Wirtschaftspolitik braucht Verlässlichkeit und weitere Reformen

Foto: ZDH/Henning Schacht
"Die neue Bundesregierung ist mit Tempo und ersten wirtschaftspolitischen Impulsen in ihre Amtszeit gestartet. Das Investitionssofortprogramm und der Wohnbau-Turbo sind positive Signale und greifen zentrale Forderungen des Handwerks auf, sie können allerdings nur der Auftakt für weitere dringend notwendige Reformen sein. Vor allem muss die neue Regierung deutlich stärker als bislang ihre Politik mittelstandsorientiert ausrichten.
Wer – wie die neue Regierung – in dieser Größenordnung neue Schulden aufnimmt, übernimmt Verantwortung und steht in der Pflicht, das Geld konsequent in zukunftsgerichtete Investitionen zu lenken. Konsumtive Ausgaben sind keine Antwort auf die strukturellen Herausforderungen des Standorts. Die Bundesregierung muss jeden Euro so einsetzen, dass er langfristig Wertschöpfung und Wachstum sichert. Das ist nicht nur ökonomisch notwendig, sondern eine Frage der Generationengerechtigkeit.
Auch wenn die wirtschaftspolitische Grundausrichtung stimmt, hat es in den ersten Wochen leider an Verlässlichkeit gefehlt. Der Rückzieher bei der für alle versprochenen Stromsteuersenkung hat Vertrauen beschädigt. Das hatten gerade auch viele Handwerksbetriebe dem Aufbruch der neuen Regierung entgegengebracht. Verlässlichkeit ist aber in unsicheren Zeiten das Fundament für Investitionsentscheidungen. Wird dieser Grundsatz verletzt, entsteht Unsicherheit und die ist Gift für jede wirtschaftliche Erholung.
Die Regierung sollte die parlamentarische Sommerpause nutzen, um klare wirtschaftspolitische Prioritäten für die zweite Jahreshälfte zu setzen und diese entschlossen abzuarbeiten. An zügigen Strukturreformen führt kein Weg vorbei. Finanzspritzen allein reichen nicht aus, um den Standort zu sichern. Notwendig sind der Abbau überbordender Bürokratie, eine praxisgerechte Flexibilisierung der Arbeitszeitregelungen, beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie eine tragfähige und generationengerechte Neuausrichtung der sozialen Sicherungssysteme. Zudem wichtig sind eine entschlossene Fachkräftesicherung und eine deutliche Stärkung der beruflichen Bildung als Schlüssel für Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftssicherung. Dringender Handlungsbedarf besteht bei den sozialen Sicherungssystemen, die reformiert und generationengerecht, solide und verlässlich gemacht werden müssen. Dafür braucht es eine ehrliche Diskussion darüber, was notwendig und was dauerhaft finanzierbar ist. Bundeskanzler Merz hat entsprechende Reformvorhaben für den Herbst angekündigt. Das ist richtig und ein wichtiges Signal. Entscheidend wird sein, ob diesen Ankündigungen konkrete Umsetzungsschritte folgen. Das Handwerk wird genau hinsehen. Vertrauen entsteht nicht durch Worte, sondern durch Handeln. Und daran wird sich die Bundesregierung in den kommenden Monaten messen lassen müssen."