Erasmus+

Auslandspraktika sind wichtiger Bestandteil einer hochwertigen und attraktiven Berufsbildung. 2024 haben so viele Auszubildende wie nie ein Praktikum im Ausland absolviert. Allein über das EU-Förderprogramm Erasmus+ konnten im vergangen Jahr 37.000 Auszubildende aus Deutschland ein Praktikum im europäischen Ausland durchführen.
Immer mehr Handwerksbetriebe bieten ihren Auszubildenden die Möglichkeit, ein Auslandspraktikum zu absolvieren. Neben dem Erwerb von fachlichen und interkulturellen Kompetenzen und der Stärkung europäischer Werte fördern Lernaufenthalte im Ausland erwiesenermaßen auch die Motivation und Eigeninitiative der zukünftigen Fachkräfte. Zudem können sich Betriebe auf einem enger werdenden Ausbildungsmarkt als attraktive Ausbildungsbetriebe positionieren. Vor diesem Hintergrund hat Erasmus+ für die berufliche Bildung im Handwerk eine hohe Relevanz.
Vorschlag für die nächste Programmgeneration zu unspezifisch
Im Juli 2025 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für das EU-Programm Erasmus+ für Bildung, Jugend und Sport für den Zeitraum 2028-2034 vorgelegt. Das Gesamtbudget von Erasmus+ soll mit knapp 41 Mrd. Euro deutlich gesteigert werden. Dem aktuellen Programm stehen rund 26 Mrd. Euro zur Verfügung. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass zukünftig auch das Europäischen Solidaritätskorps, das bisher ein eigenständiges Programm der EU war, über Erasmus+ finanziert werden soll. Dennoch wäre dies ein deutlicher Aufwuchs des Programmbudgets.
Vor dem Hintergrund der deutlich gestiegenen Nachfrage nach Lernaufenthalten im Ausland, gerade auch von Lernenden der beruflichen Bildung, ist die geplante Erhöhung des Fördervolumens von Erasmus+ aus Sicht des Handwerks gerechtfertigt. Problematisch ist jedoch, dass der Programmvorschlag im Gegensatz zum Vorgängerprogramm keine festen Prozentsätze für die Förderung von Lernmobilitäten in den verschiedenen Bildungsbereichen im Budgetentwurf vorsieht. Dies sollte in den weiteren Verhandlungen unbedingt sichergestellt werden. Andernfalls würden sich für die Kommission enorme Spielräume eröffnen, im Zuge der jährlichen Arbeitsprogramme Finanzmittel von der Förderung der Lernmobilität hin zur Finanzierung bildungspolitischer Prestigeprojekte der EU-Bildungsstrategie „Union der Kompetenzen“ zu verschieben, wie z.B. die Einrichtung von EU-Kompetenzakademien oder die Entwicklung europäischer Berufsbildungsabschlüsse. Dies würde zu Lasten von Auszubildenden gehen und wäre angesichts einer zunehmenden Nachfrage an grenzüberschreitender Lernmobilität, gerade auch in der beruflichen Bildung, eine falsche Entwicklung.
Was zu tun ist
Im weiteren Verfahren werden sich das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten mit diesem Vorschlag befassen. Aus Sicht des ZDH muss unbedingt sichergestellt werden, dass bei der Umsetzung der neuen Programmgeneration die Förderung der Lernmobilität im Ausland weiterhin im Zentrum von Erasmus+ liegt. Für die Berufsbildung muss zukünftig außerdem ein deutlicher Zuwachs der Fördermittel bei Erasmus+ festgeschrieben werden. Nur so ist es möglich, dass zukünftig mehr Auszubildende, junge Fachkräfte sowie Ausbildende aus dem Handwerk ein Auslandspraktikum absolvieren können. Darüber hinaus muss das Programm insbesondere bei der Projektadministration deutlich verschlankt und effizienter gestaltet werden. Überdies benötigen im Rahmen von Erasmus+ akkreditierte Organisationen zukünftig mehr Planungssicherheit über die von ihnen beantragten Fördermittel.
Um die Zahl der Auszubildenen, die ein Auslandspraktikum absolvieren, in Zukunft deutlich zu steigern, reicht eine Aufstockung der Fördermittel von Erasmus+ allein aber nicht aus. Erforderlich ist der Ausbau von Beratungsstrukturen, die Betriebe und Auszubildende bei Planung und Durchführung von Auslandspraktika unterstützen, wie das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) geförderte Netzwerk der Mobilitätsberatenden der Kammern Berufsbildung ohne Grenzen (BoG). Hier muss die Finanzierung sowohl ausgeweitet als auch verstetigt werden.