Anerkennung für das Handwerk

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"Eine Ausbildung im Handwerk kann der erste Schritt einer guten Karriere sein." Das berichtet Dr. Volker Born, Leiter der Abteilung Berufliche Bildung beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), im Interview mit Andrea Birrenbach von LandInForm.
Herr Dr. Born, was hemmt Jugendliche, ein Handwerk zu erlernen?
Vielen Jugendlichen und ihren Eltern ist nicht klar, welche Karrierechancen und Verdienstmöglichkeiten das Handwerk bietet, und dass diese Optionen denen eines Hochschulstudiums vielfach in nichts nachstehen. Viele wissen gar nicht, wie vielfältig die Tätigkeiten und Potenziale sind, die in den Handwerksberufen stecken. Nehmen wir das Thema Klima, das Jugendliche heute stark bewegt: Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik zum Beispiel arbeiten an der Energiewende mit. Sie installieren, warten und reparieren Wärmepumpen oder beraten Bauherren, die ein Miniblockheizkraftwerk nutzen und Energie in die regionale Energieversorgung der Kommune einspeisen möchten. Das sind Tätigkeiten, die selten mit einem Handwerksberuf in Verbindung gebracht werden, aber eben doch Handwerk pur sind. Bei neuen Berufen müssen wir zeigen, wie stark sie mit der Digitalisierung zusammenhängen: Als Elektroniker für Gebäudesystemintegration baut man am Smart Home mit. Vor allem in den Schulen muss darüber mehr und besser informiert werden.
Welche Rolle spielen die Zukunftsaussichten für junge Menschen?
Jugendliche suchen zukunftssichere Jobs mit Entwicklungsmöglichkeiten und Entscheidungsoptionen. Dabei sind Image oder Bedeutung eines Berufes nicht unerheblich. Und Bezeichnungen von Berufen und Abschlüssen spielen durchaus eine Rolle. Auch hier haben wir angesetzt, um klarzumachen: eine Ausbildung kann der erste Schritt einer guten Karriere sein. Mit dem neuen Berufsbildungsgesetz wurde 2020 der „Bachelor Professional“ eingeführt: Das steht jetzt auf dem Zeugnis und macht die Gleichwertigkeit eines Meisterabschlusses mit der Hochschulausbildung deutlich. Zudem gibt es das BerufsAbitur, das duale und triale Studium: Solche Angebote sind darauf ausgelegt, dass man nicht nur einen, sondern gleichzeitig mehrere Abschlüsse macht. Das richtet sich vor allem an leistungsinteressierte Jugendliche. Wir müssen diese neuen Titel und Möglichkeiten noch bekannter machen und Jugendlichen damit klar signalisieren: Mit einer Ausbildung im Handwerk ist man noch lange nicht am Ende seiner beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten.
Was tun Sie als ZDH dafür, den Nachwuchs von den Vorteilen eines handwerklichen Berufs zu überzeugen?
Wir werben seit über zehn Jahren mit einer Imagekampagne für das Handwerk. Wir versuchen, schon Kindern sehr früh zu zeigen, was Handwerker machen, etwa durch Kitawettbewerbe oder durch eine Kooperation mit der Initiative „Haus der kleinen Forscher“. Auch Ausbildungsbotschafter übernehmen eine wichtige Rolle, indem sie von ihren Berufen erzählen. Derzeit laufen wieder die Wettkämpfe im Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks „Profis leisten was“ (PLW), Europas größtem Berufswettbewerb. Das sind nur einige der Aktivitäten, mit denen wir jungen Menschen zeigen wollen, wie wertvoll und erfüllend eine berufliche Tätigkeit im Handwerk ist.
Was könnte die Politik tun, um das Handwerk als Ausbildungsberuf attraktiver zu machen?
Wir brauchen mehr Unterstützung der Politik, damit Ausbildung und Studium wirklich und durchgängig gleichwertig werden. Auch ganz praktisch: Das Semesterticket für Studierende sollten auch Azubis bekommen, genauso Plätze in Wohnheimen. Das wäre ein Baustein, der dazu beitragen würde, den Status von Studierenden und Auszubildenden anzugleichen. Zudem fehlt eine gleichwertige Begabtenförderung im Bereich der beruflichen Bildung. Die Bunderegierung müsste klarer Flagge zeigen, damit sich das Bild der Ausbildungsberufe in der öffentlichen Wahrnehmung verändert. Denn eines ist gewiss: Nur mit genügend beruflich qualifizierten Fachkräften werden wir die anstehenden Zukunftsaufgaben beim Klima- und Umweltschutz, bei SmartHome und E-Health meistern können.
Herr Dr. Born, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Andrea Birrenbach.