Bundesfinanzhof zur doppelten Besteuerung von Renten

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in lange erwarteten Urteilen vom 19. Mai 2021 zwei Klagen von Rentnern wegen einer vermeintlichen doppelten Besteuerung ihrer Altersbezüge in letzter Instanz abgewiesen. Allerdings könnten spätere Rentnerjahrgänge durchaus von einer doppelten Besteuerung betroffen sein, wie der BFH deutlich machte.
In einem der beiden nun entschiedenen Verfahren (X R 33/19) hat der BFH erstmals genaue Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Zwar hatte im Streitfall die Revision des Klägers, der eine seit dem Jahr 2007 laufende Rente mit entsprechend hohem Rentenfreibetrag bezieht, keinen Erfolg. Allerdings ergibt sich auf der Grundlage der Berechnungsvorgaben des BFH, dass spätere Rentnerjahrgänge von einer doppelten Besteuerung ihrer Renten betroffen sein dürften. Dies folgt daraus, dass der für jeden neuen Rentnerjahrgang geltende Rentenfreibetrag mit jedem Jahr kleiner wird. Er dürfte daher künftig rechnerisch in vielen Fällen nicht mehr ausreichen, um die aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Rentenversicherungsbeiträge zu kompensieren.
Der BFH machte deutlich, dass zum steuerfreien Rentenbezug nicht nur die jährlichen Rentenfreibeträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehegatten aus dessen Hinterbliebenenrente zu rechnen sind. Alle anderen Beträge, die die Finanzverwaltung ebenfalls als „steuerfreien Rentenbezug“ in die Vergleichsrechnung einbeziehen möchte, bleiben allerdings nach Auffassung des BFH unberücksichtigt. Sie dienen anderen Zwecken und können daher nicht nochmals herangezogen werden, um eine doppelte Besteuerung von Renten rechnerisch zu vermeiden. Damit bleibt insbesondere auch der sogenannte Grundfreibetrag, der das steuerliche Existenzminimum jedes Steuerpflichtigen sichern soll, bei der Berechnung des „steuerfreien Rentenbezugs“ unberücksichtigt. Auch steuermindernde Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die der steuerpflichtige Rentner selbst trägt, müssen künftig unberücksichtigt bleiben.
In der zweiten Entscheidung vom 19. Mai 2021 (X R 20/19) hat der BFH zahlreiche weitere Streitfragen im Zusammenhang mit der sogenannten doppelten Rentenbesteuerung geklärt. Danach kann es für Renten aus privaten Kapitalanlageprodukten außerhalb der Basisversorgung, die, anders als gesetzliche Altersrenten, lediglich mit dem jeweiligen Ertragsanteil besteuert werden, systembedingt keine Doppelbesteuerung geben.
Zwar hat das Gericht damit grundsätzlich bestätigt, dass das Alterseinkünftegesetz, das die Besteuerung von Renten bis 2040 regelt, verfassungsgemäß ist. Allerdings wird das Bundesfinanzministerium, das bei der Berechnung der steuerfrei zufließenden Rentenleistungen stets die Auffassung vertrat, dass der Grundfreibetrag und die steuerlich abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge bei der Ermittlung des steuerunbelastet zufließenden Teils der Rente einzubeziehen sind und damit den steuerfrei zufließenden Teil der Rente erhöhen, nun die Berechnungen anpassen müssen.
Das Bundesfinanzministerium hat bereits angekündigt, die Besteuerung der Renten nachzujustieren – allerdings erst nach der Wahl. Nicht die einzige Baustelle für die neue Regierung. Angesichts der immensen haushalterischen Herausforderungen wird die Steuerpolitik in der neuen Legislatur eine Herkulesaufgabe.
Ihr ZDH-Steuerteam