Zentralverband des
Deutschen Handwerks
27.11.2025

BFH: E-Mails als vorzulegende Handels- und Geschäftsbriefe

Der BFH hat entschieden, dass E-Mails auch Handels- und Geschäftsbriefe gem. § 147 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO sein können.

Hintergrund

Gemäß § 147 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 AO kann die Finanzverwaltung im Rahmen einer Außenprüfung verlangen, dass ihr die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen in einem maschinell verwertbaren Format zur Verfügung gestellt werden.  Die Befugnisse aus § 147 Abs. 6 AO stehen der Finanzbehörde allerdings nur in Bezug auf solche Unterlagen zu, die der Steuerpflichtige nach § 147 Abs. 1 AO aufzubewahren hat.

Nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 AO hat der Steuerpflichtige die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe geordnet aufzubewahren. Gleiches gilt nach § 147 Abs. 1 Nr. 3 AO für Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe. Ferner hat der Steuerpflichtige gem. § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO auch sonstige Unterlagen aufzubewahren, soweit diese für die Besteuerung von Bedeutung sind.

Sachverhalt

Im Rahmen einer Außenprüfung forderte das beklagte Finanzamt (FA) von der Klägerin die Vorlage von empfangenen und Wiedergaben von versandten Handelsbriefen nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO sowie sonstiger Unterlagen mit Bedeutung für die Besteuerung nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO und für den Fall, dass die angeforderten Unterlagen in elektronischer Form vorlägen, ein Gesamtjournal, in dem alle E-Mails erfasst sein sollten.

Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Hamburg (Urteil vom 23. März 2023, Az. 2 K 172/19) hatte teilweise Erfolg. Das Gericht sah die Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen und eines (elektronischen) Datenträgers als rechtmäßig an, gab der Klage jedoch insoweit statt, als der Beklagte die Vorlage eines Gesamtjournals in dem angeforderten Umfang verlangt hat.

Der erkennende Senat des BFH wies die Revision der Klägerin und die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg (FG Hamburg) als unbegründet zurück. In den Urteilsgründen führt er u. a. wie folgt aus: „Aufbewahrungspflichtig sind danach nicht nur die Ein- und Ausgangsrechnungen von Handelsgesellschaften (dazu BFH-Beschluss vom 26.09.2007 – I B 53, 54/07, BFHE 219, 19, BStBl II 2008, 415, unter II.1.), sondern aufzubewahren ist die gesamte, den betrieblichen Bereich betreffende Korrespondenz, soweit sie sich auf die Vorbereitung, Durchführung oder Rückgängigmachung eines Handelsgeschäfts im Sinne des §§ 343, 344 des Handelsgesetzbuchs (HGB) bezieht (…). Auf die Form kommt es dabei nicht an; auch Fernschreiben, Telegramme und insbesondere E-Mails sind grundsätzlich aufbewahrungspflichtig (…). Dies gilt nach Auffassung des erkennenden Senats jedenfalls insoweit, als die E-Mail selbst – und nicht lediglich ihr Anhang – rechnungslegungsrelevante Informationen enthalten; ansonsten ist jedenfalls der Anhang aufzubewahren.

Ausgehend hiervon ist revisionsrechtlich nichts dagegen zu erinnern, wenn das FA die Vorlage derjenigen E-Mails verlangt, welche sich auf die Vorbereitung, den Abschluss und auch auf die Durchführung des Agreements beziehen. Durch die Konkretisierung des Vorlageverlangens auf das Agreement erfährt das Vorlageverlangen die gebotene Beschränkung auf rechnungslegungsrelevante Informationen.“

Weiter führt der erkennende Senat aus, dass die steuerrechtliche Aufbewahrungspflicht des § 147 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO sich nicht nur auf den Abschluss erstreckt, sondern auch auf die Vorbereitung und die Durchführung eines mit dem Agreement gegebenen Handelsgeschäfts. 

Zurecht verlange das FA unter Berufung auf § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO auch die Vorlage derjenigen E-Mails, die sich auf die Verrechnungspreisdokumentation der Klägerin beziehen. Dokumentationen über Konzernverrechnungspreise unterfallen nach Auffassung des erkennenden Senats dem Anwendungsbereich des § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO. Das Verlangen auf Erfüllung der Vorlagepflicht erweise sich auch als verhältnismäßig und frei von Ermessenfehlern. Der Eingriff mittels Vorlageverlangen überlasse es der Klägerin, welche E-Mails oder Daten sie im Einzelfall vorlegt. Damit sei es der Klägerin unbenommen, solche Daten, die gerade nicht steuerlich relevant sind, zu selektieren (sogenanntes Erstqualifikationsrecht). Ist Gegenstand der Recht- und Verhältnismäßigkeitsprüfung deshalb nur die Vorlagepflicht dem Grunde nach, erfordere das Vorgehen des FA keine weiteren Beschränkungen, etwa auf Stichproben, bestimmte Datenparameter oder Zeiträume innerhalb des Prüfungszeitraums.

Die Revision des FA wies der Senat als unbegründet zurück. Die Aufforderung des FA an die Klägerin, im Rahmen der Außenprüfung ein sogenanntes Gesamtjournal in digitaler Form bereitzustellen, welches – vom FA im Einzelnen bestimmte – Informationen zu jedweder E-Mail-Korrespondenz der Klägerin und ihrer Mitarbeiter zu enthalten habe, sei bereits mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig. Das Vorlageverlangen in Bezug auf ein Gesamtjournal könne nicht auf § 147 Abs. 6 AO gestützt werden.