Zentralverband des
Deutschen Handwerks
Zentralverband des
Deutschen Handwerks
30.08.2022

Energiepreisbremse und Härtefallhilfen

Neben der Sicherung der Gasversorgung zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftskreisläufe ist es von großer Bedeutung, dass die Energiepreise für die kleinen und mittelgroßen Betriebe tragfähig bleiben. Hierzu unterbreitet der ZDH einen Handlungsvorschlag.
Arbeiter dreht an einem großen Rad an einer gelben Gas-Pipeline.

Aktuelle Lage

 

Die aktuell stark steigenden Energie-, insbesondere die Gaspreise stellen eine existenzielle Gefährdung für die mittelstandsgeprägte Wirtschaftsstruktur in Deutschland dar. Neben der Sicherstellung der Gasversorgung zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftskreisläufe ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Energiepreise gerade für die kleinen und mittelgroßen Betriebe tragfähig bleiben. Aufgrund der aktuellen krisenhaften Verwerfungen muss es Interventionen des Staates geben, um das Überleben des Mittelstands, dem wirtschaftlichen Rückgrat unseres Landes, zu sichern.

 

Der hier formulierte Vorschlag konzentriert sich auf den Gasmarkt, lässt sich aber auch auf andere Energiemärkte übertragen. Er zielt darauf, die Preiswirkung auf die Unternehmen „in die Zange“ zu nehmen, wobei sowohl beim Großhandel durch eine Preisbremse als auch bei den (dann immer noch) besonders betroffenen Betrieben durch Härtefallhilfen angesetzt wird. Hierbei wird die grundlegende Wirkung des Preismechanismus nicht ausgehebelt, um den Druck auf Energieeinsparungen nicht gänzlich auszuschalten. Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung, Energieeinsparung und zur Substitution von Erdgas sind von entscheidender Bedeutung bei der Bewältigung der aktuellen Situation und der Verhinderung einer Gasmangellage. Flankierend sollten auch die Energiesteuersätze für in Produktionsprozessen verwendete Energieträger und der Stromsteuersatz auf die jeweiligen europarechtlich zulässigen Mindeststeuersätze gesenkt werden.

Erster Ansatzpunkt: Energiepreisbremse auf Ebene des Gasgroßhandels

Ziel: „Abbremsen“ der stark steigenden Einkaufspreise bei Erdgas bereits beim Gasgroßhandel (über den Marktgebietsverantwortlichen für den deutschen Gasmarkt, der Trading Hub Europe GmbH, bei den einheimischen Produzenten bzw. den Ferngasgesellschaften/Importeuren), bevor diese Preise über die Versorger auf die privaten und gewerblichen Endverbraucher treffen.

Ein „Abbremsen“ des starken Preisanstiegs für Erdgas muss bereits beim Einspeisen in das Marktsystem erfolgen, um starke Verwerfungen auf den nachfolgenden Wertschöpfungsstufen zu vermeiden. Hierbei kommt dem Marktgebietsverantwortlichen für den deutschen Gasmarkt, der Trading Hub Europe GmbH (THE), eine Schlüsselrolle – ähnlich wie bei der Gasumlage – zu: Ausgehend von der Entwicklung des Gaspreises seit dem Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar 2022 erscheint daher die Festlegung eines Referenzgaspreises und seines prozentualen Anwachsens in Hinblick auf die Marktentwicklung sinnvoll. Wichtig ist hierbei, dass Preissteigerungen zugelassen werden und der Preis nicht gedeckelt wird, um entsprechende Signale in den Markt zu geben, wodurch weiterhin Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung, Energieeinsparung und zur Substitution von Erdgas gefördert und nicht unterdrückt werden.

Die Bundesnetzagentur zeigt die Entwicklung des Gaspreises und der Gasimportmengen in jüngster Zeit.

 

 

Der Gaspreis ist demnach nach einigen Niveausprüngen und einer Phase des linearen Wachstums nun auf einen exponentiellen Wachstumspfad eingeschwenkt, den es deutlich abzubremsen gilt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen gewerblichen Kunden mit registrierter Leistungsmessung (RLM) sowie den kleinen und mittelgroßen Betrieben mit Standardlastprofilen (SLP). Bei ersteren handelt es sich um Großverbraucher, für die Einzelfalllösungen zu erarbeiten sind.

 

 

 

Zur Diskussion: Der Referenzgaspreis sollte wahrscheinlich bei EUR 150 pro MWh starten und sich dann mit einer Wachstumsrate entwickeln, die ein Fünftel der Marktpreiswachstumsrate entspricht.

Der Ausgleich der Differenz zwischen dem Marktpreis und dem dargestellten Gaspreis für die SLP-Kunden, der über die regionalen Versorger weitergegeben wird, erfolgt zugunsten der Gasgroßhandelsunternehmen über die THE, welche die notwendigen finanziellen Mittel vom Bund bereitgestellt bekommt.

Bei diesem Mechanismus würde auch die Gasumlage nicht mehr zur Anwendung kommen müssen, da die gegenwärtig erstatteten Mehrkosten durch den Differenzbetrag bereits berücksichtigt und abgedeckt werden.

Zweiter Ansatzpunkt: Härtefallhilfen für besonders betroffene Betriebe

Ziel: Abfederung der hohen Energiekosten für energieintensive Betriebe, die diese Kosten nicht in ausreichendem Maße überwälzen können. (Die Härtefallhilfen orientieren sich an der Ausgestaltung des Energiekostendämpfungsprogramms, wobei die für das Handwerk restriktiven Zugangsvoraussetzungen gelöst werden.)

Für die Härtefallhilfen stehen diejenigen Betriebe im Blickpunkt, deren Energiebeschaffungskosten sich auf mindestens 3% des Produktionswertes im letzten abgeschlossenen handelsrechtlichen Geschäftsjahr belaufen und deren Energiepreise (wobei Gas insbesondere als Prozesswärme in diesen Betrieben dient) sich im Vergleich zum Durchschnittspreis 2021 mehr als verdoppelt hat. (Definition nach Energiekostendämpfungsprogramm).

Diese Betriebe erhalten in Analogie zum Energiekostendämpfungsprogramm einen Zuschuss von 30 Prozent der Preisdifferenz (Fördersatz) und bis zu 2 Millionen Euro bzw. 50 Prozent der Preisdifferenz und bis zu 25 Millionen Euro, die zudem einen Betriebsverlust in dem jeweiligen Monat aufgrund der zusätzlichen Energiekosten nachweisen. Dabei ist die Unmöglichkeit der Überwälzung der erhöhten Kosten aufgrund der vertragsmäßigen Ausgestaltung von Liefer- und Dienstleistungsverträgen (bspw. von Textilreinigungsbetrieben mit dem Gesundheitssektor) oder aufgrund von Marktgegebenheiten (Ausweichbewegung der Kundschaft des Lebensmittelhandwerks) sicherlich ein wesentlicher Faktor für einen solchen Betriebsverlust.

Bei diesen Härtefallhilfen mit Direktzuschüssen sind jedoch EU-Beihilfegrenzen zu beachten, sodass die Problematik möglicherweise „voller Beihilfekonten“ bei den Betrieben durch vorangegangene Corona-Pandemie-Hilfen nicht zu vernachlässigen ist und mit der Politik zu diskutieren wäre.

Zum Herunterladen

  • Handlungsvorschlag "Energiekostenabfederung" für kleine und mittlere Betriebe: Energiepreisbremse und Härtefallhilfen
    29. August 2022

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