Zentralverband des
Deutschen Handwerks

Botschafter des Bodenhandwerks

Parkettlegermeister Ernst Müller wirbt mit seiner Initiative "Parkettleger on Tour" für seine Zunft und zeigt, dass sich traditionelle Handwerkstechniken prima mit moderner Technik verbinden lassen.
Ernst Müller konzentriert bei der Arbeit.

Ernst Müller konzentriert bei der Arbeit.

Meister Ernst Müller mag alte Gemäuer. Schloss Martinfeld etwa, im thüringischen Eichsfeld, malerisch am Fuß der steilen Ibenkuppe gelegen: Im Jahr 1611 als Herrensitz einer Adelsfamilie erbaut, ist das Schlösschen heute eine der schönsten Jugendherbergen in Thüringen – bezaubernd mit dem runden Treppenturm und den ausschweifenden Stuckarbeiten. 

Vor allem aber mag Ernst Müller die Parkettböden in diesem Renaissance-Kleinod. Dank seiner im Jahr 2012 gestarteten Initiative “Parkettleger on Tour" konnte er 18 Parkettlegerinnen und Parkettleger, zum guten Teil mit Meistertiteln, dafür gewinnen, unentgeltlich allein gegen Kost und Logis die Böden in drei Räumen in neuer Pracht wiederherzustellen. Und zudem erfreulich: Herbergsvater Jens Schrader konnte dadurch rund 100.000 Euro Renovierungskosten sparen.

Parkettboden mit Backgammon-Einlage

  • Projekt 2024 der  „Parkettleger on Tour“:  Schloss Martinfeld in  Thüringen.

    Projekt 2024 der "Parkettleger on Tour": Schloss Martinfeld in Thüringen.

  • Der neu verlegte  Parkettboden im Speisesaal  nach einem Muster von  Ernst Müller besteht aus etwa 4.200 Einzelteilen.

    Der neu verlegte Parkettboden im Speisesaal

    nach einem Muster von Ernst Müller besteht aus

    etwa 4.200 Einzelteilen.

Das sei wie ein Sechser im Lotto, jubelte Jens Schrader, der auch ehrenamtlicher Bürgermeister des 600-Seelen-Örtchens ist. Er hatte vom Engagement des ehemaligen Berufsschullehrers Ernst Müller gelesen und vorsichtig angefragt, ob die “Parkettleger on Tour” im Speisesaal der Herberge den völlig durchgetretenen Parkettboden auffrischen könnten. “Wir kommen”, lautete die Antwort und so rückten die Ehrenamtlichen sechs Tage lang im Juni 2024 an. Die Parkett-Profis haben allerfeinste, filigrane Arbeit geleistet: nicht nur im holzwurmgeschädigten Speisesaal, sondern auch noch in zwei weiteren Räumen. Ein Boden erhielt aus mehr als 4.000 akkurat zugeschnittenen Elementen ein traumschönes Flechtmuster und den angrenzenden Flur zieren nun ein Backgammon- und ein Schachbrettmuster. “Nie hätte ich gedacht, wie kunstvoll Parkett gelegt werden kann”, staunte Jens Schrader.

Auch in Zukunft ambitionierte Parkettböden legen

“Mission erfüllt!”, lacht Ernst Müller. Denn genau das will der ehemalige Berufsschullehrer der Gewerblichen Schulen Ehingen, der auch einen eigenen Betrieb in seinem Wohnort Allmendingen führte: Menschen zum Staunen bringen, Menschen glücklich machen. Die Initiative tourt durch Deutschland, versteht sich als Botschafter des Bodenhandwerks. Bereits während seiner Zeit an der Berufsschule hat Ernst Müller sich im Rahmen von “Deutsches Handwerk hilft” engagiert. Mit dem von ihm gegründeten Verein “Parkettleger on Tour” will der Parkettlegemeister, der in den 1970-er-Jahren im väterlichen Betrieb sein Handwerk gelernt hat, deutlich machen, dass außergewöhnlich schmuckvolle Fußböden keineswegs Vergangenheit sind. Parkettlegerinnen und Parkettleger wollen auch in Zukunft für langlebige, ästhetisch hochwertige Böden sorgen. Im Gespräch mit Ernst Müller wird deutlich, wie sehr es ihn fuchst, wenn seine Kunst mit schnödem Fertigparkett aus dem Baumarkt verglichen wird. Wer eine Ausbildung zur Parkettlegerin oder zum Parkettleger absolviert, hat deutlich mehr drauf: Expertise für diverse Untergründe, Spezialkenntnisse rund ums Holz und kunstfertige Verlegetechniken, Intarsien aus edlen Hölzern, aufwendiges Fischgrätmuster oder raumlange Dielen aus Douglasie.

“Wir werben für unsere Zunft, wir stellen im Verein aber gleichzeitig auch unsere Arbeitskraft in den Dienst der Allgemeinheit”, erläutert Ernst Müller in seiner zurückhaltenden Art. “Wir arbeiten unentgeltlich und dank unseres Netzwerks bringen wir sogar das Material mit. Das wird von Firmen gespendet.” Diese Ausgangslage verlangt von den Ehrenamtlichen höchste Flexibilität und Kreativität. Für die meisten in Müllers Gruppe sind die ehrenamtlichen Aufgaben eine willkommene Abwechslung vom klassischen Mosaikparkett oder von Laminatböden.

Den Nachwuchs begeistern und ihm etwas zutrauen

  • Parkettleger on Tour
  • Azubis bei Parkettleger on Tour

    Dem Verein ist es auch ein Anliegen, Auszubildenden Einblick in Techniken und Arbeitsweisen traditioneller Handwerkskunst zu bieten.

Liebe zum Handwerk, Kreativität und Teamplay – das gilt nicht nur für den gemeinnützigen Verein, das war auch Ernst Müllers Erfolgsformel an der Berufsschule Ehingen. Dort, auf der Schwäbischen Alb, hat der gebürtige Rheinland-Pfälzer 42 Jahre bis zu seinem „Unruhestand“ im Jahr 2020 als Technischer Lehrer unterrichtet. Er hat Fachwissen vermittelt und darüber hinaus auch das Ziel verfolgt, die Auszubildenden zum selbstständigen Handeln und freien Denken zu ermutigen. Es klingt väterlicher Stolz durch, wenn er schildert, wie Azubis sich in ihrer Persönlichkeit weiterentwickeln: “Lässt man junge Leute machen und traut ihnen etwas zu, sind sie am Ende stolz auf die eigene Leistung. Mein Ehrgeiz war immer, für einen Beruf zu begeistern, der viele Freiheiten bereithält. Man kommt viel rum, entscheidet viel selbst, wird täglich neu gefordert und trägt Verantwortung.”

Was der Berufsschullehrer Müller hingegen nie mochte, waren die alten Sprüche im Handwerk, wie “Lehrjahre sind keine Herrenjahre” oder “unter Druck entstehen Diamanten”. “Wenn wir im Handwerk die junge Generation begeistern wollen, müssen wir etwas Positives bieten – ihnen etwas zutrauen und sie begleiten, wenn es mal knifflig wird. Man muss ihnen aufzeigen, was alles möglich ist. Das heißt nicht, dass wir sie nicht fordern dürfen. Selbstverständlich muss der Nachwuchs Anstrengung und Durchhaltewillen mitbringen – das geht aber eben auch ohne Druck.” 

Sein pädagogischer Ansatz scheint funktioniert zu haben, denn viele der “Parkettleger on Tour” haben früher bei ihm auf der Berufsschulbank gesessen. Inzwischen sind sie es, die dem Nachwuchs traditionelle Handwerkstechniken vermitteln. Denn die “Parkettleger on tour” wollen ja nicht nur Böden sanieren, sondern auch Auszubildenden Einblick in bewährte Handwerkskunst bieten. Dass es selbst für Nachwuchs-Profis immer noch etwas dazuzulernen gibt, weiß auch Lisa Tiepelmann. Die Parkettleger-Bundessiegerin 2022 und Euro-Skills-Teilnehmerin 2023 ist inzwischen Gesellin und hat das Team auf Schloss Martinfeld verstärkt. “Sie ist eine unschätzbare Bereicherung für uns”, sagt Ernst Müller und strahlt.

Jahrbuch 2025

Diese Handwerk-Story wurde zuerst im ZDH-Jahrbuch 2025 veröffentlicht. Das Jahrbuch steht unter dem Motto "Zukunft kommt von Können. Und wir können alles, was kommt." Es zeigt: Das Handwerk ist innovativ, vielfältig und kompetent und übernimmt gesellschaftliche Verantwortung.

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