„Die Wahrnehmung des Handwerks hat sich massiv gesteigert.“

ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke sprach mit Max Frehner von der Deutschen Handwerks Zeitung, wie das Handwerk von der Bevölkerung wahrgenommen wird und warum es weiter nötig ist, an sich hartnäckig haltenden Vorurteilen zu rütteln.
Seit 2008 hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) mehrfach untersucht, wie das Handwerk von der Bevölkerung wahrgenommen wird. Nun liegen neue Erkenntnisse für das Jahr 2020 vor. Ist das Vorurteil vom schmutzigen, schlechtbezahlten und unterbelichteten Handwerk noch immer verbreitet?
Das Bild des Handwerks hat sich seit Start der bundesweiten Imagekampagne stark gewandelt. Das Handwerk steht in der Öffentlichkeit deutlich qualifizierter, sauberer und moderner da als 2008. Es gibt aber auch Vorurteile über das Handwerk, die sich weiterhin hartnäckig halten und an denen wir als Handwerksorganisation gemeinsam mit den Betrieben weiter rütteln wollen – und müssen.
In welchen Bereichen konnten Sie seit 2008 die größten Fortschritte verbuchen?
Die Wahrnehmung des Handwerks hat sich massiv gesteigert. 2008 lag sie gerade einmal bei gut einem Drittel. 2019 haben wir mit 64 Prozent fast eine Verdoppelung erreicht. Selbst im vergangenen Jahr, in dem Themen wie die Corona-Pandemie und die Wahlen in den USA alles dominiert haben, konnten wir sehr hohe Wahrnehmungswerte halten. Zudem ist die Bedeutung des Handwerks mittlerweile auf einem Wert angekommen, der sich kaum mehr steigern lässt. 94 Prozent der Befragten, gaben bei der Forsa-Untersuchung 2020 an, das Handwerk sei für sie persönlich unverzichtbar.
Worauf führen Sie diese Entwicklungen zurück?
Die Imagekampagne, die wir seit nunmehr 2010 für das deutsche Handwerk durchführen, hat viel bewegt. Das zeigt sich vor allem, wenn man die Imagewerte des Handwerks vor und nach dem Kampagnenstart vergleicht. Bereits ein Jahr nach Kampagnenstart hatte sich die Wahrnehmung des Handwerks signifikant geändert. Hinzukommen aber selbstverständlich auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen, die dem Handwerk zugutekommen. Verbraucher legen einen steigenden Wert auf Nachhaltigkeit, Regionalität, Qualität und Individualität – hier kann das Handwerk in besonderer Weise punkten.
Inwiefern hat die Corona-Krise das Bild des Handwerks in der Öffentlichkeit verändert?
Besonders der erste Lockdown im Frühjahr 2020 hat deutlich gemacht, wie wichtig – in vielen Bereichen sogar systemrelevant – das Handwerk für unser Land ist. Während die Wirtschaft in weiten Teilen heruntergefahren wurde oder sich ins Home-Office verlagert hat, wurde in den meisten Werkstätten und Betrieben des Handwerks mit Abstand und unter Hygienemaßnahmen weitergearbeitet, um Deutschland am Laufen zu halten. Zudem kommt das Handwerk trotz aller Schwierigkeiten und Herausforderungen besser durch die Corona-Krise als andere Wirtschaftsbereiche. In der Öffentlichkeit steigt das Bewusstsein dafür, dass das Handwerk und seine Arbeitsplätze krisensicher sind. 82 Prozent halten die Arbeitsplätze im Handwerk für sicher – in einer Zeit, die von einer grundsätzlich großen Unsicherheit geprägt ist, ist das ein erstaunlich hoher Wert.
Nehmen Jugendliche das Handwerk denn als attraktiven Arbeitgeber wahr?
Trotz sicherer Arbeitsplätze gilt das Handwerk nur bedingt als attraktiver Arbeitgeber. Hier zeigt sich, welche Klischees sich weiterhin besonders hartnäckig halten. Im Handwerk werden schlechte Arbeitsbedingungen vermutet, es gilt als körperlich anstrengend und die Bezahlung wird deutlich unterschätzt. Dass auch in den körperlich fordernden Berufen heutzutage Technologien und Maschinen Einzug gehalten haben, die die Arbeit erleichtern, und dass das durchschnittliche Arbeitseinkommen eines Meisters in seinem Berufsleben genauso hoch ist wie das eines Bachelor-Absolventen, sind Fakten, die noch zu wenig gesehen werden. Auch bei der Wahrnehmung der Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten schwächelt das Handwerk. Zwar gilt das Handwerk als hervorragende Basis für den Schritt in die Selbstständigkeit. Für viele junge Menschen scheint eine Selbstständigkeit jedoch nicht per se attraktiv. Sie liebäugeln vielmehr mit Aufstiegsmöglichkeiten in einem gesicherten Angestelltenverhältnis. Welche Möglichkeiten das Handwerk auch hier bietet, muss noch mehr herausgestellt werden. Nach der Krise werden in den Handwerksbetrieben mehr denn je gute Fachkräfte gebraucht, um wichtige Bereiche wie den Klimaschutz, die Energie- und Mobilitätswende weiter voranzutreiben. Auf die jüngeren Generationen warten hier spannende Aufgaben und interessante Perspektiven.
Wie wollen Sie das ändern die Attraktivität des Handwerks weiter stärken – und was können die Betriebe selbst tun?
Wir werden mit unserer Imagearbeit aber auch unserer politischen Arbeit nicht lockerlassen, die Bedeutung und Modernität des Handwerks zu unterstreichen. Und auch jeder Handwerksbetrieb kann einen wichtigen Teil dazu beitragen, ein zeitgemäßes Bild des Handwerks in der Öffentlichkeit zu schaffen. Dazu gehört es nicht nur, die eigenen Leistungen gegenüber den Kunden zu kommunizieren. Mit Blick auf die Fachkräftesicherung geht es auch darum, einen Einblick in die moderne betriebliche Arbeitswelt zu geben und potenziellen Auszubildenden und Fachkräften die Entwicklungsperspektiven im Betrieb aufzuzeigen. Junge Menschen wollen ihre persönliche aber auch die gesellschaftliche Zukunft gestalten. Im Handwerk können sie das – und wir müssen es ihnen zeigen. Die modernen Kommunikationskanäle bieten dazu heute vielseitige Möglichkeiten. Einige Betriebe gehen beispielsweise im Bereich der Social-Media-Kommunikation bereits vorbildlich voran. Aber zweifelsohne liegt für das Handwerk hier noch viel Potential, um auf sich aufmerksam zu machen. Im Rahmen der Imagekampagne unterstützen wir Betriebe gerne dabei mit Materialien aus dem Werbeportal oder mit praxisnahen Infos und Tipps in unseren "Infos für Betriebe". Und auch die Handwerkspresse bietet den Betrieben viele interessante Anregungen, um neue Kommunikationskanäle für sich zu erobern. Denn wie das Klappern seit jeher zum Handwerk gehört, so gilt das heutzutage auch fürs Posten.
Vor kurzem hat das neugestaltete "Werbeportal" das bisherige "Werbemittelportal" der Handwerkskampagne abgelöst – was sind die wichtigsten Neuerungen?
Handwerksbetriebe sollen die Materialien der Imagekampagne so einfach wie möglich für ihre eigene Arbeit nutzen können. Das neue Portal ist deshalb besonders nutzerfreundlich und intuitiv zu bedienen. Mit einer verbesserten Navigation und Filterfunktion können Betriebe geeignete Vorlagen leicht finden und diese schnell für den eigenen Betrieb individualisieren. Und das unterwegs auf dem Smartphone oder Tablet genauso einfach wie vom PC im Betrieb. Hunderte kostenlose Vorlagen finden sich für Betriebe bereits im Portal und das Angebot wird stetig erweitert. Reinschauen lohnt sich also.