Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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31.01.2022

Bargeldintensive Betriebe: BFH verneint Vollzugsdefizit

Der BFH hat entschieden, dass 2015 hinsichtlich der Erfassung von Bareinnahmen auch bei sog. bargeldintensiven Betrieben mit offener Ladenkasse kein strukturelles Vollzugsdefizit bestand.

Hintergrund:

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Streitig war, ob bezüglich der Erfassung von Bareinnahmen aus bargeldintensiven Geschäftsbetrieben (insbesondere im Bereich der Gastronomie) im Veranlagungszeitraum 2015 (Streitjahr) ein strukturelles Vollzugsdefizit vorlag und deshalb die erzielten Bareinnahmen nur teilweise der Besteuerung unterliegen.

Mit ihrer Sprungklage machte die Klägerin geltend, hinsichtlich der Erfassung von Bareinnahmen bei bargeldintensiven Betrieben liege ein strukturelles Vollzugsdefizit vor, das eine gleichmäßige Besteuerung aller Marktteilnehmer verhindere. Der Gesetzgeber habe dies zu verantworten. Die Besteuerung der von der Klägerin erzielten Bareinnahmen in vollem Umfang verstoße daher gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

Das FG Baden-Württemberg hatte die Klage gegen den Bescheid für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen als unbegründet wegen Fehlens eines strukturellen Vollzugsdefizits abgewiesen. Hiergegen richtete sich die Revision der Klägerin. Die Klägerin führte zur Begründung der Revision (Az. IV R 34/189 aus, dass die fehlende gesetzliche Verpflichtung zur Führung einer elektronischen Kasse ein strukturelles Vollzugsdefizit auf Erhebungsebene verursache und deshalb verfassungswidrig sei.

Der erkennende Senat wies die Revision als unbegründet ab. In den Gründen schloss sich der Auffassung des FG an und führte u.a. ergänzend wie folgt aus:

„Entgegen der Auffassung der Klägerin wurde die Gleichheit im Belastungserfolg im Streitjahr durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens aber auch im Übrigen nicht prinzipiell verfehlt. Vielmehr lag auch im Streitjahr selbst für bargeldintensive Betriebe im Bereich der Gastronomie eine normative Gestaltung vor, die gerade auf die Durchsetzung der pflichtbegründenden Steuernorm abzielt. Es bestand —anders als die Klägerin meint— auch im Streitjahr selbst für Betreiber einer offenen Ladenkasse ein angemessenes Entdeckungsrisiko bei Manipulationen. Ein etwa gleichwohl bestehendes Vollzugsdefizit im Bereich der bargeldintensiven Betriebe mit offener Ladenkasse lag im Streitjahr jedenfalls allein im Tatsächlichen und ist dem Gesetzgeber nicht zuzurechnen. Dies entbindet den Gesetzgeber allerdings nicht von seiner generell bestehenden Beobachtungs- und etwaigen Nachbesserungspflicht. (…)

Auch wenn danach im Streitjahr nach Ansicht des erkennenden Senats kein strukturelles Vollzugsdefizit im Bereich der bargeldintensiven Betriebe mit offener Ladenkasse vorlag, entbindet dies den Gesetzgeber nicht von seiner Pflicht, die offensichtlich bestehenden tatsächlichen Vollzugsprobleme bei der Besteuerung von Betrieben mit offenen Ladenkassen insbesondere im Bereich der Gastronomie sorgsam zu beobachten und alsbald zu prüfen, ob die seit 2016 ergriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen zu einer Verbesserung des Vollzugs auch in diesem Bereich geführt haben. Bei der danach erforderlichen Evaluierung kann ggf. auch die fortschreitende Digitalisierung zu berücksichtigen sein.“

Hinweis:

Der BFH hat somit keine generelle Verpflichtung des Gesetzgebers zur Einführung einer sog. Registrierkassenpflicht gesehen. Das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen soll vier Jahre nach Inkrafttreten evaluiert werden. Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll bei Feststellung einer fehlenden Zielerreichung auch die Einführung einer generellen Registrierkassenpflicht in kommende Erwägungen einbezogen werden.

Es ist davon auszugehen, dass nach Veröffentlichung der Evaluierungsergebnisse abermals die Einführung einer Registrierkassenpflicht diskutiert wird. Ein Blick nach Österreich zeigt, dass eine solche nicht ohne die Schaffung von Ausnahmen praxistauglich umzusetzen und mit erheblichen (Regelungs-)Aufwand verbunden ist.

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