Praxis Recht - Gewährleistung nach Betriebsaufgabe und -verkauf
Worum geht es?
Handwerksbetriebe, die Werkleistungen erbringen oder Waren verkaufen, können mit Gewährleistungsansprüchen konfrontiert werden, wenn Mängel am Werk oder an den Waren auftreten. Wird ein Handwerksbetrieb aufgegeben, während Gewährleistungsfristen noch laufen, stellt sich die Frage, ob die Gewährleistungshaftung nach der Betriebsaufgabe weiter besteht. Wird ein Handwerksbetrieb verkauft und vom Erwerber fortgeführt, spielt die Art des Unternehmensverkaufs eine wesentliche Rolle für das Schicksal von Altverbindlichkeiten, wie etwa Gewährleistungsansprüchen.
Betriebsaufgabe
- Einzelunternehmen
Bei einem Einzelunternehmen haftet der frühere Inhaber nach der Betriebsaufgabe persönlich für Gewährleistungsansprüche bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist. Wenn die Arbeiten wegen fehlender Betriebsausstattung nicht mehr selbst ausgeführt werden können, muss ein anderer Betrieb auf eigene Kosten beauftragt werden.
- GmbH / UG (haftungsbeschränkt)
Bei einer GmbH / UG (haftungsbeschränkt) wird nach erfolgreicher Anmeldung der Auflösung und des Liquidators (dies ist grundsätzlich der Geschäftsführer) im Handelsregister in der Regel ein Gläubigeraufruf im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht, mit dem Gläubiger über die Auflösung und die Gelegenheit zur Geltendmachung offener Forderungen informiert werden. Ab dem Tag der Veröffentlichung des Gläubigeraufrufs beginnt ein Sperrjahr. Innerhalb dieses Sperrjahres darf das Gesellschaftsvermögen nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden und jede Vermögensverteilung ist unzulässig. Bekannte Gewährleistungsverpflichtungen sind im Laufe des Sperrjahres entweder zu erfüllen oder zu sichern. Sofern der Betrag bekannt ist, kann die Sicherung beispielsweise durch Hinterlegung von Geld oder durch Bürgschaften erfolgen. Erfolgt keine Sicherung, haftet der Liquidator. Als bekannte Verbindlichkeiten im Rahmen der Gewährleistung gelten solche, für die konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich Mängelansprüchen vorliegen.
Nach Ablauf des Sperrjahres darf das Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter ausgeschüttet und das Erlöschen der Gesellschaft im Handelsregister angemeldet werden. Gläubiger, die nach Ablauf des Sperrjahres und nach vollständiger Aufteilung des Gesellschaftsvermögens bis zu diesem Zeitpunkt unbekannte Gewährleistungsansprüche anmelden, können diese nicht mehr durchsetzen.
- Personengesellschaften (KG, OHG, GbR)
Soll eine KG, OHG oder GbR aufgelöst werden, sind die maßgeblichen Liquidationsvorschriften zu beachten. Bei der Auflösung einer KG oder OHG ist der Beginn und die Beendigung der Liquidation zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden. Sodann sind insbesondere laufende Geschäfte zu beenden und Verbindlichkeiten zu erfüllen. Danach sind Überschüsse des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter auszuschütten. Sind alle Geschäfte beendet, Verbindlichkeiten getilgt und das Gesellschaftsvermögen vollständig verteilt, endet die Liquidation und es tritt die Formalbeendigung der Gesellschaft ein. Gewährleistungsansprüche, die vor der Formalbeendigung der Gesellschaft bereits angemeldet worden sind, die also dem Grunde nach bekannt sind, sind während der Liquidation der Gesellschaft abzuwickeln. Reicht das Gesellschaftsvermögen bei Personengesellschaften nicht zur Begleichung der Verbindlichkeiten, haben die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältnis ihrer Gesellschaftsanteile aufzukommen.
Gewährleistungsansprüche, die erst nach der Formalbeendigung der Gesellschaft bekannt werden, bleiben bestehen. Zu beachten ist:
- Bei der GbR und der OHG haften die (ehemaligen) Gesellschafter weiterhin persönlich mit ihrem Vermögen für Gewährleistungsansprüche. Begleicht ein Gesellschafter die Verbindlichkeit, sind die anderen Gesellschafter ihm gegenüber zum anteiligen Ausgleich verpflichtet.
- Bei der KG haftet der Komplementär weiterhin persönlich mit seinem Vermögen in voller Höhe für Gewährleistungsansprüche. Kommanditisten haften nicht mit ihrem Privatvermögen, soweit die Einlagen erbracht wurden, ansonsten bis zur Höhe der gesellschaftsvertraglichen Haftungssumme.
Betriebsfortführung nach Verkauf
Die Veräußerung eines Handwerkbetriebs kann grundsätzlich in zwei Varianten erfolgen, die unterschiedliche Auswirkungen auf Altverbindlichkeiten wie Gewährleistungsansprüche haben:
- Beim sog. Share-Deal wird ein Unternehmen (als eigenständiger Rechtsträger) als Ganzes oder anteilig verkauft. Die Gesellschaft hat weiter Bestand und es findet lediglich ein Inhaberwechsel statt. Im Rahmen eines Share-Deals können grundsätzlich sämtliche Unternehmensformen verkauft werden. Eine Ausnahme bilden allerdings Betriebe, die von Einzelunternehmern geführt werden.
- Sofern der Betrieb von einem Kaufmann im Sinne des HGB erworben und der Betrieb unter dem bisherigen oder einem ähnlichen Namen fortgeführt wird, werden beim Share Deal sämtliche bekannten und unbekannten Verbindlichkeiten übernommen und der Erwerber daher dem Haftungsrisiko für Gewährleistungsansprüche, ausgesetzt.
Praxistipp: Um eine weitreichende Haftung zu vermeiden, kann eine Vereinbarung mit dem Veräußerer getroffen werden, wonach der Erwerber nicht für Altverbindlichkeiten haftet. Damit diese Vereinbarung gegenüber Dritten wirksam ist, muss diese Vereinbarung in das Handelsregister eintragen und bekanntgemacht werden bzw. Dritten gegenüber mitgeteilt worden sein. |
- Wird ein Betrieb von einem Kaufmann im Sinne des HGB erworben und die Firma nicht unter der bisherigen oder einer ähnlichen Geschäftsbezeichnung weitergeführt, haftet der Erwerber für Verbindlichkeiten des Veräußerers nur, wenn sich der Erwerber hierzu besonders verpflichtet hat. Der frühere Inhaber haftet nach Veräußerung des Betriebs grundsätzlich fünf Jahre für Altverbindlichkeiten.
- Sofern der Betrieb im Rahmen eines Share-Deals von einem Nicht-Kaufmann (zum Beispiel von einer nicht kaufmännisch betriebenen GbR) erworben und der Betrieb unter dem bisherigen Namen fortgeführt wird, kann den Erwerber unter Umständen eine sogenannte Rechtsscheinhaftung für bisherige Verbindlichkeiten, wie etwa Gewährleistungsansprüche, treffen. Diese Haftung kann jedoch ausgeschlossen werden, indem in geeigneter Weise bekanntgegeben wird, dass Schulden des Veräußerers nicht übernommen werden.
Praxistipp: Die Bekanntgabe kann beispielsweise durch einen gut sichtbaren Aushang im Geschäftslokal erfolgen. |
- Beim sog. Asset-Deal wird, anders als beim Share-Deal, nicht der Rechtsträger, sondern einzelne Wirtschaftsgüter des Betriebs übertragen (z.B. Grundstücke, Gebäude, Anlagen, Maschinen, Rechte, Patente, Kundendaten und Vorräte). Der Erwerber hat eine Wahlmöglichkeit, welche Assets gekauft werden sollen. Veräußert beispielsweise eine GmbH ihre wesentliche Geschäftsausstattung im Rahmen eines Asset-Deals, verbleibt der Rechtsträger, die GmbH, bei ihren Gesellschaftern, da gerade nicht die Geschäftsanteile an der GmbH übertragen werden. Bei einem Asset-Deal besteht das Risiko der Übernahme von Gewährleistungsansprüchen nur, sofern im Wege einer Schuldübernahme laufende Verträge vom Erwerber übernommen werden (z. B. Wartungsverträge oder laufende Bauprojekte).
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Bitte beachten
Bei den hier zur Verfügung gestellten Informationen handelt es sich um allgemeine Hinweise zu handwerksrelevanten Rechtsthemen. Darüberhinausgehende Informationen und insbesondere individuelle Beratungen sind dem ZDH nicht gestattet. Bitten nutzen Sie bei weitergehenden Fragen zu den hier dargestellten Themen die Beratungsangebote Ihrer Handwerksorganisation vor Ort (Handwerkskammern, Innungen und Fachverbände).