KI in der Ausbildung eröffnet Chancen für Azubis im Handwerk

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Welche Relevanz hat das Thema Künstliche Intelligenz aus Ihrer Sicht heute schon für Handwerksbetriebe?
Künstliche Intelligenz ist in vielen Handwerksbetrieben bereits fester Bestandteil des Arbeitsalltags. Als hilfreiches Werkzeug kann KI bei handwerklichen Tätigkeiten unterstützen und neue Impulse zur Optimierung von Arbeitsprozessen setzen, sei es bei der Datenerfassung, der Planung von Arbeitsprozessen oder in der Kundenkommunikation. Klar ist aber auch: KI kann handwerkliches Können und handwerkliche Fähigkeiten bisher nicht ersetzen. Das zeigt, wie zukunftsfest das Handwerk gegenüber anderen Branchen ist. Auf der einen Seite können Handwerkerinnen und Handwerker von dieser technologischen Neuerung profitieren, zum Beispiel bei unliebsamen Verwaltungsaufgaben, auf der anderen Seite ist die handwerkliche Tätigkeit selbst nicht durch KI substituierbar.
Welche konkreten Anwendungsfälle von KI im Handwerk halten Sie derzeit für am praktikabelsten?
Eine Vielzahl von KI-Anwendungen im Handwerk zeigt bereits heute, wie viel Potenzial in der Verbindung von traditionellem Können und moderner Technologie steckt. So nutzen etwa Goldschmiede oder Tischlereien KI-gestützte Bildgenerierung, um kreative Entwürfe für Schmuck oder Möbel zu entwickeln. Im Bäckereihandwerk helfen Tools wie “Foodtracks” dabei, Produktionsprozesse zu optimieren und Nachfrage besser vorherzusagen. Malereibetriebe setzen kollaborierende Roboter ein, um große Flächen präzise und effizient zu bearbeiten, während KI in der Augenoptik bei der Analyse von Netzhautaufnahmen unterstützt. Immer häufiger kommen auch personalisierte Chatbots zum Einsatz, die Kundenanfragen automatisch, individuell und rund um die Uhr beantworten können. So kann der Service verbessert und die Erreichbarkeit von Betrieben deutlich erhöht werden. Die Beispiele zeigen: KI wird im Handwerk immer dann besonders wertvoll, wenn sie die Arbeit erleichtert, Prozesse effizienter macht und neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, aber KI ersetzt nicht den handwerklichen Charakter der eigentlichen Handwerksleistung.
Gibt es schon KI-Tools, die sie Auszubildenden für den Ausbildungsalltag empfehlen würden?
Die meisten betrieblichen KI-Anwendungen im Handwerk sind speziell auf die jeweiligen Gewerke zugeschnitten. Ihren Einsatz erlernen Auszubildende während des betrieblichen Arbeitshandelns. Daneben gibt es viele KI-Alltagshelfer, wie zum Beispiel Chatbots, die den Ausbildungsalltag erleichtern können. Junge Menschen sollten diese ausprobieren und nutzen. Wichtig ist aber ein reflektierter Umgang. Hier sind Ausbilder, Lehrkräfte, aber auch die Auszubildenden selbst gefordert. Bereits 2020 haben sich die Wirtschafts- und Sozialpartner auf die Standardberufsbildposition “Digitalisierte Arbeitswelt” verständigt, die auch Datenschutz und Datensicherheit abdeckt. Ausbilder sollten Lehrlinge beispielsweise darin unterstützen, sensible Betriebsdaten zu erkennen, die sie nicht ohne weiteres mit Chatbots teilen sollten. Wenn sie hierbei bei ihren Auszubildenden auf ein grundlegendes Verständnis darüber aufbauen können, wie KI funktioniert, macht das die Sache einfacher. Hier sind auch die Schulen gefordert. Im internationalen Vergleich ist Deutschland mit Blick auf die Digitalkompetenzen der Schülerinnen und Schüler jedoch leider nur Mittelmaß. Aber auch die Auszubildenden sollten ein Gespür dafür entwickeln, wann es sinnvoll ist, einer KI Aufgaben zu übertragen. Im Arbeitskontext selbst sollten sie sich fragen, ob sie schon über ausreichend Wissen und Können verfügen, um mögliche Halluzinationen der KI zu erkennen. Wenn dem nicht so ist, dann sind klassische Wege zur Lösungsfindung, wie das Heranziehen vertrauenswürdiger Quellen oder der Rat von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen zielführender. Beim Lernen sollten Auszubildende abwägen, wann der kurzfristige Nutzen eines Chatbots möglicherweise ihrem längerfristigen Lernerfolg entgegensteht. Chatbots können hervorragend Texte schreiben, das Verinnerlichen und Verstehen von Inhalten können sie einem aber nicht abnehmen.
Wo sehen Sie Chancen und Herausforderungen bei KI in der Ausbildung?
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Ausbildung bietet für das Handwerk große Chancen. Lerninhalte können individueller vermittelt und Auszubildende gezielter unterstützt werden. Insbesondere wenn Auszubildende unterschiedliche Bildungsvoraussetzungen aufweisen, Einzelne schneller lernen oder Andere zusätzliche Unterstützung brauchen, können KI-gestützte Lehrmethoden helfen. Gleichzeitig bleibt die handwerklich-praktische Ausbildung das Herzstück und darf nicht in den Hintergrund rücken. Zusätzlich bedarf es einer ausreichenden technischen Ausstattung von Berufsschulen und überbetrieblichen Bildungsstätten, um derartige Lehr- und Lernangebote auch flächendeckend anbieten zu können. An den hierfür notwendigen Investitionen in die berufliche Bildung, wie sie die neue Bundesregierung angekündigt hat, führt kein Weg vorbei.