Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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09.02.2023

Solidaritätszuschlag und kein Ende?

Der BFH ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Solidaritätszuschlag in den Jahren 2020 und 2021 eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe ist.
Fassade des Bundesfinanzhof in München

Der Solidaritätszuschlag wurde 1995 als Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer eingeführt, um die Finanzierung des Solidarpaktes I und II sicherzustellen. Hieraus erhalten die ostdeutschen Bundesländer und Berlin nach der Wiedervereinigung zusätzliche Mittel, um Infrastrukturlücken zu schließen, die schlechtere finanzielle Ausstattung der Kommunen auszugleichen und den wirtschaftlichen Aufholprozess zu stärken.

Allerdings ist zum Ende des Jahres 2019 der Solidarpakt II endgültig ausgelaufen. Zudem fließen nur noch etwa 20 Prozent aus dem Aufkommen des Zuschlags von rund 19 Milliarden Euro in die ostdeutschen Bundesländer und Berlin. Nachdem der Solidaritätszuschlag per Gesetz zum 1. Januar 2021 zurückgeführt wurde, werden rund 90 Prozent der Zahler der veranlagten Einkommensteuer und der Lohnsteuer nicht mehr mit dem Solidaritätszuschlag belastet. Seitdem zahlen folglich nur noch die einkommensstärksten zehn Prozent den Solidaritätszuschlag. In den vergangenen Jahren ist daher darüber diskutiert worden, ob die Erhebung dieser Ergänzungsabgabe aufgrund des ausgelaufenen Solidarpaktes II und auch im Hinblick auf den grundgesetzlich garantierten Gleichheitsgrundsatz überhaupt verfassungsgemäß ist.

Der Bundesfinanzhof ist nun in einer vielbeachteten Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich in den Jahren 2020 und 2021 beim Solidaritätszuschlag um eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe handelte und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht insoweit nicht erforderlich sei. Zwar erkennt der BFH an, dass Ergänzungs­abgaben von Verfassungswegen gewissen Einschränkungen - beispielsweise bei der Dauer der Erhebung – unterliegen, jedoch ist diese für den BFH auch 26 bzw. 27 Jahre nach der Einführung noch nicht abgelaufen. Allerdings sollte diese nach Auffassung des BFH spätestens nach einer Generation bzw. nach 30 Jahren wegfallen.

Auch einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG können die Richter nicht erkennen, auch wenn ab dem Jahr 2021 aufgrund der erhöhten Freigrenzen nur noch die Bezieher höherer Einkommen mit Solidaritätszuschlag belastet werden. Nach den Ausführungen der Richter ist die darin liegende Ungleichbehandlung gerechtfertigt, da bei Steuern, die wie die Einkommensteuer und damit auch der Solidaritätszuschlag an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zulässig sei.

Das nunmehr vorliegende Urteil des BFH ist aus Sicht des ZDH bedauerlich. Denn gerade wirtschaftlich erfolgreiche Handwerksunternehmen oder Gesellschafter von Personen­gesellschaften werden durch den Solidaritätszuschlag neben der ohnehin hohen ertrag­steuerlichen Belastung zusätzlich wirtschaftlich belastet. Auch ist das Gericht aus Sicht des ZDH nicht in ausreichendem Maße darauf eingegangen, dass bei Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH) bereits ab dem ersten Euro Gewinn der Solidaritätszuschlag erhoben wird, während bei natürlichen Personen eine hohe Freigrenze nebst Übergangszone zur Anwendung kommt. Durch diese Zusatzbelastung fehlt unseren Handwerksbetrieben oftmals das Geld für dringend notwendige Investitionen, die nicht zuletzt für Digitalisierung oder Klimaschutz erforderlich wären.

Insoweit bleiben die Zweifel des ZDH an der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritäts­zuschlages trotz der Ausführungen des obersten Finanzgerichtes weiterhin bestehen. Es bleibt insoweit abzuwarten, ob die Kläger ihrerseits nun das Bundesverfassungsgericht anrufen werden oder sich aufgrund der vom BFH aufgezeigten roten Linie von 30 Jahren für die Erhebung einer Ergänzungsabgabe – die 2025 erreicht wäre – eine politische Lösung findet.

Der ZDH macht sich jedenfalls weiterhin dafür stark, dass der Solidaritätszuschlag so schnell wie möglich auch für die noch verbliebenen Zahler abgeschafft wird und den Betrieben mehr Liquidität zur Verfügung steht.

Ihr ZDH-Steuerteam