Irland: Brexit zwingt zu neuen Wegen
Die Verschiebungen im irischen Außenhandel als Folge des Brexits werden immer sichtbarer. Die neue Zollgrenze durch die Irische See macht den Handel mit Großbritannien und die logistische Landbrücke von Irland über das Vereinigte Königreich in die Europäische Union unattraktiv.
Irland ist seit jeher mit der britischen Wirtschaft eng verflochten. Zwischen Januar und August 2021 sind britische Warenimporte gegenüber der Vorjahresperiode um 30,9 % eingebrochen. Dieser Rückgang steht der allgemeinen irischen Handelsentwicklung stark entgegen: Nach dem Coronaschock von 2020 stiegen die Einfuhren 2021 insgesamt um 12,6 %. Noch bleibt Großbritannien das wichtigste Herkunftsland irischer Einfuhren, aber ihr Anteil ist von 27,1 % 2020 auf 15,8 % in diesem Jahr geschmolzen und liegt damit nur noch knapp vor den Einfuhren aus den USA.
Nach Erhebungen von Eurostat sind fast alle größeren Produktkategorien vom Einfuhrrückgang betroffen, dabei insbesondere die Lebensmittelindustrie: Die Bürokratie der EU-Zollgrenze macht es Einzelhändlern nahezu unmöglich, Frischeprodukte schnell vom Königreich nach Irland zu exportieren. Gegen den allgemeinen Abwärtstrend stiegen hingegen die Importe von medizinischen und pharmazeutischen Produkten um 26,6 % gegenüber 2020. Vom EU-Austritt des Vereinigten Königreichs können diejenigen deutschen Lieferanten profitieren, die mit der EU-Binnenmarktzugehörigkeit punkten.
Große Verschiebungen erfährt der irische Außenhandel auch auf den Lieferwegen in Richtung Festlandeuropa. Vor dem Brexit nutzten Spediteure die sogenannte Landbrücke – die traditionelle Transportroute durch das Vereinigte Königreich – über den walisischen Hafen Holyhead nach Dublin. Im Vergleich zur Direktfährverbindung über die See von Irland nach Frankreich war der Weg über die Landbrücke rund einen Tag schneller. Durch die neuen Regelungen scheuen Logistiker nun das Risiko von Staus und Verzögerungen an der britischen-europäischen Zollgrenze so sehr, dass viele lieber die Direktfährverbindung nutzen.
Besonders spürbar sind die Folgen am Hafen von Dublin, der einen Umschlagrückgang von 3,3 % verzeichnet. Dabei ist das Umschlagvolumen mit Großbritannien von Januar bis September 2021 um 21,2 % eingebrochen, mit der EU im gleichen Zeitraum um 36,3 % gewachsen.
Quelle: www.gtai.de, Pressemitteilung vom 5. November 2021