Zentralverband des
Deutschen Handwerks
Zentralverband des
Deutschen Handwerks
19.04.2023

Energiewende erfordert Bildungswende

ZDH-Präsident erklärt in einem Gastbeitrag für die "Fuldaer Zeitung", warum ein deutlicher Bürokratieabbau und vor allem eine Bildungswende Voraussetzungen dafür sind, dass die Energiewende gelingt:
ZDH-Präsident Jörg Dittrich

Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks

"Die Energiewende ist eines der zentralen Zukunftsprojekte in Deutschland. Das Handwerk ist der Umsetzer und packt kräftig an: Solarpaneele und E-Ladesäulen installieren, Heizungen tauschen, Häuser energetisch sanieren: Wer hauptberuflich an der Energiewende und beim Klimaschutz tätig sein will, kommt am Handwerk nicht vorbei. In rund 30 Gewerken arbeiten bereits heute 450.000 Handwerksbetriebe mit fast 2,5 Millionen Männern und Frauen am Klimaschutz.
 
Doch was heißt Energiewende eigentlich? Es geht um nicht weniger, als die Energieversorgung in Deutschland grundlegend umzustellen und sie klimaverträglich zu machen. Dabei muss aber immer auch im Blick behalten werden, dass eine sichere und verlässliche Versorgung mit Energie weiter gewährleistet bleiben muss. Der Energiepreis spielt zudem eine bedeutende Rolle bei der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Und seit dem russischen Angriffskrieg ist klar, dass es auch darum gehen muss, bei der Energieversorgung weniger Abhängigkeiten zu haben oder sich möglichst autark aufzustellen.
 
Hauptpfeiler der Energiewende ist die Dekarbonisierung – wir wollen und müssen unseren CO2-Ausstoß reduzieren. Ambitionierte Ziele – sei es beim Ausbau der Erneuerbaren Energien oder bei der Wärmeversorgung von Gebäuden – sind daher grundsätzlich richtig und wichtig. Bevor diese aber vorschnell in Gesetze mit möglicherweise unrealistischen Vorgaben gegossen werden, sollte sich die Politik stets die folgenden Fragen stellen: Sind die geplanten gesetzlichen Regelungen geeignet, um CO2 zu reduzieren? Sind sie zwingend erforderlich, oder gibt es vielleicht ökonomisch oder ökologisch bessere Wege, um dieses Ziel zu erreichen? Und zuletzt: Sind die Regelungen angemessen oder schießen sie über das Ziel hinaus? So macht etwa das reine Zählen von Wärmepumpen weder ökonomisch noch ökologisch Sinn. Wärmepumpen sind keineswegs in jedem Gebäude der ökologisch effizienteste Weg, vielmehr muss immer auch der energetische Gesamtzustand, Gebäudetechnik, Dämmung und vieles mehr mit in den Blick genommen werden. Auch die soziale oder finanzielle Überforderung darf nicht zum Scheitern der Energiewende führen.
Wir brauchen das bei den LNG Terminals geübte neue „Deutschland-Tempo“ vor allem beim Bürokratieabbau und nicht beim Erlass von unausgereiften und wenig praxistauglichen Gesetzen. Beim Bürokratieabbau muss sich die Bundesregierung mindestens so ambitionierte Ziele vornehmen wie bei den Solaranlagen oder den Wärmepumpen.
 
Wer die Energiewende will, muss das Handwerk stärken: Schon heute fehlen im Handwerk rund 250.000 Fachkräfte – Tendenz steigend. Damit die Energiewende erfolgreich wird, brauchen wir noch viel mehr junge Menschen, die sich in einem Handwerksberuf ausbilden lassen. Das wird nur mit einer größeren Wertschätzung für die berufliche Ausbildung und die berufspraktische Arbeit gelingen. Nötig ist ein Umdenken in der Bildungspolitik, nötig ist neben der Energiewende auch eine Bildungswende. Akademische und berufliche Bildungswege müssen endlich ideell und finanziell gleichwertig behandelt werden, damit sie gleichermaßen attraktiv für junge Menschen sind. Gleichermaßen wichtig für die Umsetzung der Energiewende sind sie allemal."

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