Zentralverband des
Deutschen Handwerks
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03.12.2020

"Hilfen müssen nicht ausgereizt werden"

ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke spricht mit Irmke Frömling vom "Norddeutschen Handwerk" über die Corona-Hilfen und deren Notwendigkeit für viele Betriebe.
Portraitfoto von Holger Schwannecke im Gespräch in seinem Büro im Haus des Deutschen Handwerks in Berlin

ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke sprach mit Irmke Frömling vom Norddeutschen Handwerk über die Corona-Hilfen für Betriebe, deren Notwendigkeit für viele Betriebe, aber auch deren Grenzen.

Die Unzufriedenheit der Betriebe wächst, obwohl es zusätzliche oder nachgebesserte Corona-Hilfen gibt. Zuviel des Guten?

Es war gut und angemessen, dass die Politik zu Beginn der Krise sehr rasch und umfassend Programme aufgelegt hat, um besonders die Liquidität von Betrieben zu sichern. Und es ist auch richtig, jetzt im Teil-Lockdown mit Hilfen möglichst viele ansich gesunde Betriebe über diese Krisenphase zu bringen. Inzwischen haben sich jedoch so gewaltige Summen für Unterstützungsprogramme aufgetürmt, dass ein stetig weiteres Draufsatteln die Belastung zu groß werden lassen könnte. Mit Blick auf die Zukunft, in der all diese Hilfen finanziert werden müssen, wird es keine stetige bloße Fortschreibung von Hilfen geben können. Sonst wird es – wie Sie es umschrieben haben - tatsächlich irgendwann ein Zuviel des Guten. Dann könnte sich das, was in der aktuellen Phase gut gemeint ist, als fatal für die Zukunft gerade auch unserer Betriebe auswirken.

Sollte sich also der Staat in seiner Unterstützung in den nächsten Monaten zurücknehmen?

Ohne Frage besteht auch absehbar in den nächsten Wochen die Notwendigkeit akuter Hilfestellung für viele unserer Betriebe. Aber darüber hinaus müssen wir immer auch die künftige Tragfähigkeit und Finanzierbarkeit insgesamt mit im Auge behalten und bei der Konzeption von Hilfen mit denken. So sehr die schwierige und so noch nicht dagewesene Lage dazu verleitet, vor allem das Jetzt zu betrachten, dürfen wir gerade im Interesse unserer Betriebe und ihrer Beschäftigen das Morgen nicht vergessen. Handwerk ist stolz – zurecht – auf sein Selbstverständnis, nicht allein ein Wirtschaftsbereich zu sein, sondern auch eine Gesellschaftsgruppe, die Verantwortung für das Ganze übernimmt. Vor diesem Hintergrund hat die Frage: „Brauche ich diese Hilfe wirklich? Ist sie absolut erforderlich?“ ihre Berechtigung.

Viele Handwerksbetriebe sind bisher gut durch die Krise gekommen - während einige hart getroffen sind. Kommen die Hilfen dort an, wo sie dringend gebraucht werden oder beantragen zunehmend Betriebe Mittel aus dem Gefühl heraus, dass sie ihnen zustehen?

In dieser Pandemie ist nicht nur Solidarität im Gesundheitsbereich gefragt, sondern auch in der Wirtschaft und mit künftigen Generationen. Zur DNA eines Unternehmers im Handwerk gehört ohnehin das Denken in längeren Linien als Quartalen, das Denken in Generationen. Wenn dieses Denken als Maßstab an die eigene Erwartungshaltung angelegt wird, dann ergibt sich daraus im Grunde vor allem für Betriebe, denen es vergleichsweise gut geht, dass sie nicht unbedingt jeden Anspruch auch geltend machen, der möglich wäre. Hilfen müssen nicht ausgereizt werden. Sie müssen bei denen ankommen, die dringend darauf angewiesen sind.

Enorm hohe Summen werden ausgeschüttet, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Wie lange halten wir das durch? Wie können wir das ändern?

Auf Dauer sind Hilfen in diesem Umfang nicht durchzuhalten. Ich sehe derzeit die Gefahr, dass sich Hilfsmuster, die kurzfristig unbedingt geboten waren, verselbstständigen. Hilfen müssen noch zielgenauer konzipiert sein. Sie müssen einfach sein – für alle Beteiligten – und schnell ankommen.

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