Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Deutschen Handwerks
15.06.2023

Die Wärmewende braucht ein starkes Handwerk

Allein für den geplanten Wärmepumpenausbau werden bis 2030 rund 60.000 zusätzliche Monteure gebraucht. Warum ein starkes Handwerk entscheidend für den Erfolg der Energiewende ist, erläutert ZDH-Präsident Dittrich gegenüber Michael Hasenpusch von der FAZ.
Ein Handwerker reicht Dämmmaterial für die Dämmung eines Gebäudes nach oben.

"Wer die Energie- und Wärmewende will, der muss das Handwerk stärken, denn nur mit qualifizierten Handwerkerinnen und Handwerkern werden die Wärmewende und die dafür in großem Umfang erforderlichen Wärmedämmungsmaßnahmen zu bewerkstelligen sein. Im Gesamthandwerk fehlen gerade geschätzt mindestens 250.000 Fachkräfte, Tendenz steigend. Allein für den geplanten Wärmepumpeneinbau werden voraussichtlich bis 2030 zusätzlich 60.000 Monteure gebraucht. Mit dem reinen Einbau von Wärmepumpen ist es aber nicht getan, sondern der macht in sehr vielen Fällen überhaupt erst dann Sinn, wenn die Gebäudehülle entsprechend saniert und wärmegedämmt ist, und wenn die Wärmepumpen in die Gebäudetechnik insgesamt eingepasst sind. Um den ökologisch effizientesten Weg zu dekarbonisiertem Heizen in einem Gebäude einzuschlagen, muss daher immer der energetische Gesamtzustand des Gebäudes und hier besonders auch dessen Dämmung mit in den Blick genommen werden. Vor allem in Bestandsgebäuden erfordert es häufig erst eine energetische Sanierung mit entsprechender Wärmedämmung, damit der Einbau einer Wärmepumpe etwas bringt.  

Wärmedämmungen sind insofern ein wichtiges Tätigkeitsfeld zur Umsetzung der Wärmewende, aber nur eines unter mehreren: Gleichzeitig stehen die Sanierung der Gebäudehülle und Gebäudetechnik an, wie aber auch der Aufbau von Solarpanelen oder der Einbau der Wärmepumpen. Das alles wird kapazitätsmäßig nur dann zu leisten sein, wenn die Regierung auch die für das Handwerk erforderlichen Bedingungen schafft. Die Politik mag der Architekt der grünen Transformation sein und ambitionierte Zielvorgaben zu Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und Windrädern machen. Aber Handwerkerinnen und Handwerker lassen diese Pläne erst Wirklichkeit werden. Damit die dafür nötigen Fachkräfte morgen auch zur Verfügung stehen, muss heute Ausbildung stattfinden. Genügend Ausbildungsplätze sind im Handwerk vorhanden, doch es fehlt an qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern. Damit sich wieder mehr junge Menschen für eine Karriere im Handwerk entscheiden und die Werkbank dem Hörsaal vorziehen, brauchen wir eine Bildungswende. Die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung muss sowohl finanziell als auch ideell gewährleistet und die vielfältigen Möglichkeiten beruflicher Qualifizierung an allen Schulformen vermittelt werden. Entscheidend für den Erfolg der Energie- und Wärmewende ist gleichzeitig, das überfordernde Maß an Bürokratie zu verringern: Mit dem Bürokratieabbau muss endlich Ernst gemacht und überflüssige Paragrafen abgeschafft werden. Notwendig sind zudem schnellere Genehmigungen durch digitalisierte Prozesse. Und um mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland zu gewinnen, müssen die im Fachkräftezuwanderungsgesetz vorhandenen Hürden ausgeräumt werden. Wir freuen uns über jeden fachlich qualifizierten Einwanderer, der im Handwerk mitarbeiten will. Das Gesetz ändert aber nichts daran, dass Visaverfahren zu lange dauern, Ausländerbehörden überlastet sind und den Handwerksbetrieben konkrete Unterstützung fehlt. Und ohne Frage ist unsere Steuer- und Abgabenlast nicht wettbewerbsfähig. Wer über Wärmepumpen und Wärmedämmung redet, muss auch über die Sozialversicherungsbeiträge sprechen. Denn jede vermeintlich noch so kleine Erhöhung bei den Sozialbeiträgen trifft das lohnintensive Handwerk besonders und beschränkt die finanziellen Spielräume seiner Betriebe und Beschäftigten."

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