Reisebeschränkungen sind auch Wirtschaftsbeschränkungen
Angesichts europaweit steigender Infektionszahlen haben die EU-Mitgliedstaaten ihre Reisebeschränkungen zuletzt wieder deutlich und kaum koordiniert ausgebaut. Die deutsche Wirtschaft weist nun in einem gemeinsamen Appell darauf hin, dass die damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen "weit über die Einschränkung touristischer Reisen hinausgehen".
Die Folgen treffen weite Teile der Wirtschaft und viele verschiedene Branchen, darunter auch das Handwerk. Hier einige Auszüge:
- Für jedermann offensichtlich sind die nachteiligen Wirkungen für die Tourismusbranche im weitesten Sinne. Reisen ins Ausland können nicht oder nur unter eingeschränkten Bedingungen stattfinden – Reisebüros, Reiseveranstalter, Busunternehmen, Fluggesellschaften sind hier in ihrer Geschäftstätigkeit weitestgehend eingeschränkt.
- Reisebeschränkungen haben aber auch im Inland negative Auswirkungen. Im ersten Halbjahr 2020 verbuchten Beherbergungsbetriebe 15,7 Mio. Übernachtungen von ausländischen Gästen - einem Minus von 60,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dies führt zu schmerzhaften Umsatzeinbrüchen im Bereich von Hotels, Gastronomie und verbundenen Dienstleistungsbereichen wie Reinigungsunternehmen, Lebensmittelhandwerk und Taxigewerbe.
- Reisen ins Ausland sind nicht nur touristisch wichtig. Auch der weltweite Handel und Warenaustausch sowie die Investitionstätigkeit wird empfindlich getroffen. Denn die deutsche Wirtschaft ist weltweit mit zahlreichen und eng vernetzten Standorten vertreten. Laut jüngster Sonderumfrage des AHK World Business Outlook im Juli sehen sich 63 % der deutschen Unternehmen im Ausland von Reiseeinschränkungen betroffen. So können exportorientierte Unternehmen aufgrund vieler Grenzschließungen und Quarantänemaßnahmen oftmals ihre Manager, Techniker; Monteure oder Vertriebsmitarbeiter nicht zu ihren ausländischen Kunden oder Lieferanten entsenden. Industrieunternehmen leiden so nicht nur unter der pandemiebedingten Wirtschaftskrise weltweit, sondern darüber hinaus geraten sie auch bei der fristgerechten Inbetriebnahme von Maschinen und Anlagen sowie der Akquise von Neugeschäften ins Hintertreffen. Selbst dort, wo potenzielle Kunden vorhanden sind, kommt man oft nicht zusammen, da aufgrund der Reisebeschränkungen internationale Fachmessen kaum durchgeführt werden. Dadurch fehlen neue Aufträge; Investitionen können nicht getätigt werden. Auch technische Spezialisten können nicht reisen, um Maschinen zu installieren oder zu reparieren – mit Folgen für die Lieferkette.
- Messen im In- und Ausland können infolge von Reisebeschränkungen nicht stattfinden. Das gefährdet nicht nur die Existenz von Messegesellschaften, Messeveranstaltern und Messebauern, sondern weiteren Branchen wie Beherbergungsgewerbe, Sicherheitsdienstleistern, Catering-Unternehmen, Gebäude- und Textilreiniger oder Eventagenturen. Zudem kommen auch die wichtigen positiven wirtschaftliche Effekte und Verträge zwischen Ausstellern und Kunden nicht zustande.
Die Wirtschaft habe "selbst das allergrößte Interesse, die Pandemie zu begrenzen und so wirtschaftliche Einschränkungen weitgehend zu vermeiden". Für eine breite Akzeptanz politischer Maßnahmen sei es aber "gerade jetzt wichtig, die Perspektiven, Erfahrungen und Kenntnisse der Unternehmen und ihrer Verbände beim Ringen um eine abgewogene und verhältnismäßige Vorgehensweise zu berücksichtigen".