Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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Krieg in der Ukraine: FAQ zu Aufenthalt und Beschäftigung

Welche aufenthalts-, arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften sind bei der Beschäftigung ukrainischer Staatsbürger bzw. aus der Ukraine Geflüchteter zu beachten? Hierzu stellt die BDA umfangreiche FAQs bereit (Stand: 20. Januar 2023).

1. Können vom Russland-Ukraine Krieg Geflüchtete ohne Aufenthaltserlaubnis nach Deutschland einreisen?

Grundsätzlich können ukrainische Staatsbürger für 90 Tage (innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen) ohne Visum nach Deutschland einreisen. Das gilt allerdings nur bei Besitz eines biometrischen Reisepasses, den – laut Presseberichten – weniger als 50 % der ukrainischen Staatsbürger besitzen. Wenn kein biometrischer Reisepass vorliegt, muss grundsätzlich ein Visum im Vorfeld beantragt und zur Einreise vorgelegt werden. Laut Medienberichten lässt man an der ukrainisch-polnischen und ukrainisch-slowakischen Grenze jedoch Menschen auch ohne biometrischen Reisepass einreisen. An den EU-Binnengrenzen finden grundsätzlich keine Grenzkontrollen statt.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) weist zudem darauf hin, dass sich in den ukrainischen Nachbarstaaten derzeit kleine Teams der deutschen Auslandsvertretungen (Warschau, Krakau, Chisinau, Bratislava, Bukarest, Budapest) bereithalten, um bedarfsweise an einzelnen Grenzübergängen Präsenz zu zeigen und vorrangig konsularische Unterstützung für deutsche Ausreisende aus der Ukraine zu leisten sowie ggf. auch zu Visaanträgen von Geflüchteten sowie zu pandemiebedingten Einreisefragen Auskunft zu geben (Link BAMF).

Das Bundesinnenministerium (BMI) hat am 8. März 2022 eine Verordnung zur Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels von anlässlich des Kriegs in der Ukraine eingereisten Personen (sog. Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung – UkraineAufenthÜV) veröffentlicht, die am 9. März 2022 erstmals in Kraft getreten ist. Sie dient der vorübergehenden Befreiung von bestimmten Personen vom Erfordernis des Besitzes eines Aufenthaltstitels. Nach der Neufassung der UkraineAufenthÜV sind Geflüchtete ab dem 1. September 2022 nach der Einreise in das Bundesgebiet für 90 Tage vom Erfordernis einer Aufenthaltserlaubnis befreit. Dies dient insbesondere dem Zweck der schnellen Erfassung und Registrierung von neu eingereisten Personen. Mit der dritten Verordnung zur Änderung der UkraineAufenthÜV wurde diese ohne weitere Veränderungen bis zum 29. August 2023 verlängert.

Das Bundesinnenministerium hat durch Rechtsverordnung festgelegt, dass Aufenthaltserlaubnisse von Geflüchteten aus der Ukraine nach § 24 Abs. 1 AufenthG bis zum 4. März 2025 fortgelten. Die Betroffenen müssen damit keinen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltsstatus stellen und es sind keine zusätzlichen Termine bei den Ausländerbehörden notwendig. Die Ukraine-Aufenthaltserlaubnis-Fortgeltungsverordnung (Ukraine AufenthFGV) wurde am 4. Dezember 2023 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Laut Verordnung sind folgende Personengruppen, die sich am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten oder in der Ukraine ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatten und bis zum 31. Mai 2023 in das Bundesgebiet eingereist sind, für 90 Tage nach Einreise vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit:

  • Ausländische Staatsangehörige
  • Ukrainische Staatsangehörige
  • Ukrainische Staatsangehörige, die sich bereits rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten
  • In der Ukraine anerkannte Flüchtlinge und Personen, die in der Ukraine internationalen oder gleichwertigen nationalen Schutz genießen

2. Gelten Corona-bedingte Einreisebeschränkungen? Welche Nachweise sind erforderlich?

Seit 1. Juni 2022 gilt für die Einreise nach Deutschland die neue Einreiseverordnung des Bundesgesundheitsministeriums: Diese sieht derzeit keine Beschränkungen mehr vor. Bei Einreise muss kein 3-G-Nachweis mehr vorgelegt werden (vgl. FAQ Bundesregierung).

3. Was passiert mit ukrainischen Staatsangehörigen, die sich bereits in Deutschland aufhalten und deren Aufenthaltstitel ausläuft?

Wenn ukrainische Staatsangehörige, die sich bereits mit einem Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalten, ihren bestehenden Aufenthaltstitel nicht verlängern können, können sie einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG stellen (siehe hierzu Nr. 4). Dies betrifft Fälle, in denen

  • die Verlängerung des bestehenden Aufenthaltstitels aufgrund rechtlicher Vorgaben oder nicht mehr gegebener Erteilungsvoraussetzungen nicht möglich ist oder
  • während der zeitlichen Gültigkeit des Aufenthaltstitels der Erteilungsgrund entfallen ist und dessen nachträgliche Befristung in Betracht zu ziehen wäre. Für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG ist dabei unbeachtlich, wann die Einreise in das Bundesgebiet erfolgt ist.

4. Welchen Aufenthaltstitel können aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtete Personen erhalten?


4.1. Aufenthaltstitel auf der Grundlage der EU-Richtline über vorübergehenden Schutz - § 24 AufenthG:

Die Europäische Kommission hat am 2. März 2022 einen Durchführungsbeschluss des Rates zur Aktivierung des vorübergehenden Schutzes gem. Art. 5 der Richtlinie über vorübergehenden Schutz (2001/55/EG, sog. Massenzustrom-Richtlinie) vorgelegt. Nach einer politischen Einigung am 3. März 2022 hat der Rat den Vorschlag mit Anpassungen zum 4. März 2022 angenommen. Der Durchführungsbeschluss sieht vor, Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine in der EU vorübergehenden Schutz zu gewähren.

Gemäß des Durchführungsbeschlusses haben folgende Personen Anspruch auf vorübergehenden Schutz:

  • ukrainische Staatsangehörige, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine wohnhaft waren und ihre Familienangehörigen,
  • nicht-ukrainische Drittstaatsangehörige oder Staatenlose,
    • die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine internationalen oder nationalen Schutz erhalten haben sowie ihre Familienangehörigen,
    • die nachweisen können, dass sie sich aufgrund einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben und nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können (alternativ auch angemessener Status nach jeweiligem nationalem Recht anwendbar),
    • die sich rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben und nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können (Beschlusses optional anwendbar)

Die nationale Umsetzung der Richtlinie erfolgt durch § 24 AufenthG. Geflüchtete können so unbürokratisch ohne Einzelfallprüfung einen humanitären Aufenthaltstitel erhalten. Der Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG ist bei den Ausländerbehörden zu beantragen. Die zuständige Ausländerbehörde finden Sie im BAMF-NAvI. (Die Ausländerbehörde ist dabei unter der Rubrik „Ausländerbehörde“ zu finden). Mit Beantragung der Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG wird eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG ausgestellt. Die sich aus dem vorübergehenden Schutz ergebenden Rechte können nur in dem Mitgliedstaat in Anspruch genommen werden, der den Aufenthaltstitel erteilt hat.

Das BMI hat am 14. März 2022 in einem Länderschreiben Hinweise zur Umsetzung des Durchführungsbeschlusses in Deutschland erteilt, den Schutzbereich teilweise erweitert und einzelne Konkretisierungen vorgenommen.

Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 24 AufenthG erfolgt:

  • Zugunsten von nicht-ukrainischen Drittstaatsangehörigen, die sich am 24. Februar 2022 nachweislich rechtmäßig, und nicht nur zu einem vorübergehenden Kurzaufenthalt in der Ukraine aufgehalten haben und die nicht sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückkehren können. Umfasst sind insbesondere Studierende und Personen mit Aufenthalten in der Ukraine zu nicht nur besuchsartigen oder kurzfristigen Erwerbszwecken. Erfasst sind damit auch Personen, die ihren Schutzstatus oder dauerhaften Aufenthaltstitel bis zum 24. Februar 2022 in der Ukraine noch nicht erlangen konnten.
  • hinsichtlich des Einreisezeitpunkts zugunsten von
    • Personen, die nicht lange vor dem 24. Februar 2022, als die Spannungen zunahmen, aus der Ukraine geflohen sind, und
    • Personen, die sich kurz vor diesem Zeitpunkt (z. B. im Urlaub oder zur Arbeit) im Gebiet der EU befunden haben und die infolge des bewaffneten Konflikts nicht in die Ukraine zurückkehren können.

Des Weiteren beinhaltet das Länderschreiben des BMI Konkretisierungen der geschützten Personenkreise, insbesondere für Familienangehörige und Verwandte: Als Familienangehörige gelten auch nicht-verheiratete Partner, die mit der schutzberechtigten Person in einer dauerhaften Beziehung leben, Kinder und andere enge, von der schutzberechtigten Person abhängige Verwandte. Es handelt sich hierbei nicht um einen Familiennachzug, sondern um eine eigene Berechtigung aufgrund des Durchführungsbeschlusses (Familiennachzug siehe Rechtsfolgen).

Gleichzeitig hat das BMI klargestellt, dass solche Personen, die staatenlos sind und zudem keinen vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG erhalten können, beispielsweise internationalen Schutz beantragen können und über alternative aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten aufzuklären sind.

Mit dem Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG sind folgende Rechtsfolgen verbunden:

  • Aufenthaltstitel zunächst bis zum 4. März 2024
  • unbeschränkter Arbeitsmarktzugang (siehe Punkt 5)
  • Zugang zu Integrationsmaßnahmen
  • Zugang zu Bildung (siehe Punkt 6)
  • Leistungen nach AsylbLG oder SGB II/XII
  • Familiennachzug

Im Einzelnen:

Geltungsdauer des Aufenthaltstitels:

Die Geltungsdauer des Aufenthaltstitels soll vom Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland (frühestens 4. März 2022) bis zum 4. März 2024 ausgestellt werden und kann damit bis zu zwei Jahre betragen. Die Geltungsdauer könnte um ein weiteres Jahr auf drei Jahre verlängert werden. Deutschland macht damit von der in der Richtlinie vorgesehenen Verlängerungsoption Gebrauch (1 Jahr + 2 x 6 Monate Verlängerung).

Integrationsmaßnahmen:

Die Bundesregierung hat entschieden, Geflüchteten aus der Ukraine grundsätzlich den Zugang zu verschiedenen Integrationsmaßnahmen zu ermöglichen:

Integrations- und Berufssprachkurse:

Der Zugang zu Integrationskursen ist derzeit im Rahmen der verfügbaren Plätze nach § 44 Abs. 4 AufenthG bereits ab Ausstellung der Fiktionsbescheinigung auf Antrag möglich (diesen finden Sie hier). Ein Anspruch besteht jedoch nicht. Das BMI hat die Ausländerbehörden darauf hingewiesen, dass in die Fiktionsbescheinigung bereits der Hinweis auf die Titelerteilung nach § 24 AufenthG einzutragen ist, die eine Teilnahme an einem Integrationskurs ermöglicht.

Personen, die bereits Leistungen nach dem SGB II beziehen (siehe Leistungen nach AsylbLG/ SGB II/XII), können vom örtlichen Jobcenter eine Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs erhalten. Nach dem SGB II sind leistungsberechtigte Personen grundsätzlich zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet, wenn sie nicht ausreichend Sprachkenntnisse besitzen und es für sie zumutbar ist.

Für Geflüchtete aus der Ukraine ist die Teilnahme am Integrationskurs kostenlos. Die Teilnehmenden werden gemeinsam mit der Zulassung auch automatisch (von Amts wegen) von der Kostenbeitragspflicht befreit. Ein gesonderter Antrag oder weitere Nachweise sind nicht erforderlich.

Wenn Geflüchtete bereits ein Integrationskurs absolviert haben oder sie bereits gute Deutschkenntnisse aufweisen (Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens), kann ein Berufssprachkurs besucht werden. In der Beratung beim örtlichen Jobcenter kann ein passender Kurs gesucht und eine Berechtigung zur Teilnahme ausgestellt werden. Grundsätzlich ist der Kurs kostenlos.

Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente:

Ein Einsatz von arbeitsmarktpolitischen Instrumenten im Rechtskreis SGB III ist nur möglich, sofern eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG, eine entsprechende Fiktionsbescheinigung oder eine andere Bescheinigung der Aufenthaltsbehörde vorliegt, die eine Erwerbstätigkeit erlaubt und somit auch ein Arbeitsmarktzugang besteht. Zudem sollten bei Einsatz von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ausreichende Deutschkenntnisse vorhanden sein, um den Inhalten der Maßnahme folgen zu können bzw. das geplante Ziel zu erreichen.

Auch nach dem Rechtskreiswechsel ins SGB II stehen den Geflüchteten weiterhin grundsätzlich alle arbeitsmarktpolitischen Instrumente zur Verfügung. Es ist der Einsatz des gesamten Förderinstrumentariums möglich. Maßgeblich für den zielgerichteten Einsatz von Eingliederungsleistungen für Geflüchtete sind das Vorliegen der individuellen Fördervoraussetzungen sowie ein ausreichendes Sprachniveau. Im Kontext der Anerkennung von vorhandenen Berufs- und Bildungsabschlüssen sind insbesondere auch die Möglichkeiten auf die Förderung beruflicher Weiterbildung (FbW) zu berücksichtigen.

Leistungen nach AsylbLG oder SGB II/XII:

Geflüchtete hilfebedürftige Personen können bereits ab dem Zeitpunkt ihrer ersten Registrierung Sozialleistungen beanspruchen. Die Registrierung kann direkt mit Grenzübertritt bei der Grenzbehörde oder auch noch im Inland beispielsweise bei einer der Erstaufnahmeeinrichtungen, einer Ausländerbehörde oder durch die Bundespolizei erfolgen. Nach der Registrierung wird der Ankunftsnachweis ausgestellt, der den Zugang zu ersten Sozialleistungen eröffnet - insb. Unterkunft, Verpflegung und medizinische Versorgung, (vgl. FAQ BMAS). Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) können bei der örtlichen Leistungsbehörde beantragt werden.

Geflüchtete aus der Ukraine können seit dem 1. Juni 2022 auch Leistungen nach dem SGB II/XII erhalten, wenn der Lebensunterhalt nicht selbstständig gesichert werden kann. Hintergrund des Rechtskreiswechsels ist, dass Geflüchtete aus der Ukraine mit anerkannten Asylsuchenden gleichgestellt werden (die ebenfalls Leistungen nach SGB II/XII erhalten). Die Betreuung und Leistungsgewährung geht mit dem Rechtskreiswechsel auf das örtliche Jobcenter über.

Anspruchsvoraussetzungen zum Erhalt von Leistungen nach dem SGB II sind:

  • Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG muss gestellt sein
  • Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 3 oder 4, i. V. m. Abs. 5 AufenthG oder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG
  • erkennungsdienstliche Behandlung

Fiktions- und Ersatzbescheinigungen wurden in der Praxis wegen der Dringlichkeit und aufgrund eines Mangels auf anderem Papier als auf dem der Bundesdruckerei ausgestellt. Solche Bescheinigungen, die nicht der Form des § 58 Nr. 3 Aufenthaltsverordnung genügen und bis zum 31. Mai 2022 von einer Ausländerbehörde ausgestellt wurden, werden bis zum 31. Oktober 2022 von den Jobcentern anerkannt. Anlaufbescheinigungen, Ankunftsnachweise oder Verteilbescheinigungen werden hingegen nicht akzeptiert. Ab dem 1. Juni 2022 müssen neu ausgestellte Fiktionsbescheinigungen die erforderliche Form auf dem Papier der Bundesdruckerei aufweisen, um die Anspruchsvoraussetzungen zu erfüllen.

Für den Rechtskreiswechsel wurden zudem verschiedene Übergangsregelungen geschaffen, die einzelne Sonderkonstellationen (z. B. fehlende erkennungsdienstliche Behandlung, verzögerte Antragsbearbeitung, etc.) berücksichtigen und einen Leistungsabbruch verhindern sollen. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat wesentliche Informationen auf einer Sonderseite zusammengefasst. In den fachlichen Weisungen der BA vom 23. Mai 2022 finden Sie zudem weitergehende Informationen zum Rechtskreiswechsel.

Familiennachzug:

Familiennachzug von Personen, die nicht schon direkt unter § 24 Abs. 1 AufenthG fallen, richtet sich nach § 29 Abs. 4 AufenthG. Auf die nach diesem Absatz aufgenommenen Familienangehörigen findet wiederum § 24 AufenthG Anwendung.


4.2. Weitere humanitäre Aufenthaltstitel:

Ukrainische Staatsangehörige, die sich in Deutschland befinden, könnten grundsätzlich auch einen Asylantrag stellen. Hier wäre allerdings der Arbeitsmarktzugang in den ersten drei Monaten in Deutschland (wenn sie in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen: 9 Monate nach Stellung des Asylantrags) beschränkt und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) würde im Rahmen des regulären Asylverfahrens eine Einzelfallprüfung vornehmen und klären, ob die Voraussetzungen für eine Schutzgewährung vorliegen. In Betracht kommt insbesondere die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nach § 4 AsylG iVm § 25 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 AufenthG, Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 25 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 AufenthG oder von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG.

Es könnte im weiteren Verlauf eines Aufenthalts in Deutschland sinnvoll sein, einen Asylantrag zu stellen, auch wenn ein Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG besteht. Wenn ein Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG besteht, ruht ein beantragtes Asylverfahren nach § 32a AsylG. Das Asylverfahren wird lediglich dann durchgeführt, wenn auf den vorüber- gehenden Schutz nach § 24 AufenthG verzichtet wird.


4.3.  Sonstige Aufenthaltstitel / Wechsel des Aufenthaltsstatus:

Darüber hinaus kann auch die Beantragung nicht-humanitärer Aufenthaltstitel in Betracht zu ziehen sein. Personen, denen ein Titel nach § 24 AufenthG erteilt wurde, können, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, stattdessen oder daneben andere oder weitere Titel erteilt werden. In Betracht kommen beispielsweise Titel nach § 16a AufenthG, wenn eine Berufsausbildung aufgenommen wird oder Titel gem. §§ 18a und 18b AufenthG für Fachkräfte mit Berufsausbildung oder akademischer Ausbildung. Dies kann sinnvoll sein, um eine Sicherstellung des Aufenthalts - auch über den zeitlichen Anwendungsbereich von § 24 AufenthG hinaus - zu gewährleisten.

5. Welcher Zugang zu Ausbildung und Beschäftigung besteht mit einem Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG?

5.1 Arbeitsmarktzugang:

Der Arbeitsmarktzugang und damit auch der Zugang zur betrieblichen Ausbildung ist ohne Einschränkung mit Zustimmung der Ausländerbehörde nach § 4a Abs. 2 AufenthG möglich. Eine Zustimmung der BA nach § 31 BeschV ist nicht notwendig. Eine Beschäftigung in der Zeitarbeit ist möglich.

Bereits mit der Fiktionsbescheinigung über die Antragsstellung eines Aufenthaltstitels nach § 24 Abs. 1 AufenthG sollen Personen durch die zuständige Ausländerbehörde auch die Erlaubnis zum Arbeiten erhalten. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ist in jedem Fall erst dann zulässig, wenn das entsprechende Dokument (Fiktionsbescheinigung, Aufenthaltstitel (eAT)) mit dem Vermerk „Erwerbstätigkeit erlaubt/gestattet“ ausgestellt wurde. Dies gilt auch für die Aufnahme eines Praktikums.

Wichtig ist die konkrete und schnelle Umsetzung in den Ausländerbehörden vor Ort, die im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer liegen. Einige Bundesländer haben die Regelung in Runderlassen oder Weisungen an die Ausländerbehörden aufgegriffen (Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, NRW, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg). Andere Bundesländer haben nach unseren Informationen interne Weisungen erlassen, die die Regelungen umsetzen (Bayern, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen). Zu den weiteren Bundesländern liegen uns keine Informationen vor. 

Geflüchtete können in einigen Regionen über das Hilfsportal Germany4Ukraine ihren Aufenthaltstitel online beantragen. Die Daten werden dann an die jeweils zuständige Ausländerbehörde übermittelt. Zurzeit sind mehr als 50 Ausländerbehörden aus Brandenburg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen angeschlossen. Aktuell befindet sich der Online-Dienst im Pilotbetrieb und bindet sukzessive weitere Länder und deren kommunale Behörden an.

Nach wie vor müssen Geflüchtete für die Identitätsprüfung und Aufnahme der biometrischen Daten anschließend vor Ort in der Behörde erscheinen. Allerdings werden Ausländerbehörden durch die vorab übermittelten Daten in die Lage versetzt, Geflüchtete zu einem Termin einzuladen (vgl. BMI).

Hinweis: Aus gegebenem Anlass wurde die Webseite www.erfolgreich-integrieren.de aktualisiert und um aktuelle Informationen zum Thema Ukraine ergänzt. Die Webseite wurde im Zuge der letzten Flüchtlingskrise gemeinsam von BDI, ZDH, BA und BDA aufgebaut und behandelt alle Themen rund um das Thema Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten. Die Webseite wird weiter aktualisiert und überarbeitet.

5.2 Anerkennung, Kompetenzfeststellung, Validierung:

Nur für die Aufnahme einer Beschäftigung in wenigen reglementierten Berufsbereichen (z. B. in der Gesundheit, Pflege, Erziehung) ist eine formale Anerkennung des im Ausland erworbenen Berufs- oder Hochschulabschlusses erforderlich. Geflüchtete müssen sich hierfür an die zuständigen Stellen auf Bundes- oder Landesebene wenden.

Der Großteil der Berufe in der privaten Wirtschaft ist nicht-reglementiert. In allen nicht-reglementierten Berufsbereichen kann ohne die Anerkennung von Abschlüssen eine Tätigkeit aufgenommen werden. Das umfasst alle Ausbildungsberufe nach Berufsbildungsgesetz und Handwerksordnung sowie viele akademische Abschlüsse. Hier können Arbeitgeber Geflüchtete ihrem Qualifikationsprofil und ihrer Arbeitserfahrung entsprechend in Eigenverantwortung einstellen.

Wenn Geflüchtete über einen Berufs- oder Hochschulabschluss verfügen, jedoch die Aussagekraft der Unterlagen nicht ausreicht, kann eine unbürokratische Kompetenzerfassung auf der Basis einer Selbsteinschätzung sinnvoll sein, um Qualifikationen für Arbeitgeber transparent zu machen. Hierbei können z. B. Kammern, die Agenturen für Arbeit oder auch Bildungswerke der Wirtschaft unterstützen. Sofern Geflüchtete nicht über einen Berufsabschluss verfügen, kann auch ein Validierungsverfahren sinnvoll sein.

Die EU-Kommission hat eine Empfehlung zur Anerkennung von Qualifikationen Geflüchteter vorgelegt. Darin wird den Mitgliedstaaten nahegelegt, ein effizientes, schnelles und flexibles System zur Anerkennung ihrer beruflichen oder akademischen Qualifikationen zu ermöglichen. Anerkennungsentscheidungen für einreisende Berufsangehörige sollen rasch erlassen werden. Formalitäten für die Anerkennung sollten auf ein Minimum reduziert werden. Die Mitgliedstaaten sollen die Überprüfung der Qualifikationen nur dann in Erwägung ziehen, wenn dies unerlässlich ist und alle nicht unbedingt erforderlichen Anforderungen beseitigen. Zudem seien die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, die Qualifikationen für nicht reglementierte Berufe zu überprüfen und anzuerkennen. In einem Mitgliedstaat ergangene Anerkennungsentscheidungen sollten - soweit möglich - in anderen Mitgliedstaaten akzeptiert werden.

5.3 Ausbildung:

Die Erlaubnis zur Aufnahme einer Ausbildung ist mit der Erlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung gleichzusetzen und von der Zustimmung zur Beschäftigung nach § 4a Abs. 2 AufenthG durch die Ausländerbörden umfasst.

Für Personen, die eine berufliche Ausbildung in Deutschland aufnehmen, besteht die Möglichkeit, noch vor Ablauf der Schutzdauer des § 24 AufenthG in einen Aufenthaltstitel nach § 16a AufenthG zu wechseln und die Ausbildung abzuschließen. Nach Abschluss der Ausbildung kann ein Aufenthaltstitel nach § 18a AufenthG zur Ausübung einer Beschäftigung als Fachkraft beantragt werden. Diese Ausführungen sind zwischen dem Bundesbildungsministerium, dem Bundesarbeitsministerium und dem Bundesinnenministerium sowie der BA abgestimmt und sollen deutlich machen, dass eine nun begonnene Ausbildung ukrainischer Geflüchteter auch abgeschlossen werden kann (Vgl. Hinweise des ZDH).

Geflüchtete aus der Ukraine haben Zugang zu ausbildungsvorbereitenden Förderinstrumenten der BA. Beispiele hierfür sind Maßnahmen zur Berufsorientierung und -vorbereitung sowie zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung, Instrumente wie die Berufseinstiegsbegleitung, Einstiegsqualifizierung und Assistierte Ausbildung. Weiterhin stehen den Geflüchteten, die eine Ausbildung in Deutschland absolvieren möchten, finanzielle Unterstützungsinstrumente wie die Berufsausbildungsbeihilfe oder das Ausbildungsgeld zur Verfügung.

Wichtig: Neben der Zugangsmöglichkeit müssen auch die individuellen Fördervoraussetzungen erfüllt sein. Hierbei sind neben dem Aufenthaltstitel mit Arbeitsmarktzugang oft ausreichende Sprachkenntnisse in Deutsch erforderlich. Dies muss in jedem Einzelfall durch die Beratungsfachkräfte der Agenturen für Arbeit im Vorfeld geprüft werden.

6. Welcher Zugang zu Schule und Hochschule besteht?

6.1 Schule:

Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 18 Jahren haben grundsätzlich einen Anspruch auf Bildung im Aufenthaltsland. Nach einem Aufenthalt von sechs Wochen greift in der Regel die Schulpflicht. Die Bundesländer haben sich - gemeinsam mit den Kommunen als Schulträgern - auf die Beschulung der ukrainischen Schülerinnen und Schüler eingerichtet. Dabei werden sowohl die bisherigen „Willkommensklassen“ (Vorbereitungsklassen, Deutschklassen usw.) als auch Regelklassen genutzt. Bisher wurden etwas über 125.000 (Stand: 08.06.2022) Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in Deutschland aufgenommen. Die Informationen der Länder zum Thema Schule und Bildung für Geflüchtete aus der Ukraine sind unter Ukraine (kmk.org) einzusehen.

Die Lehrmaterialien der Ukraine sind digitalisiert. Offensichtlich nehmen auch ukrainische Kinder und Jugendliche in Deutschland online am fortlaufenden Unterricht in digitalen Klassenräumen ihrer Schulen in der Heimat teil. Gesucht werden nun Lehrkräfte mit deutscher und ukrainischer, ersatzweise auch russischer, Sprachkompetenz, insbesondere sind auch geflüchtete ukrainische Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher willkommen. Nach aktuellen Schätzungen des IW werden zusätzlich 13.500 Lehrkräfte und 11.400 Erzieher benötigt. Kultusministerkonferenz und Bundesbildungsministerium haben im Rahmen der „Lübecker Erklärung“ vom 11. März 2022 eine entsprechende Task Force eingerichtet.


6.2 Hochschule und Studium: 

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) rechnet bislang nicht mit nennenswerter Nachfrage von Studierenden. Aus der Altersgruppe, die sich typischerweise im Studium befindet, kommen überwiegend Frauen mit zu betreuenden Kindern oder Älteren. Ein Sonderfaktor sind ausländische Studierende in der Ukraine (größte Gruppen rd. 14.000 aus Indien, 6.000 aus Marokko), die teils in ihre Heimatländer zurückkehren, teils alternative Studienmöglichkeiten in Europa suchen. Sollte die Situation in der Ukraine weiter eskalieren, dürfte sich die Nachfrage zum Wintersemester 2022/23 deutlich erhöhen. Die HRK setzt auf flexible Kapazitätsnutzung und -ausweitung an Studienplätzen bei vielen Hochschulen, bei Finanzierung durch Länder und Bund. Das Bundesbildungsministerium, die Wissenschaftsministerien der Länder und die Allianz der Wissenschaftsorganisationen haben eine Kontaktstelle für Studierende und Wissenschaftler/innen beim DAAD eingerichtet. Weil Abschlussprüfungen in der Ukraine zum Teil nicht durchgeführt werden können, dürfen sich Geflüchtete auch ohne Vorlegen der Hochschulreife für einen Studienplatz bewerben mit einem Plausibilitätsverfahren, das auch für lückenhafte Dokumente besteht. Für die Bewertung ausländischer Hochschulabschlüsse hat die Kultusministerkonferenz (KMK) das Bewertungsportal in ukrainischer Sprache ergänzt.

7. Können Geflüchtete nach Registrierung und Antragstellung in Deutschland weiter in andere europäische Nachbarstaaten reisen und auch dort einen Antrag auf vorübergehenden Schutz stellen?

Das BMI hat mit Länderschreiben vom 8. August 2022 klargestellt, dass Personen, die in Deutschland eingereist sind und bereits einen Antrag auf vorübergehenden Schutz gestellt haben, im Rahmen ihrer Freizügigkeit auch in andere EU Mitgliedstaaten einreisen und auch dort einen Antrag auf vorübergehenden Schutz beantragen können. Auf der gemeinsamen Regierungsplattform (Temporary Protection Directive Platform – TPD Plattform) werden die Daten der erkennungsdienstlichen Maßnahmen in das Ausländerzentralregister (AZR) eingestellt, sodass alle Mitgliedstaaten im Fall identischer, personenbezogener Daten eine Treffermeldung erhalten.

Bei einer dauerhaften Ausreise und Registrierung bzw. Antragstellung in einem anderen Mitgliedstaat werden entsprechend der Treffermeldung die Voraussetzungen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes in Deutschland erneut überprüft und der Aufenthaltstitel bei Vorliegen eines Erlöschungsgrundes entzogen. Gleichzeitig erhalten Geflüchtete im anderen Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz.

Wenn Personen dauerhaft und nicht nur vorübergehend in die Ukraine zurückkehren, erfolgt keine Treffermeldung. Erhält die Ausländerbehörde auf sonstigem Wege Kenntnis vom Fortzug in die Ukraine, erfolgt ebenfalls eine Prüfung der Aufenthaltserlaubnis sowie ggf. Änderung des AZR-Eintrags und Information an die Leistungsträger.

Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland einen Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz erhalten haben, können auch in Deutschland arbeiten (sog. Grenzpendlerinnen und -pendler). Hierfür muss eine Grenzpendlerkarte analog zu § 12 Aufenthaltsverordnung bei der Ausländerbehörde beantragt werden. Die Zustimmung der BA ist für Geflüchtete aus der Ukraine jedoch nicht erforderlich. Voraussetzung zum Erhalt der Grenzpendlerkarte ist, dass ein Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz auch in Deutschland erteilt werden würde

8. Wie sieht der Krankenversicherungsschutz für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aus? (RS des GKV SV vom 20. Mai 2022)

Ab dem 1. Juni 2022 ändern sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes für aus der Ukraine geflüchtete Menschen. Die Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) einschließlich Leistungen bei Krankheit entfällt. Stattdessen wird der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung als Pflicht- bzw. freiwilliges Mitglied oder zur Gesundheitsversorgung im Rahmen des SGB XII-Systems gewährleistet.

Daraus ergeben sich im Wesentlichen folgende Veränderungen hinsichtlich der Krankenversorgung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine:

Bezug von Arbeitslosengeld II

  • Mit dem Bezug von Arbeitslosengeld II sind die Leistungsberechtigten regelmäßig in die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Absatz 1 Nummer 2a SGB V) und in der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2a SGB XI) einbezogen. Sie werden damit Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse und haben Anspruch auf den vollen Leistungsbezug.
  • In den Übergangsfällen des § 74 Absatz 5 SGB II, in denen die Personen sowohl einen – vorrangigen - Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II als auch einen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG haben, tritt Versicherungspflicht als Bezieher von Arbeitslosengeld II – sofern die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht erfüllt sind – regelhaft rückwirkend am 1. Juni 2022 ein.
  • Denkbar ist, dass die Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 5a SGB V und damit auch die Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung ausgeschlossen ist. Dies könnte nach der zweiten Alternative bei Personen der Fall sein, die aufgrund ihrer zuletzt in der Ukraine ausgeübten Erwerbstätigkeit den in § 5 Absatz 5 SGB V (hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige) oder den in § 6 Absatz 1 oder 2 SGB V (insbesondere Beamte) genannten Personen zuzuordnen sind.
  • Die Versicherungsfreiheit nach § 6 Absatz 3a SGB V für Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, findet hingegen auf den Personenkreis der Flüchtlinge aus der Ukraine, die durch den Bezug von Arbeitslosengeld II erstmals in Deutschland versicherungspflichtig werden, keine Anwendung (vergleiche Begründung zum Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 – GKV-Gesundheitsreform 2000 -, Bundestags-Drucksache 14/1245, sowie Gemeinsames Rundschreiben der ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen zu diesem Gesetz vom 22. Dezember 1999, Abschnitt II). Wenngleich hierin auf Ausländer Bezug genommen wird, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres erstmals in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt sind, muss diese Sichtweise auch auf den hier in Rede stehenden Personenkreis der Bezieher von Arbeitslosengeld II gelten.
  • Der Personenkreis der Flüchtlinge aus der Ukraine hat anlässlich des Eintritts von Versicherungspflicht aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II das gleiche freie Krankenkassenwahlrecht wie andere Bezieher von Arbeitslosengeld II auch.

 Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den SGB XII-Vorschriften

Die nicht erwerbsfähigen hilfebedürftigen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine werden seit dem 1. Juni 2022 in den Anwendungsbereich des SGB XII einbezogen (§ 146 SGB XII) und erhalten nach den allgemein gültigen Voraussetzungen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Bezug von Leistungen der Sozialhilfe begründet bekanntlich keine Versicherungspflicht in der GKV. Der Versicherungspflicht dieser Personen in der GKV über die Regelung des § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V (Auffang-Versicherungspflicht) steht entgegen, dass sie über eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall verfügen. § 5 Absatz 8a Satz 2 SGB V schließt die Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel SGB XII von der Auffang-Versicherungspflicht aus. In den Übergangsfällen des § 146 Absatz 5 SGB XII ist ein nahtloser Übergang von der Leistungsberechtigung nach § 4 AsylbLG, die gemäß § 5 Absatz 11 Satz 3 SGB V eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall darstellt, zur Absicherung nach Maßgabe der SGB XII-Rechtsvorschriften gewährleistet. Das neu geschaffene Beitrittsrecht zur freiwilligen Krankenversicherung in der GKV ist für diese Personen ausgeschlossen.

Beitrittsrecht zur freiwilligen Krankenversicherung

  • Aus der Ukraine Geflüchtete erhalten mit der neueingeführten Regelung in § 417 SGB V vom 1. Juni 2022 an ein Beitrittsrecht zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung und somit auch zur sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Absatz 3 SGB XI). Das Beitrittsrecht setzt eine kumulative Erfüllung folgender Tatbestände voraus:
    • aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen
    • fehlende Hilfebedürftigkeit
    • Antragstellung innerhalb einer sechsmonatigen Frist
  • Die freiwillige Mitgliedschaft beginnt mit dem Tag des Beitritts zur Krankenkasse (§ 188 Absatz 1 SGB V), frühestens jedoch mit der Erfüllung der aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen (vergleiche Abschnitt 4.2). Für das Ende der freiwilligen Mitgliedschaft gelten die allgemeinen Regelungen des § 191 SGB V. Darüber hinaus wird die freiwillige Mitgliedschaft von Geflüchteten kraft Gesetzes (§ 3 Nummer 2 SGB IV) beendet, wenn sie Deutschland dauerhaft verlassen und in die Ukraine zurückkehren. In solchen Fällen bedarf es weder einer Kündigung noch eines Nachweises einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall.

 Obligatorische Anschlussversicherung

Bei der Prüfung der Voraussetzungen der obligatorischen Anschlussversicherung haben die Krankenkassen nach § 188 Absatz 4 Satz 4 SGB V alle Ermittlungsmöglichkeiten zur Feststellung des Wohnsitzes bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts des Mitglieds in Deutschland auszuschöpfen. Einzelheiten hierzu regeln die vom GKV-Spitzenverband beschlossenen Einheitlichen Grundsätze zu den Ermittlungspflichten der Krankenkassen nach § 188 Abs. 5 SGB V.

Kranken- und Pflegeversicherung für Studierende

i. Hilfebedürftige Geflüchtete, die vor dem 1. Juni 2022 ein Studium aufgenommen haben

Diese Personen unterliegen grundsätzlich der durch die Einschreibung an einer Hochschule eintretenden Versicherungspflicht in der studentischen Krankenversicherung, sofern die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Nummer 9 SGB V vorliegen und insbesondere kein vorrangiges Krankenversicherungsverhältnis besteht. Von der mit der Pflicht zur Beitragszahlung verbundenen Versicherungspflicht können sich die in Rede stehenden Personen auf Antrag befreien lassen. Der für die Befreiung erforderliche Nachweis der anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall wird durch den diesen Personen im Regelfall zustehenden Anspruch auf Leistungen gemäß den §§ 4 und 6 AsylbLG erfüllt.

ii. Hilfebedürftige Geflüchtete, die nach dem 31. Mai 2022 ein Studium aufnehmen

Mit Aufnahme einer nach dem BAföG förderungsfähigen Ausbildung, wozu auch das Studium an einer Hochschule gehört, endet aufgrund der Ausschlussklausel in § 7 Absatz 5 SGB II der Bezug von Arbeitslosengeld II und mithin die an den Leistungsbezug geknüpfte Versicherungspflicht in der Krankenversicherung. Damit steht der infolge der Einschreibung an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eintretenden Versicherungspflicht in der studentischen Krankenversicherung nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 SGB V die nach § 5 Absatz 7 Satz 1 SGB V vorrangige Versicherungspflicht als Bezieher von Arbeitslosengeld II nach § 5 Absatz 1 Nummer 2a SGB V nicht entgegen. Der Beitrag zur studentischen Krankenversicherung ist im Rahmen der BAföG-Förderung nach § 13a Absatz 1 BAföG zuschussfähig.

Familienversicherung

i. Wohnort oder gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet

Mit dem Bezug von Arbeitslosengeld II und der damit verknüpften Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie dem Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung, der in der Pflegeversicherung zur Versicherungspflicht nach § 20 Absatz 3 SGB XI führt, kommt für die Familienangehörigen des Mitglieds unter den Voraussetzungen des § 10 SGB V und § 25 SGB XI die beitragsfreie Familienversicherung in Betracht. Dabei verlangen sowohl § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 SGB V für die Krankenversicherung als auch § 25 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 SGB XI für die Pflegeversicherung, dass die Familienangehörigen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.

ii. Einkommensnachweise für in der Ukraine verbliebene Ehegatten von Mitgliedern bei Prüfung der Voraussetzungen der Familienversicherung für gemeinsame Kinder nach § 10 Absatz 3 SGB V

Nach § 5 Absatz 3 der Einheitlichen Grundsätze zum Meldeverfahren bei Durchführung der Familienversicherung (Fami-Meldegrundsätze) vom 27. November 2019 ist für die Prüfung des Ausschlusses der Familienversicherung nach § 10 Absatz 3 SGB V das Gesamteinkommen durch geeignete Einkommensnachweise zu belegen. Diese Regelung lässt einen generellen Verzicht auf die Vorlage von Einkommensnachweisen zur Prüfung der Voraussetzungen des § 10 Absatz 3 SGB V für in der Ukraine verbliebene Ehegatten von Mitgliedern der GKV nicht zu. Sofern Einkommensnachweise nicht vorgelegt werden (können), hat die Krankenkasse eine Entscheidung nach objektiver Beweislast zu treffen. Das Einräumen der Familienversicherung für gemeinsame Kinder trotz Nichtvorlage von Einkommensnachweisen bedarf für den Einzelfall einer ausreichend tragfähigen Begründung.

Informationen zur medizinischen Versorgung von Geflüchteten aus der Ukraine stellen auch das BMG, die Krankenkassen, wie z. B. die AOK, zur Verfügung. Die AOKen stellen diese Information auch in ukrainischer Sprache zur Verfügung.

Informationen zum Zugang zur medizinischen Versorgung in ukrainischer sowie russischer Sprache stellt ebenfalls DAAD zur Verfügung.

9. Wie sind ukrainische Saisonarbeiter zu bewerten (Feststellen der Berufsmäßigkeit)?

Bei der Feststellung der Voraussetzungen einer zeitgeringfügigen (kurzfristigen) Beschäftigung verlangt § 8 Absatz 1 Nummer 2 SGB IV neben der zeitlichen Befristung, dass die Beschäftigung mit einem Entgelt von mehr 520 € im Monat nicht berufsmäßig ausgeübt wird.

Nach Auffassung der Deutschen Rentenversicherung Bund sind Geflüchtete, insbesondere Kriegsflüchtlinge, die aufgrund einer existenz- bzw. lebensbedrohenden Zwangslage ihr Heimatland verlassen und ihr Hab und Gut sowie teilweise Familienangehörige zurücklassen müssen, in Deutschland vorübergehend oder längerfristig Zuflucht finden, auf Unterstützung bei der Unterbringung und Verpflegung angewiesen, sodass in aller Regel davon auszugehen ist, dass eine währenddessen aufgenommene Beschäftigung dazu dient, den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Dementsprechend stellt sich eine entgeltliche, wenn auch kurzfristige, Beschäftigung dieser Personen im Allgemeinen als nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung und somit als berufsmäßig im Sinne des § 8 Absatz 1 Nummer 2 SGB IV dar. Ob sich daran aufgrund eines zum Flüchtlingsstatus hinzutretenden Status als (Fern-)Student etwas ändert, prüft die DRV Bund im konkreten Einzelfall. Maßgebend ist dabei in erster Linie nicht der Nachweis des Studentenstatus, sondern ob die Beschäftigung tatsächlich nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist, das heißt für die aktuellen Lebensumstände und den Lebensunterhalt nur nachrangige Bedeutung hat.

10. Werden ukrainische Führerscheine in Deutschland und der EU anerkannt?

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben am 18. Juli 2022 eine Verordnung ((EU) 2022/1280) erlassen, mit der die Gültigkeit ukrainischer Führerscheine in den Mitgliedstaaten der EU geregelt wird. Sie trat am 27. Juli 2022 in Kraft. Ab diesem Datum werden alle gültigen ukrainischen Führerscheine in Deutschland und in allen Mitgliedstaaten der EU anerkannt, wenn der Person des Führerscheins vorübergehender Schutz gewährt wurde. Das Mitführen einer beglaubigten Übersetzung oder ein internationaler Führerschein sind nicht erforderlich. Im Umkehrschluss gilt die Anerkennung der Führerscheine damit bis zum Auslaufen des Aufenthaltstitels zum vorübergehenden Schutz (maximal bis 4. März 2024).

11. Was geschieht, wenn Beschäftigte aufgrund von Hilfseinsätzen nicht rechtzeitig wieder ihre Arbeit aufnehmen?

In Fällen, in denen Beschäftigte entgegen ihrer Planung beispielsweise aufgrund der Teilnahme an einem Transport von Hilfsgütern nicht rechtzeitig ihren Arbeitsplatz erreichen, kommt ein Eingreifen des § 616 BGB aufgrund eines in seiner Person liegenden Grundes in Betracht – soweit er nicht abbedungen wurde und nur dann, wenn es sich um eine nicht erhebliche Zeit des Ausfalls handelt.

Tritt das Hindernis unmittelbar bei Rückkehr auf dem Weg zum Arbeitsplatz auf, ist zu berücksichtigen, dass das Wegerisiko grds. der Beschäftigte trägt und dann kein Lohnfortzahlungsanspruch besteht. Nimmt sich der Beschäftigte aber beispielsweise Urlaub, um zu helfen und während dieser Tage entsteht das Hindernis, kann von einem Fall des § 616 BGB ausgegangen werden.

12. Gibt es Freistellungsansprüche für freiwillige Helfer oder freiwillige Kämpfer?

Entsprechende gesetzliche Freistellungsansprüche existieren nicht. Beschäftigte, die ehrenamtlich, z. B. in der Flüchtlingshilfe tätig werden möchten, müssen daher Urlaubstage oder Arbeitszeitguthaben in Anspruch nehmen. Darüber hinaus kommen Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber zu unbezahlten oder aber auch bezahlten Freistellungen in Betracht, um das Engagement von Beschäftigten zu unterstützen.

Dasselbe gilt für die freiwillige Teilnahme an Kampfeinsätzen; hinsichtlich Vereinbarungen von Unternehmen mit ihren Beschäftigten ist hier aber eher Zurückhaltung geboten bzw. es sollte eine intensive Abwägung gemeinsam mit dem Beschäftigten erfolgen. Die Vorschriften des Arbeitsplatzschutzgesetzes greifen in diesen Fällen nicht.

13. Was können Unternehmen und ihre Beschäftigten tun, um konkret zu unterstützen?

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft, BDA, BDI, DIHK und ZDH unterstützen die Maßnahmen der Bundesregierung und der internationalen Gemeinschaft und möchten Unternehmen dabei unterstützen, ihre Hilfsangebote an der Situation vor Ort auszurichten.

Zur Unterstützung einer bedarfsgerechten Hilfe haben die Spitzenverbände in enger Zusammenarbeit die Initiative #WirtschaftHilft ins Leben gerufen. Unter www.WirtschaftHilft.info erhalten Unternehmen und Verbände umfangreiche Informationen.

Das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) hat auf seiner Website eine Spendeninfo „Nothilfe Ukraine“ mit Konten und Tipps zum sicheren Spenden zur Verfügung gestellt. Dieses Informationsangebot ist erreichbar unter: Spenden für Bedürftige in der Ukraine und auf der Flucht. Hinweise des Bundesfinanzministeriums zu steuerlichen Maßnahmen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten (z. B. Arbeitslohnspenden, Nachweise steuerbegünstigter Zuwendungen oder Hinweise zur vorübergehenden Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine) finden Sie hier: BMF-Schreiben sowie ergänzendes BMF-Schreiben um lohnsteuerliche Unterstützungsleistungen. Der zeitliche Anwendungsbereich wurde aufgrund des andauernden Krieges bis Ende 2023 verlängert (siehe BMF-Schreiben).

Auch eine sog. Arbeitslohnspende zugunsten von Hilfen für die Menschen in der Ukraine, ist möglich. Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen des Arbeitslohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens entweder zugunsten einer steuerfreien Beihilfe und Unterstützung des Arbeitgebers an vom Krieg in der Ukraine geschädigte Arbeitnehmer des Unternehmens oder Arbeitnehmer von Geschäftspartnern oder zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung (§ 10b Absatz 1 Satz 2 EStG), bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist im Lohnkonto aufzuzeichnen, außer wenn der Arbeitnehmer seinen Verzicht schriftlich erteilt hat und diese Erklärung zum Lohnkonto genommen worden ist. Der außer Ansatz bleibende Arbeitslohn ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben.

Unabhängig von der Erklärung der Finanzverwaltung, dass die Arbeitslohnspende lohnsteuerfrei ist, ist sie nicht auch zugleich sozialversicherungsbeitragsfrei. Das bedeutet, dass eine solche Arbeitslohnspende, bei der es sich regelmäßig um eine bloße Abrede über die Verwendung des laufenden Arbeitsentgelts handelt, im Unterschied zu einer wirksamen Entgeltumwandlung, nicht zu einer Minderung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts führt und insofern beitragsrechtlich unbeachtlich ist. Denn unter dem Gesichtspunkt der sv-rechtlichen Betrachtung kann die Verwendung von Teilen des Arbeitsentgelts (oder Wertguthabens) zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto (Arbeitslohnspende) zugunsten von Hilfen für die Menschen in der Ukraine – im Gegensatz zur Zuwendung zugunsten von durch Naturkatastrophen im Inland Geschädigten nicht unter § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 11 SvEV subsumiert werden, da die dort genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Ein anderes Ergebnis hinsichtlich der beitragsrechtlichen Behandlung kann im Wege der Auslegung nach wie vor nicht herbeigeführt werden. Dazu bedürfte es letztendlich einer Regelung durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber, die allerdings nach bislang vorliegender Kenntnis nicht angedacht ist.

Fragen und Antworten zu steuerlichen Maßnahmen (keine Lohnsteuerfragen) zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten in den Bereichen „Gesellschaftliches Engagement“ und „Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine“ finden Sie auf der verlinkten Seite des BMF.

14. Kann Kurzarbeitergeld gewährt werden, wenn es in Folge der Ukraine-Krise zu Arbeitsausfällen kommt?

Bei vorrübergehenden und unvermeidbaren Arbeitsausfällen kann ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld bestehen, wenn die Arbeitsausfälle auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruhen, vgl. § 96 Abs. 1 SGB III.

Wenn aufgrund des Kriegsgeschehens in der Ukraine Zulieferer ausfallen, Aufträge oder Absatzmärkte wegfallen oder wegen ausbleibender Rohstofflieferungen die Produktion im Betrieb gehemmt wird, kann Kurzarbeit vereinbart und Kurzarbeitergeld gewährt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. FAQ der Bundesagentur für Arbeit).

In diesen Fällen gelten ebenfalls die aufgrund der Corona-Pandemie geschaffenen Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld (vgl. FAQ Kurzarbeit der BDA).

15. Welche Hilfen stellt die Bundesregierung für besonders von den Folgen des Kriegs in der Ukraine betroffene Unternehmen bereit?

Die Bundesregierung hat am 8. April 2022 Eckpunkte des Maßnahmenpakets zur kurzfristigen Liquiditätssicherung für besonders von den hohen Energiepreissteigerungen, Sanktionen oder Produktionsausfällen betroffenen Unternehmen vorgelegt. Deutsche Beihilferegelungen im Umfang von rund 20 Mrd. sowie 11 Mrd. € hat die Europäische Kommission am 19. April sowie 4. Mai 2022 genehmigt (vgl. Beihilfegenehmigung I und Beihilfegenehmigung II. Dies geschah jeweils auf Grundlage des im März von der Kommission erlassenen befristeten Krisenrahmens für staatliche Beihilfen (Änderung vom 20. Juli: Staatliche Beihilfen: Kommission ändert Befristeten Krisenrahmen (europa.eu)). Am 14. Juli 2022 folgte die Genehmigung weiterer 5 Mrd. €, am 22. Dezember 2022 wurden weitere 49 Mrd. € genehmigt Deutschland kann die Beihilfen nun bis zum 31. Dezember 2023 Unternehmen gewähren.

Das Maßnahmenpaket für Unternehmen enthält folgende einzelne Elemente:

1. KfW Sonderprogramm UBR 2022 – gestartet am 9. Mai 2022

  • Kredite im standardisierten Durchleitgeschäft über Hausbanken bis zu einem Kreditvolumen von 100. Mio. €
  • Individuelle, großvolumige Konsortialfinanzierungen

2. Bürgschaftsprogramme – gestartet am 29. April 2022

  • Unterstützung beim Erhalt von Betriebsmittel- und Investitionskrediten
  • Erweiterung der Programme der Bürgschaftsbanken und des Großbürgschaftsprogramms

3. Zeitlich befristeter Zuschuss für Unternehmen mit hohen Zusatzkosten aufgrund gestiegener Erdgas- und Strompreise – gestartet am 15. Juli 2022

  • Zielgerichteter Zuschuss für Zeitraum Februar bis Dezember 2022
  • Ausgangspunkt: Preisdifferenz der gezahlten Strom- und Gaskosten im Jahr 2022 im Vergleich zu den im Jahr 2021 angefallenen Kosten. Anteilig bezuschusst wird Preisdifferenz oberhalb einer Verdopplung des Erdgas- und Strompreises

4. Zielgerichtete Eigen- und Hybridkapitalhilfen

  • Ziel: Stabilisierung branchenübergreifend großer Unternehmen der Realwirtschaft, deren Bestandsgefährdung erhebliche Auswirkungen auf die Volkswirtschaft hätte
  • KfW-Zuweisungsgeschäft steht zur Verfügung, weitere Schritte werden geprüft

5. Unterstützung von Energieunternehmen bei bestimmten Liquiditätsengpässen – gestartet am 17. Juni 2022, Unterzeichnung Darlehnsverträge war bis 31. Dezember 2022 möglich, Kreditlaufzeiten sind bis 30. April 2023 möglich

  • Spezielles Finanzierungsprogramm (100 Mrd. €), welches Liquiditätsengpässe aufgrund von hohen Sicherheitsforderungen (Margin Calls) überbrückt
  • Weitere Informationen finden Sie unter diesem Link

Weitere Informationen zu den einzelnen Maßnahmen des Hilfspakets finden Sie hier: Schutzschild startet Schritt für Schritt

Gas- und Strompreisbremse für KMU und Industrie – für 2023 mit optionaler Verlängerung bis April 2024

Am 19. Dezember 2022 einigten sich zudem die EU-Energieminister auf eine Gaspreisbremse für den Großhandel.

16. Was geschieht mit dem Arbeitsverhältnis, wenn Beschäftigte mit ausländischer Staatsangehörigkeit zum Wehrdienst einberufen werden?

Aufgrund der Invasion Russlands in die Ukraine hat die Ukraine eine allgemeine Mobilmachung angeordnet. Beispielsweise Polen hat die mögliche Einberufung von Reservisten angekündigt. Hiervon betroffen können auch in Deutschland Beschäftigte mit z. B. ukrainischer Staatsangehörigkeit sein. In diesen Fällen greifen für das Arbeitsverhältnis relevante Vorschriften des Arbeitsplatzschutzgesetzes. Gemäß § 16 Abs. 1 ArbPlSchG gilt das Gesetz auch im Falle des unbefristeten Wehrdienstes im Spannungs- oder Verteidigungsfall. Ein Einberufungsbescheid ist Voraussetzung für die Geltung des Arbeitsplatzschutzgesetzes, freiwillige Kampfeinsätze fallen nicht unter dessen Geltungsbereich.

Diese Regelungen gelten nicht nur für deutsche Beschäftigte, sondern gemäß § 16 Abs. 6 ArbPlSchG auch für in Deutschland beschäftigte ausländische Personen, wenn diese in ihrem Heimatstaat zur Erfüllung ihrer dort bestehenden Wehrpflicht zum Wehrdienst herangezogen werden, wenn diese Staatsangehörige der Vertragsparteien der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 (BGBl. 1964 II S. 1262) sind und ihren rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland haben. Vertragsparteien der Europäischen Sozialcharta sind u. a. die Ukraine, Tschechien, Polen, Rumänien, Moldawien, Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland, Litauen und Bulgarien. Die Übersicht über alle Vertragsstaaten der Europäischen Sozialcharta ist hier abrufbar: Vertragsstaaten Europäische Sozialcharta. Der Europarat hat am 16. März 2022 den Ausschluss der Russischen Föderation beschlossen. Damit greift das Arbeitsplatzschutzgesetz für russische Staatsangehörige, die in Deutschland beschäftigt sind – sofern entsprechende Einberufungen in Zukunft erfolgen sollten - nicht mehr.

Im Einzelnen gelten die folgenden Vorschriften des Arbeitsplatzschutzgesetzes:

§ 1 Ruhen des Arbeitsverhältnisses
Gemäß § 1 Abs. 1 ArbPlSchG ruht das Arbeitsverhältnis während des Wehrdienstes, wenn ein Beschäftigter zum Grundwehrdienst oder zu einer Wehrübung einberufen wird. Gemäß § 1 Abs. 3 ArbPlSchG hat der Beschäftigte den Einberufungsbescheid unverzüglich seinem Arbeitgeber vorzulegen. § 1 Abs. 4 ArbPlSchG regelt, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis durch Einberufung zum Wehrdienst oder zu einer Wehrübung nicht verlängert wird. Das Gleiche gilt, wenn ein Arbeitsverhältnis aus anderen Gründen während des Wehrdienstes geendet hätte.

§ 2 Kündigungsschutz für Arbeitnehmer, Weiterbeschäftigung nach der Berufsausbildung
§ 2 Abs. 1 ArbPlSchG regelt, dass von der Zustellung des Einberufungsbescheides bis zur Beendigung des Wehrdienstes sowie während einer Wehrübung der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen darf, das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt gemäß Abs. 3 unberührt.

Weitere in diesem Zusammenhang relevante Regelungen betreffen Fragen der Zurverfügungstellung von Wohnraum und der Gewährung von Sachbezügen (§ 3 ArbPlSchG), des Erholungsurlaubs, der für je jeden vollen Kalendermonat, den der Arbeitnehmer Wehrdienst leistet, um ein Zwölftel zu kürzen ist (§ 4 ArbPlSchG), des Benachteiligungsverbots (§ 5 ArbPlSchG), zur Anrechnung von Wehrdienst- und Wehrübungszeiten (§ 6 ArbPlSchG) sowie Vorschriften für in Heimarbeit Beschäftigte (§ 7 ArbPlSchG) und Handelsvertreter (§ 8 ArbPlSchG).

Auf die Sozialversicherung sind folgende Auswirkungen bei der Einberufung von Reservisten zu erwarten:

Für in Deutschland versicherungspflichtig Beschäftigte, die zu Reservedienstleistungen in einem anderen Land der EU (z. B. Polen) einberufen werden, gibt es keine Sonderregelungen im deutschen Sozialversicherungsrecht. Allerdings ist Unionsrecht, insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, zu beachten. Danach gilt für die Bestimmung des anwendbaren Rechts, dass eine zum Wehr- oder Zivildienst eines Mitgliedstaats einberufene oder wiedereinberufene Person grundsätzlich den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats unterliegt (Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe d der Verordnung (EG) 883/2004).

Das bedeutet, dass die versicherungspflichtig Beschäftigten mit der Einberufung den Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit des einberufenden EU-Staates (z. B. Polen oder Rumänien) unterstellt werden. Der Arbeitgeber hat daraufhin die Beschäftigten, die für die Zeit des Wehrdienstes/der Reservedienstleistung ohne Fortzahlung von Arbeitsentgelt freigestellt sind, infolge der Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung abzumelden. Die Fiktion des Fortbestehens der entgeltlichen Beschäftigung für längstens einen Monat (§ 7 Absatz 3 Satz 1 SGB IV) findet keine Anwendung. In der Kranken- und Pflegeversicherung bestehen für die mitversicherten Familienangehörigen im Anschluss an das Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung bzw. der hieran geknüpften Beendigung der Familienversicherung Weiterversicherungsmöglichkeiten.

Sofern versicherungspflichtig Beschäftigte für die Zeit des Wehrdienstes/der Reservedienstleistung weiterhin Arbeitsentgelt erhalten (z. B. durch Abgeltung von Überstunden- oder Gleitzeitguthaben oder Inanspruchnahme bezahlten Urlaubs), bleibt das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis und die daran geknüpfte Versicherungspflicht in Deutschland bestehen; insoweit entstehen für den Arbeitgeber keine Meldepflichten. In diesen Fällen bleibt auch der über die Familienversicherung vermittelte Versicherungsschutz der Familienangehörigen in der Kranken- und Pflegeversicherung erhalten.

17. Welche aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten haben Menschen russischer Staatsangehörigkeit als Schutzsuchende oder im Rahmen der Erwerbsmigration in Deutschland?

Zunächst ist zu beachten, dass Personen russischer Staatsangehörigkeit, die sich nicht vorher rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben (siehe Nr. 4), grundsätzlich für die Einreise nach Deutschland ein Visum benötigen, welches über die konsularischen Abteilungen der deutschen Botschaften zu beantragen ist.

§ 24 AufenthG gilt nicht für Menschen, die aus dem Gebiet der russischen Föderation nach Deutschland fliehen.

Wie für Menschen aller Herkunftsstaaten gilt jedoch auch für Personen mit russischer Staatsbürgerschaft, dass sie in Deutschland einen Asylantrag stellen können, beziehungsweise um internationalen Schutz nachsuchen. Das BAMF prüft dann im Einzelfall, ob der geltend gemachte Verfolgungsgrund besteht und erkennt ggf. eine Schutzberechtigung an. Im Raum stehen beispielsweise oppositionelle Tätigkeiten in Russland oder die Weigerung, sich als Wehrpflichtiger am russischen Angriff auf die Ukraine zu beteiligen.

Für international tätige Unternehmen und Konzerne, die sich aufgrund des Kriegs in der Ukraine aus Russland zurückziehen bzw. zurückziehen wollen, gab es bis zum 31. Dezember 2022 die Möglichkeit, über eine Globalzustimmung ihre in Russland tätigen Fachkräfte vereinfacht nach Deutschland zu holen. Seit dem 1. Januar 2023 wird die Zustimmung der BA wieder regulär im Antrag geprüft.

Das Auswärtige Amt unterstützt Arbeitgeber bei einer gebündelten Abwicklung der Visaverfahren. Arbeitgeber müssen für ihre Mitarbeitenden nicht einzelne Termine in der Auslandsvertretung in Russland vereinbaren, sondern können die Namen der Mitarbeitenden und Familienangehörigen gesammelt an die Visastelle in Moskau für eine Terminierung übersenden. Terminwünsche und die Namenslisten können unter rk-visa12(at)mosk.diplo(dot)de eingereicht werden.

Dieses gesonderte Vorgehen betrifft folgende Titel für Fachkräfte:

  • Blaue Karte EU (§ 18b Abs. 2 AufenthG)
  • Fachkräfte mit akademischer Ausbildung (§ 18b Abs. 1 AufenthG)
  • Fachkräfte mit Berufsausbildung (§ 18a AufenthG)
  • IT-Spezialisten mit berufspraktischer Erfahrung (§ 6 BeschV)
  • Unternehmensspezialisten (§ 3 Nr. 3 BeschV)

Die Bundesregierung hat eine Kurzinformation für Arbeitgeber zur Gewinnung und Beschäftigung von russischen Fachkräften erstellt. Hintergrund ist, dass das Bundeskabinett im April 2022 eine ressortübergreifende Taskforce „Russische Fachkräfte“ eingerichtet hat mit dem Ziel, die Einwanderung und mögliche Anwerbung von russischen Fachkräften nach Deutschland zu unterstützen. Die Kurzinformation erläutern den Status quo des derzeitigen Einreiseverfahrens bei der Beschäftigung russischer Fachkräfte. Die Kurzinformation können Sie auf dem Portal „Make it in Germany“ abrufen und stehen auch in russischer Sprache zur Verfügung.

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