Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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03.08.2020

"Sozialabgaben sollten sinken"

ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer fordert gegenüber Andreas Hoenig von der Deutschen Presse-Agentur eine Strukturreform in den Sozialversicherungen:
Portraitfoto von Hans Peter Wollseifer vor blauer Handwerksleinwand

ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer fordert gegenüber Andreas Hoenig von der Deutschen Presse-Agentur eine Strukturreform in den Sozialversicherungen:

"Die Sozialabgaben dürfen auf gar keinen Fall weiter steigen. Das muss unbedingt vermieden werden. Es ist daher positiv, dass die Kanzlerin im Rahmen des Konjunkturpakets zugesichert hat, die Sozialabgaben im Rahmen einer 'Sozialgarantie 2021' bei 40 Prozent zu deckeln und das aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Doch auch über 2021 hinaus darf die 40 Prozent-Marke nicht überschritten werden. Jeder Euro mehr bei den Sozialabgaben erhöht die Kosten bei den Betrieben und belastet die Mitarbeiter. Wenn vom Bruttolohn mehr netto übrigbleibt, macht das eine Tätigkeit für Arbeitnehmer im Handwerk – wie auch in anderen Wirtschaftsbereichen – attraktiver.

Die Sozialabgaben sollten sinken, das wäre der richtige Weg. Wir brauchen eine Strukturreform in den Sozialversicherungen. Da muss sich etwas ändern. Es kann nicht sein, dass vor allem die personal- und lohnintensiven kleinen Betriebe des Mittelstandes und des Handwerks das Sozialsystem finanzieren: Wir tragen die Hauptsoziallast. Allein das Handwerk hat 5,5 Millionen Beschäftigte. Was allen zugutekommt, darf nicht nur über Arbeitgeber und Arbeitnehmer finanziert werden. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben müssen aus Steuern finanziert werden, wie zum Beispiel die Pflegeversicherung. Das ist keine Aufgabe nur von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, sondern der Gesellschaft insgesamt. Die Pflegeversicherung muss auch steuerfinanziert sein. Bei den Krankenversicherungsbeiträgen für ALGII-Empfänger macht sich der Staat bislang einen schlanken Fuß und führt diese nur zu einem Teil ab. Die Differenz von fast zehn Milliarden Euro müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer tragen. Im personalstarken Handwerk belastet das natürlich massiv.

Die Regierungsparteien hatten bereits im Koalitionsvertrag 2018 die schrittweise Einführung von kostendeckenden Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung für die Bezieher von Arbeitslosengeld II aus Steuermitteln beschlossen. Zu der angekündigten Finanzierung dieser Beiträge (rund 9,6 Mrd. Euro) aus Steuermitteln wurden aber bisher noch keine konkreten Schritte unternommen. Auch gesundheitliche Prävention ist eigentlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. So wurde etwa mit dem Präventionsgesetz vor einigen Jahren beschlossen, dass die Kosten für neue Präventionsmaßnahmen in Lebenswelten wie z.B. Kitas und Schulen und für die betriebliche Gesundheitsförderung hauptsächlich den Sozialversicherungsträgern aufgebürdet werden. Dies geht in die falsche Richtung.

Beitragssatzstabilisierende Maßnahmen würden eine Erholung der Wirtschaft flankieren und wären ein positives Signal für den Standort Deutschland weit über die aktuelle Krise hinaus."

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