Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Lieferkettengesetz: KMU-Ausnahme muss ohne Einschränkung gelten

Nachdem 2021 das deutsche Lieferkettengesetz beschlossen wurde, liegt nun seit Februar 2022 ein entsprechender Richtlinienvorschlag der EU-Kommission vor. Dieser geht deutlich über die deutschen Regelungen hinaus und würde die Betriebe zusätzlich belasten.

ZDH-Kompakt, Mai 2022

KMU-Ausnahme und Haftung in der Zuliefererkette

Der Kommissionsvorschlag enthält eine Ausnahme für die meisten KMU aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie. Unternehmen fallen gemäß Art. 2 des Vorschlags in den Anwendungsbereich der Richtlinie, wenn sie entweder mehr als 500 Beschäftigte und einen Jahresumsatz von über 150 Mio. Euro haben oder mehr als 250 Beschäftigte sowie einen Jahresumsatz von über 40 Mio. Euro, der mindestens zur Hälfte in einem Hochrisikosektor erzielt wurde. Als Hochrisikobranchen gelten: Herstellung von Kleidung, Leder, Schuhen sowie Großhandel mit Textilien, Kleidung und Schuhen. 
Diese Unternehmen müssen auf Basis eines Verhaltenskodexes einen Präventionsplan erstellen. Bei Verstößen und fahrlässiger Handlung sieht der Vorschlag grundsätzlich sowohl eine zivilrechtliche Haftung des Unternehmens als auch eine persönliche Haftung der Unternehmensinhaber vor. Um die zivilrechtliche Haftung vollständig aufzuheben, verpflichtet der Kommissionsvorschlag Unternehmen dazu, von all ihren direkten und indirekten Geschäftspartnern Zusicherungen einzuholen, dass diese die Vorgaben des Verhaltenskodexes des Unternehmens einhalten (sog. „Vertragskaskaden“). 

Kein "business as ususal"

Nach Jahren der Einschränkungen durch die Pandemie und aktuell verstärkt durch Lieferengpässe, ausbleibende Rohstofflieferungen und steigende Energiekosten befin-den sich viele Handwerksbetriebe in einer überaus prekären Lage. Für sie ist das Maß akzeptabler Belastung überschritten. Rechtsetzungsvorschläge, die mit zusätzlichen – vermeidbaren – Anforderungen für die Unternehmen verbunden sind, stoßen auf großes Unverständnis.

Unnötige Belastungen für das Handwerk vermeiden

Die vorgeschlagene KMU-Ausnahme läuft für viele Handwerksbetriebe ins Leere. Denn die Verpflichtung der Unternehmen, unternehmenseigene Verfahren auf ihre Vertragskette auszuweiten, schafft eine Verpflichtung jenseits der in Deutschland geltenden Rechtsordnung. Hinsichtlich Nachweis- und Berichtspflichten ist zu erwarten, dass Unternehmen zur vorsorglichen Vermeidung von Haftungsrisiken über die Vorgaben der geltenden Gesetzgebung hinausgehen. Handwerksbetriebe wären daher im Ergebnis von einer Vielzahl von Dokumentations-Pflichten betroffen. Es ist zudem davon auszugehen, dass Unternehmen das gleiche Lastenheft für Zulieferer aus Drittstaaten und solche aus EU-Mitgliedstaaten verwenden werden. 
Das deutsche Handwerk achtet selbstverständlich weltweit geltende menschen- und umweltrechtliche Standards. Deren Überwachung ist aber zuvorderst Aufgabe der jeweiligen Regierungen. Ziel des Kommissionsvorschlags ist es, Unternehmen zu ver-pflichten, ihre internationalen Lieferketten diesbezüglich zu prüfen und Risiken auszuschließen. Daher ist es falsch, Lieferketten innerhalb der EU-Mitgliedstaaten in den Anwendungsbereich der Richtlinie einzubeziehen. Europäische Firmen müssen davon ausgehen können, dass die Geltung von Menschen- und Umweltstandards zumindest innerhalb der EU durch die Mitgliedstaaten und den europäischen Gesetzgeber sichergestellt ist.
Damit Handwerksbetriebe im Sinne der KMU-Ausnahme nicht mit weiteren Anforde-rungen belastet werden, sollte der Gesetzgeber entlang dieser Forderungen nachschärfen: 

  • Notwendig ist eine wirksame KMU-Ausnahme entlang der Lieferkette in der EU, v.a. bzgl. der Vermeidung potenzieller negativer Auswirkungen (Art. 7).
  • Für EU- und EWR-Mitgliedstaaten muss eine Safe Harbour-Klausel gelten, d.h. Zulieferer aus diesen Ländern müssen wegen ihrer durchweg hohen Men-schenrechtsstandards vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sein.
  • Die zivilrechtliche Haftung in Art. 22 muss auf den direkten Vertragspartner („tier 1“) beschränkt werden. 
  • Handwerksbetriebe beziehen ihre Produkte und Waren meist über Intermedi-äre. Nachweispflichten müssen sich auf deren Import in die EU beschränken.
  • EU-Lieferkettengesetz: KMU-Ausnahme muss ohne Einschränkung gelten
    ZDH-Kompakt, Mai 2022

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