Zentralverband des
Deutschen Handwerks
Zentralverband des
Deutschen Handwerks
27.04.2020

„Sehr konkrete Vorschläge, was jetzt zu tun ist“

ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer erläutert der Deutschen Presse-Agentur das neue ZDH-Positionspapier „Den Neustart wirksam gestalten“.

Foto: ZDH/Boris Trenkel

 

Anlässlich der Veröffentlichung des neuen Positionspapiers „Den Neustart wirksam gestalten“ (siehe unten) sagte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer gegenüber der Deutschen Presse-Agentur:

„Ganz vielen unserer Betriebe steht das Wasser bis zum Hals und nicht wenige drohen komplett unterzugehen. Sie alle brauchen eine Perspektive und wollen wissen, wie das schrittweise Wiederanfahren der Wirtschaft abläuft. Was jetzt aus Sicht des Handwerks zu tun ist, dazu haben wir sehr konkrete Vorschläge gemacht. Unser Maßnahmenkatalog enthält zahlreiche ganz konkrete Schritte, die jetzt gegangen werden müssen, damit die Wiederbelebung der Wirtschaftstätigkeit in Zeiten der Corona-Pandemie für das Handwerk und die Wirtschaft insgesamt gelingen kann.

Das Hochfahren der Wirtschaft muss entlang klarer Leitlinien erfolgen, damit es auch für Handwerksbetriebe Klarheit gibt, unter welchen Bedingungen sie wieder arbeiten können. Ganz zuvorderst geht es darum, dass die notwendigen Hygienevorschriften praktikabel, transparent und einheitlich sind und sich im betrieblichen Alltag auch umsetzen lassen. Und es muss klar sein, dass alle Betriebe, die diese Hygiene- und Abstandsvorgaben erfüllen, sich dann auch wirtschaftlich wieder betätigen dürfen – unabhängig von ihrer Größe, ihres Gründungsdatums oder ihrer Branche.

Beim Wiederhochfahren der Wirtschaft muss endlich Schluss sein mit diesem völlig unübersichtlichen länderspezifischen Regelungs- und Verfahrenswirrwarr. Für Handwerksbetriebe an Landesgrenzen ist irgendwann überhaupt nicht mehr zu überblicken, was wo und in welcher Weise gilt. Daher ist die klare Erwartung des Handwerks gerade an die Landespolitik, sich doch bitte untereinander auf gemeinsame Vorgaben zu verständigen und einen föderalen und kommunalen Flickenteppich zu vermeiden.

Handwerksbetriebe sind auf eine funktionsfähige öffentliche Verwaltung und Infrastruktur angewiesen. Deshalb müssen Behörden und Ämter vor Ort ganz schnell wieder flächendeckend arbeitsfähig sein, damit die Betriebe auch die für ihre Arbeit notwendigen Zulassungen, Genehmigungen erhalten.  Bleiben etwa Zulassungsstellen und Baubehörden geschlossen, werden wichtige Wertschöpfungsketten zerschnitten. So etwas können wir uns beim Wiederhochfahren des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens nicht leisten.

Die wirtschaftliche Belebung braucht gezielte Wachstumsimpulse. Das Umschalten in den Betrieben vom Krisenmodus in den Wachstumsmodus funktioniert nicht auf Knopfdruck. Es ist psychologisch und betriebswirtschaftlich eine Riesenherausforderung. Jede Maßnahme, die Nachfrageimpulse schafft und Investitionen auslöst, hat eine große Multiplikatorwirkung für den Aufschwung. Mit jedem Euro, den wir in Wachstumsbeschleuniger investieren, werden wir später eine stattliche Rendite einfahren. Ohne diese Beschleuniger droht erneut eine Wachstumsvollbremsung, die sich niemand wünscht. Deshalb sollte etwa die öffentliche Hand durch das Vorziehen geplanter Investitionen und beschleunigte Auftragsverfahren aktiv zur Investitionsstärkung beitragen. Die öffentliche Hand sollte bei der Auftragsvergabe mit gutem Beispiel vorangehen.

Das Wiederanfahren der Wirtschaft darf nicht durch Wachstumsbremsen blockiert werden. Handwerksbetriebe brauchen Entlastungen statt weiterer Belastungen. Diese sind vor allem überbordende Bürokratie- und Regulierungslasten. Das waren sie bereits vor der Krise. Aber jetzt sind viele Betriebe völlig überfordert von Melde-, Prüf- und Anzeigepflichten und dem Beachten von kontraproduktiven gesetzlichen Regulierungen. Statt weiterer Belastungen brauchen Handwerksbetriebe Entlastungen etwa durch eine Erleichterung der Mauterhebung, eine Vereinfachung bei der Bestellung von Datenschutzbeauftragten in den Betrieben oder die Möglichkeit zu Wochen- statt Tageshöchstarbeitszeiten. Dringend nötig für unsere Betriebe ist eine Bürokratielasten- und Regulierungspause.

Ausbildung und Qualifizierung müssen über die Krise hinweg unbedingt stabilisiert werden, um für die Nach-Krisenzeit die Fachkräfteversorgung nicht zu gefährden. Ausbildung ist der Schlüssel zur Fachkräftesicherung. Die Ausbildungsleistung unserer Betriebe ist auch aktuell unter den erschwerten Bedingungen enorm. Damit diese Nachwuchssicherung nicht zum Erliegen kommt, gilt es, diese Ausbildungsleistung und Motivation zu stabilisieren. Konkret schlagen wir für ausbildende Betriebe einen einmaligen Zuschuss vor, der sich an 75 Prozent einer durchschnittlichen tariflichen oder Mindestausbildungsvergütung über einen Zeitraum von 3 Monaten orientieren sollte.

In der gegenwärtigen Phase der Krisenbewältigung geht es darum, die Liquidität der Betriebe weiter zu stärken und bei den Liquiditätsmaßnahmen gegebenenfalls nachzujustieren, Investitionsanreize zu setzen und die Nachfrage zu stärken etwa über Abschreibungen und Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung, öffentliche Auftragsvergaben zu beschleunigen und geplante öffentliche Investitionen vorzuziehen und die Betriebe beispielsweise durch flexiblere Arbeitszeiten und weniger Melde-, Prüf- und Anzeigepflichten zu entlasten.“

Zur Einsicht

  • Positionspapier - Den Neustart wirksam gestalten

Schlagworte