Zentralverband des
Deutschen Handwerks
Zentralverband des
Deutschen Handwerks
12.12.2019

Das Handwerk interpretiert tradierte Werte neu

Handwerkspräsident Wollseifer spricht im Interview mit dem "Wiesbadener Kurier" über die Nachwuchsgewinnung im Handwerk und Chancen, die der Meisterbrief bietet.
Portraitfoto von ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer.

Das Interview erschien am 12. Dezember 2019 in der Sonderbeilage "Das deutsche Handwerk zu Gast in Wiesbaden".

Herr Wollseifer, was ist Ihre Motivation, sich für weitere drei Jahre an der Spitze der Handwerksorganisation mit Leidenschaft und Freude für das Handwerk zu engagieren?
Handwerker zu sein, das ist etwas Großartiges. Als Handwerker ist man Teil einer der bedeutendsten Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppen dieses Landes und leistet einen ganz entscheidenden Beitrag dazu, Deutschland am Laufen zu halten. Ohne das Handwerk funktioniert unser Land nicht. Und ohne das Handwerk wird auch die Zukunft Deutschlands nicht zu gestalten sein. Alle zukunftsrelevanten Vorhaben wie die Mobilitäts-und Energiewende, der Klimaschutz, die Modernisierung unserer analogen wie digitalen Infrastruktur, der Wohnungsbau, SmartHome sind nur mit dem Handwerk umzusetzen. Wir bauen und gestalten maßgeblich die Zukunft Deutschlands. Diese große Bedeutung des Handwerks wird aber noch nicht in dem Maße wertgeschätzt, wie es angemessen und nötig wäre. Dafür ein noch stärkeres Bewusstsein in Politik und Gesellschaft zu wecken und bestmögliche Bedingungen für unsere Betriebe zu erreichen, damit sie diesen Beitrag auch künftig leisten können, das motiviert mich.

Der PLW zeigt einmal mehr, was im Handwerk alles möglich ist und zu welch‘ großartigen Leistungen der Handwerksnachwuchs fähig ist. Warum ist es trotzdem so schwer, noch mehr junge Menschen für das Handwerk zu gewinnen?
Weil immer noch zu viele falsche Klischees vom Handwerk in den Köpfen verhaftet sind, wonach es schmutzig, körperlich anstrengend, wenig modern und uncool ist. Dabei stimmt das ganz und gar nicht mehr. Digitalisierung, Diversität, Humanität gehören heute genauso zum Handwerk wie Tradition, Werkbank und Blaumann. Handwerk ist modern und innovativ, es interpretiert tradierte Werte neu. Aber davon wissen junge Menschen zu wenig, weil es leider immer noch keine flächendeckende Berufsorientierung an allen Schulen, auch den Gymnasien, gibt. Das muss sich ändern. Wir müssen endlich von dem jahrelang vertretenen Irrglauben wegkommen, nur mit Abi und Studium könne ein beruflich erfolgreicher Weg eingeschlagen werden. Tatsächlich ist es heute so, dass die berufliche Bildung Perspektiven eröffnet, die mancher akademische Weg nicht mehr bieten kann, etwa wenn es um die Arbeitsplatzsicherheit oder Möglichkeiten zur Selbstständigkeit geht. Die-PLW-Preisträger sind hier ganz wichtige und tolle Werbeträger für das Handwerk: Sie verkörpern und leben all das, was modernes Handwerk heute ausmacht.

Wie wichtig ist der deutsche Meisterbrief für das Handwerk, aber auch für die Kunden?
Sehr wichtig! Der Meisterbrief ist das Güte- und Qualitätssiegel im Handwerk. Der Meisterbrief ist der Garant, um das Ausbildungs- und Qualifizierungssystem zu sichern, um einen effektiven Verbraucher- und Gewährleistungsschutz sowie ein nachhaltig erfolgreiches Unternehmertum zu gewährleisten. Kunden, die HandwerksmeisterInnen beauftragen, erwarten zu Recht höchste Qualität. Und die wird über die Qualifizierung sichergestellt, die Meisterinnen und Meister leisten. Sie bilden die Fachkräfte aus und sorgen so für die Zukunft des Handwerks. Das, wofür das deutsche Handwerk heute weltweit steht und geschätzt wird, wäre ohne den Meister undenkbar. Der Meister ist unabdingbarer und prägender Teil der DNA des deutschen Handwerks.