"Für einen nachhaltigen Neustart!"

Foto: ZDH/Boris Trenkel
Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), äußert sich anlässlich eines neu veröffentlichten Positionspapieres gegenüber der "dpa" und wirbt "Für einen nachhaltigen Neustart":
"Das Handwerk versteht sich nicht allein als Wirtschafts-, sondern auch als Gesellschaftsbereich. Deshalb sind unsere Vorschläge vom Bewusstsein unserer Verantwortung für das ganze Land getragen und von der Bereitschaft des Handwerks, sich als breit aufgestellter mittelständisch geprägter Teil der Wirtschaftskette einzubringen. Wir schlagen daher Maßnahmen vor, die der deutschen Wirtschaft als Ganzes und branchenübergreifend zu Gute kommen und ihr insgesamt helfen, schnellstmöglich wieder auf eigenen Beinen zu stehen."
"Uns allen ist nicht geholfen, wenn nur einzelne Branchen oder Wirtschaftsbereiche durch spezifische Konjunkturimpulse gerettet werden, andere dafür durchs Rost fallen. Es muss das Ziel eines solchen Konjunkturpaketes sein, ein breit über alle Wirtschaftsbereiche wirkendes "neues Wachstum" anzustoßen. Ein solches Konjunkturpaket ist damit zugleich auch das beste Sozialpaket, das wir auf den Weg bringen können, denn es sorgt dafür, dass Unternehmen und ihre Beschäftigten in Arbeit bleiben und so die Steuern und Sozialabgaben zahlen, mit denen unser Sozialsystem finanziert wird. Eine gute Wirtschaftspolitik ist noch immer die beste Sozialpolitik."
"Weniger Einnahmen, dramatisch höhere Ausgaben - hier öffnet sich eine gefährliche Schere. Die schließen wir nur durch wirtschaftliche Belebung und Wachstum, das möglichst bald wieder selbsttragend ist. Um es klar zu sagen: Wir wollen keine staatliche Garantie für Gewinne. Was wir brauchen, sind Freiräume für unternehmerische Tätigkeit: Durch Impulse einerseits, durch Entlastungen andererseits, aber ganz sicher nicht durch Übernahme wirtschaftlicher Verantwortung durch den Staat."
"Vieles ist für unsere Betriebe durch den Shutdown unwiderruflich verloren und kann nicht nachgeholt werden. Und die ohne Frage weiter notwendigen Hygiene- und Abstandsregeln beschränken natürlich die wirtschaftliche Betätigung. Die Umsatzeinbrüche sind immer noch hoch, die Lage deutlich angespannt. Die Politik muss daher weiter gezielt unterstützen. Ein erfolgreicher Neustart kann nur gelingen, wenn Wachstumsimpulse, Entlastungen und Verwaltungsnormalität greifen. Und natürlich: Wenn Privatleute wie öffentliche Hand Aufträge vergeben. Aufträge sind und bleiben das A und O des Neustarts! Die Stornierung öffentlicher Aufträge wäre das genau falsche Signal. Deshalb muss die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangehen, bestehende Aufträge erfüllen und neue Aufträge vergeben."
"Wir brauchen erstens Wachstumsimpulse durch beschleunigte Auftragsvergaben und Investitionen in Infrastruktur. Wir brauchen zweitens wieder eine funktionierende öffentliche Verwaltung: Kitabetreuung und Beschulung dürfen nicht länger ein Engpassfaktor sein. Es darf keinen Stau bei Genehmigungs- und Zulassungsverfahren geben. Denn was nützen Aufträge, wenn ein Gerüst nicht aufgestellt, ein Dach nicht ausgebaut werden kann, weil niemand die Genehmigung bearbeitet? Und wir brauchen drittens langfristige Entlastungen für unsere Betriebe: bei Steuern, bei Sozialbeiträgen, bei der Bürokratie. Beispiel: Die teure technische Kassenaufrüstung. Wie soll ich einem Betrieb erklären, dass er ausgerechnet jetzt in ein neues Kassensystem investieren muss, obwohl er kaum Einnahmen hat?"
„Beim Neustart müssen wir einen entscheidenden Faktor für die künftige Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit unseres Landes zwingend im Auge behalten, und das ist die berufliche Ausbildung als DER Schlüssel zur Fachkräfteversorgung. Die Ausbildungsleistung und die Motivation unserer Betriebe gilt es gerade in Krisenzeiten zu stabilisieren. Deshalb ist es nur konsequent, ausbildenden Betrieben eine entsprechende Unterstützung und Anerkennung in der jetzigen schwierigen Phase als Motivationssignal zukommen zu lassen. Und damit Betriebe in der Zukunft in der Lage sind, Ausbildung zu stemmen, halten wir es für dringend notwendig, Ausbildung grundsätzlich zu entlasten, ganz konkret etwa bei den Sozialabgaben zur Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung. Studenten dürfen bis zum 25. Lebensjahr auf dem Ticket ihrer Eltern kranken- und pflegeversichert sein. Warum steht das Auszubildenden eigentlich nicht zu? Ähnlich die Unfallversicherung. Für Studenten werden die Kosten von den Ländern getragen – also aus Steuermitteln. Die von uns vorgeschlagene Entlastung könnte eine wertschätzende Signalwirkung haben.“