„Eine außergewöhnliche Belastungsprobe“

Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks
Foto: ZDH/Boris Trenkel
Ein Gespräch mit Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, zu Ehren des Meisterjahrgangs 2021 von Trier.
Herr Wollseifer, eigentlich wollten Sie die neuen Spitzenkräfte des Handwerks in Trier persönlich ehren. Doch die große Meisterfeier muss ausfallen. Bleibt den neuen Meisterinnen und Meistern wohl nur, sich selbst auf die Schulter zu klopfen?
… Oh, und ich hoffe, die legen beim Klopfen keine falsche Bescheidenheit an den Tag! Denn, was dieser Absolventenjahrgang in den zurückliegenden Monaten vollbracht hat, ist wahrhaftig eine Meisterleistung.
Was meinen Sie damit?
Naja, wer es als Handwerkerin oder Handwerker bis zur Meisterin oder Meister schaffen will, muss schon unter normalen Umständen viel Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen an den Tag legen. Wenn dann eine Pandemie plötzlich droht, ganze Betriebe lahmzulegen und ungewiss ist, wie die Weiterbildung überhaupt von Zuhause zu schaffen sein soll, dann ist das eine außergewöhnliche Belastungsprobe. Alle Dozentinnen und Dozenten und auch die ehrenamtlichen Mitglieder im Meisterprüfungsausschuss, die dazu beigetragen haben, dass unter diesen widrigen Umständen 2021 so viele ihren Meisterbrief erhalten, können wirklich stolz sein auf diesen Erfolg. Ich gratuliere dazu persönlich wie auch im Namen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks sehr herzlich!
Die Pandemie hat einige Handwerksbetriebe wirtschaftlich stark unter Druck gesetzt. Warum motivieren Sie Gesellinnen und Gesellen ausgerechnet in dieser unsicheren wirtschaftlichen Lage, die Weiterbildung zum Meister zu starten?
Na, da habe ich eine ganze Reihe an Argumenten! Das schlagkräftigste ist vielleicht: Gut qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker werden in diesem Land und besonders in der Region Trier händeringend gesucht. Daran hat auch Corona nichts geändert. Im Gegenteil, die Pandemie hat offenbart, wie krisenfest das Handwerk insgesamt aufgestellt ist. Und der Meistertitel ist quasi ein Versicherungsschein für einen zukunftsfesten Arbeitsplatz.
In den nächsten Jahren stehen in der Region Trier etliche Betriebe zur Übernahme bereit. Ist diese Verantwortung den jungen Meisterinnen und Meistern von heute zuzutrauen?
Wir haben uns in den vergangenen Jahren nicht ohne Grund so vehement für den Erhalt des Meistertitels eingesetzt. Denn der Meisterbrief als Qualitätssiegel ist ein Grund dafür, dass Gründungen und Betriebsübernahmen im Handwerk überdurchschnittlich erfolgreich sind. Wir bilden die Leute nicht nur fachlich exzellent aus, sondern vermitteln in der Ausbildung auch pädagogische, kaufmännische und rechtliche Kenntnisse. Das macht den Meister zu einer idealen Ausgangsposition für die Leitung eines Betriebes und eine erfolgreiche Unternehmerkarriere.
Aber nicht jeder mit einem Meistertitel will künftig die Verantwortung für ein eigenes Unternehmen tragen.
Das ist auch völlig in Ordnung. Für die Ausbildung junger Fachkräfte aber sollte sich jeder Meister und jede Meisterin verantwortlich fühlen. Denn, wenn wir weiterhin die „Wirtschaftsmacht von nebenan“ bleiben wollen, dann müssen die Meister von heute ihr Wissen an die Fachkräfte von morgen weitergeben. Unsere Handwerkskompetenz ist aktuell in vielen wichtigen Zukunftsmärkten gefragt wie nie. Ich will, dass das so bleibt.