Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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31.08.2021

Verwendung einer Excel-Tabelle führt nicht zwingend zu einem Mangel der Kassenführung

Das Finanzgericht Münster hat kürzlich entschieden, dass die Erfassung von Bareinnahmen in einer Excel-Tabelle bei Verwendung einer elektronischen Registrierkasse keinen Mangel darstellt, wenn ansonsten alle Belege in geordneter Form vorliegen.
Ausschnitt einer Kasse, vor der eine Person mit einem Geldschein in der Hand steht.

Hintergrund

Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO). Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen, die der Steuerpflichtige nach den Steuergesetzen zu führen hat, der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden. Gemäß § 158 AO sind die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der § 140 bis 148 AO entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass ist, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden.

Sachverhalt

Dem Urteil (Az. 1 K 2214/17 E,G,U,F) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin betrieb in den Streitjahren 2011 bis 2013 einen Irish Pub mit Getränke- und Speisenangebot. Sie ermittelte ihren Gewinn durch Bilanzierung und verwendete für die Erfassung der Bareinnahmen im Pub eine elektronische Registrierkasse. Die in den vollständig vorliegenden Z‑Bons ausgewiesenen Einnahmen übertrug die Klägerin unter Ergänzung von Ausgaben und Bankeinzahlungen in eine Excel-Tabelle, mit der sie täglich den Soll- mit dem Ist‑Bestand der Kasse abglich. Darüber hinausgehende Kassenberichte erstellte die Klägerin nicht.

Außerhalb des regulären Betriebs nahm die Klägerin auch an Sonderveranstaltungen teil, bei denen sie Erlöse aus dem Verkauf über Außentheken erzielte. Hierfür nutzte sie teilweise geliehene elektronische Registrierkassen, deren Einnahmen die Klägerin in der gleichen Form erfasste wie die Erlöse im Haus. Teilweise erfasste sie Bareinnahmen aber auch in offenen Ladenkassen, für die sie keine Kassenberichte führte. Die Einnahmen der Sonderveranstaltungen trug sie ebenfalls in die Excel-Tabelle ein.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung beanstandete das Finanzamt insbesondere die Verwendung der Excel-Tabelle im Rahmen der Kassenführung. Wegen der jederzeitigen Änderbarkeit erfülle die Verwendung eines solchen Computerprogramms nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung und nahm eine Schätzung vor.

Der erkennende 1. Senat des Finanzgerichts Münster hat der Klage überwiegend stattgegeben und führt in den Urteilsgründen hierzu u. a. wie folgt aus: „Die Buchführung und die Aufzeichnungen der Klägerin sind nach dem Gesamtbild aller Umstände des Einzelfalls formell ordnungswidrig, soweit Umsätze aus dem Verkauf von Gutscheinen betroffen sind und die Klägerin im Rahmen der Sonderveranstaltungen offene Ladenkassen eingesetzt und keine täglichen Kassenberichte auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens der Bareinnahmen erstellt hat. Die übrigen Einzelfeststellungen der Prüferin führen weder für sich noch in ihrer Gesamtheit dazu, dass die Buchführung und die Aufzeichnungen der Klägerin formell ordnungswidrig sind.

Entgegen der Auffassung des Beklagten führt bereits die Verwendung eines Excel-Dokuments für einen täglich durchgeführten Kassensturz nicht dazu, dass die Klägerin ihre Kasseneinnahmen und Kassenausgaben nicht entsprechend einer ordnungsmäßigen Buchführung täglich festgehalten hat. Hiermit liegt kein Verstoß gegen § 146 Abs. 1 Satz 2 AO oder § 146 Abs. 4 AO vor. (…)

Die Klägerin hielt die im Zusammenhang mit dem regulären Gaststättenbetrieb – ohne Sonderveranstaltungen – anfallenden Kasseneinnahmen – dokumentiert durch Bediener- bzw. Finanzberichtbons – und die Kassenausgaben – dokumentiert durch Quittungen und sonstige Belege – durch eine geordnete Ablage der entsprechenden Belege fest. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Es bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, dass diese im Zusammenhang mit dem regulären Betrieb anfallenden Belege von der Klägerin nicht vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet ablegt worden sind. Demzufolge entspricht die Festhaltung der Kasseneinnahmen und Kassenausgaben insoweit den in den Gesetzesmaterialien und der einschlägigen Rechtsprechung des BFH zu § 146 Abs. 1 Satz 2 AO enthaltenen Voraussetzungen an eine ordnungsmäßige Buchführung.

Da die Klägerin insoweit keine offene Ladenkasse, sondern eine elektronische Registrierkasse nutzte, ist ein täglich erstellter Kassenbericht nach dem BFH-Urteil vom 20.03.2017 X R 11/16, BFHE 258, 272 nicht erforderlich. Die in den geordnet ablegten Belegen enthaltenen Daten sind auch nicht jederzeit, ohne weiteres und ohne Kenntlichmachung veränderbar. Ein Verstoß gegen § 146 Abs. 4 Satz 1 AO scheidet bezüglich dieser (Original-)Belege aus.

Bei Einsatz einer elektronischen Registrierkasse kann ein Festhalten der Kasseneinnahmen und Kassenausgaben gemäß § 146 Abs. 1 Satz 2 AO auch durch eine geordnete Ablage der Belege erfolgen. Vom Steuerpflichtigen für Zwecke eines täglichen Kassensturzes darüber hinaus erstellte überobligatorische Kassenberichte in Form eines Excel-Dokuments stehen einer ordnungsmäßigen Buchführung nicht entgegen. Die Klägerin führte zusätzlich zum gemäß § 146 Abs. 1 Satz 2 AO erforderlichen Festhalten der Kasseneinnahmen und Kassenausgaben einen täglichen Kassensturz durch, um den Soll- mit dem Ist-Bestand abzugleichen. Hierfür nutzte sie ein Excel-Dokument, indem sie die in den geordnet abgelegten Belegen enthaltenen Daten zu Kasseneinnahmen und Kassenausgaben verarbeitete. Dieser nach den gesetzlichen Vorgaben nicht erforderliche, von der Klägerin für ihre Zwecke täglich durchgeführte Kassensturz nimmt der Buchführung nicht ihre formale Ordnungsmäßigkeit. (…)“

Darüber hinaus führt der Senat aus, dass sich bei Einsatz mehrerer Kassen Mängel beim Einsatz einer Kasse aufgrund der insoweit gebotenen kassenscharfen Betrachtungsweise sich grundsätzlich nicht auf die anderen eingesetzten Kassen auswirken. Vielmehr seien die Mängel kassenscharf zu betrachten und differenziert zu gewichten. Der hinsichtlich bei den Sonderveranstaltungen eingesetzten offenen Ladenkassen vorliegende Buchführungsmangel wirke sich demzufolge nur auf die Kassenführung der offenen Ladenkassen bei Sonderveranstaltungen aus. Soweit die Klägerin im Rahmen von Sonderveranstaltungen offene Ladenkassen eingesetzt und keine täglichen Kassenberichte auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens der Bareinnahmen erstellt hat, läge keine ordnungsmäßige Buchführung vor. Ein solcher Buchführungsmangel habe erhebliches Gewicht, so dass eine Schätzungsbefugnis gegeben sei.

Hinweis

Die Entscheidung enthält weitere interessante Ausführungen zur Erfassung von Gutscheinen und zu der Programmierung von elektronischen Registrierkassen, insbesondere der Datumsumschaltzeit.

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