstatt, die nur Elektrofahrzeuge repariert, benötigt beispielsweise keine Abgasuntersuchungs-Ausrüstung – denn Elektrofahrzeuge emittieren keine Abgase. Bei Mars Orbiter dürfen die eigentlich für Autowerkstätten pauschal geltenden Vorschriften zur Entsorgung von Altöl ignoriert werden – denn es fällt nicht an. Conrad Buck beobachtet, dass viele Autowerkstätten noch nicht gut vertraut sind mit den spezifischen Anforderungen an Elektrofahrzeuge. Er plant, sich mit der Kfz-Innung Kassel zusammenzusetzen und zu überlegen, wie künftig die Ausbildung im Kfz-Handwerk stärker auf die Bedürfnisse der E-Fahrzeug-Kundschaft ausgerichtet werden kann. “Ein Elektromotor hat zwar weniger bewegliche Teile als ein Verbrenner, aber die Diagnose und Reparatur erfordert völlig neue Kompetenzen.” Buck selbst gibt sein Wissen in Lehrgängen weiter, denn er hat sich in der Hochvolttechnik qualifiziert und alle notwendigen Leistungsscheine. Er will sich seine Zuversicht nicht nehmen lassen: “Die Elektromobilität ist nicht mehr aufzuhalten. Wir zeigen, wie der Wandel in der Automobilbranche gelingen kann: mit Pioniergeist, dem Mut und der Beharrlichkeit, neue Wege zu gehen!”

Klimahandwerk

Die Transformation hin zu mehr Klimaneutralität ist eine Herkulesaufgabe. Schon derzeit arbeiten rund 490.000 Handwerksbetriebe mit über 3,1 Millionen Beschäftigten in knapp 30 Gewerken täglich in fast allen Bereichen am der Energie-, Wärme- und Mobilitätswende mit.

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Jahrbuch 2025

Diese Handwerk-Story wurde zuerst im ZDH-Jahrbuch 2025 veröffentlicht. Das Jahrbuch steht unter dem Motto "Zukunft kommt von Können. Und wir können alles, was kommt." Es zeigt: Das Handwerk ist innovativ, vielfältig und kompetent und übernimmt gesellschaftliche Verantwortung.

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