"Bürgschaftsbanken sind zuverlässige Partner des Handwerks"

Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks
Foto: ZDH/Boris Trenkel
„Bürgschaftsbanken begleiten Handwerksbetriebe schon seit vielen Jahren und sorgen dafür, dass sie auch bei fehlenden Sicherheiten Zugang zu Krediten erhalten“, so ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer im Interview mit Rico Bigelmann zum 30. Jubiläum der Bürgschaftsbanken der ostdeutschen Bundesländer. Handwerksbetriebe haben laut Wollseifer Finanzierungsbedürfnisse oftmals in einer Größenordnung, bei denen für die Hausbanken in der Regel nur standardisierte Produkte zum Tragen kommen oder auf Sicherheiten abgestellt wird. „Das Problem fehlender Sicherheiten ist jedoch seit vielen Jahren ein entscheidender Knackpunkt in Finanzierungsverhandlungen.“
Sie sind selbst seit langem Unternehmer. Wie sehr liegen Ihnen Finanzierungsfragen?
Für jeden erfolgreichen Handwerksbetrieb gehört es zum „Handwerkszeug“, das Thema Finanzierung im Sinne der besten Lösung für die Zukunft des Betriebes auf dem Schirm zu haben. Handwerksunternehmerinnen und -unternehmer wissen das: Am Anfang steht eine Vision – für neue Dienstleistungen oder zu erschließende Geschäftsfelder, für die Integration neuer Technologien oder um den eigenen Betrieb besser aufzustellen. Dann gilt es, mit prüfendem Blick auf den Bestand und mit einer guten Portion Netzwerkarbeit die Finanzierung zu klären und die Visionen Stück für Stück in die Realität zu überführen. Auch mir hat diese Aufbauarbeit als spannender Teil von Unternehmertum im Handwerk immer wieder großen Spaß gemacht.
Wann sind Sie das erste Mal mit einer Bürgschaftsbank und dem Thema Bürgschaft in Kontakt gekommen?
Als ich nach dem Tod meines Vaters den Familienbetrieb übernahm – noch in jungen Jahren – , gab es neben den Fragen der weiteren Markt-Positionierung natürlich auch Finanzierungsfragen zu klären. Das war seinerzeit meine erste Berührung mit Bürgschaftsbanken, die ich als hilfreichen Ansprechpartner für mich persönlich und generell für Handwerksbetriebe erlebt habe.
Wie würden Sie das Verhältnis von Handwerk und Bürgschaftsbank beschreiben?
Bürgschaftsbanken begleiten Handwerksbetriebe schon seit vielen Jahren und sorgen dafür, dass sie auch bei fehlenden Sicherheiten Zugang zu Krediten erhalten. Dabei ist der bereits 1950 zu Grunde gelegte Fördergedanke „von der Wirtschaft für die Wirtschaft“ gelebte Praxis. In vielen Bereichen sind wir eng miteinander verzahnt: sei es institutionell auf regionaler Ebene zwischen den Kammern und Bürgschaftsbanken oder auf Ebene der Dachverbände von VDB und ZDH. Aber auch thematisch sind wir eng verbunden: Die Bürgschaftsbanken unterstützen die Betriebe, damit sie Hausbankdarlehen erhalten – es liegt daher auch in unserem Interesse, dass die Bürgschaftsbanken „atmen“ können. Deswegen unterstützen wir sie darin, berechtigte Anliegen voranzubringen, etwa im Rahmen der angemessenen Regulierung. Äußeres Zeichen für diese hervorragende Zusammenarbeit ist zum Beispiel der Handwerkspreis, der jährlich von den Bürgschaftsbanken ausgelobt wird.
Wie würden Sie die Entwicklung des Handwerks in den Neuen Bundesländern und die Bedeutung der Bürgschaftsbanken für deren Unternehmensfinanzierung in den letzten 30 Jahren beurteilen?
Die ostdeutschen Bundesländer haben in den vergangenen 30 Jahren einen erfolgreichen Transformationsprozess durchlaufen. Die ökonomische Ungleichheit hat seit 1990 stark abgenommen und einige Bundesländer konnten sich inzwischen hervorragend positionieren. Der Aufholprozess hat sich aber seit der Jahrtausendwende abgeschwächt. Immer noch gestaltet es sich als schwierig, Industrie oder öffentliche Forschungseinrichtungen anzusiedeln. Zugleich macht den neuen Bundesländen die demografische Entwicklung zu schaffen, weil insbesondere junge und gut ausgebildete Menschen abwandern und woanders beruflich durchstarten. Diese jungen Leute fehlen dort heute mehr denn je – vor allem in den ländlichen Regionen. Davon ist das Handwerk besonders stark betroffen: Es fehlen Fachkräfte, Nachfolger und Gründer – mit der Folge, dass immer mehr Betriebe trotz guter ökonomischer Perspektive schließen müssen. Während es in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung also darum ging, Betriebe in den neuen Bundesländern mit Finanzmitteln auszustatten und zu stabilisieren, ist seit der Jahrtausendwende das Thema der Gründungs- und Nachfolgefinanzierung deutlich stärker in den Fokus getreten. Und in beiden Bereichen sind die Bürgschaftsbanken mit ihrem Know-how und ihren Finanzierungsmöglichkeiten zu Hause. Es lässt sich mit Fug und Recht behaupten, dass viele Betriebe in den neuen Bundesländern es ohne die Unterstützung der Bürgschaftsbanken nicht geschafft hätten, sich im wiedervereinigten Deutschland wirtschaftlich zu behaupten oder es zumindest viel schwerer gehabt hätten.
Jede 4. Bürgschaft der Bürgschaftsbanken geht an einen Handwerksbetrieb. Damit sind Handwerksbetriebe aktive Bürgschaftsnutzer, wenn es um die Finanzierung von unternehmerischen Vorhaben geht. Wie erklären Sie das anhaltende Interesse an Bürgschaften?
Handwerksbetriebe haben Finanzierungsbedürfnisse oftmals in einer Größenordnung, bei denen für die Hausbanken in der Regel nur standardisierte Produkte zum Tragen kommen oder auf Sicherheiten abgestellt wird. Das Problem fehlender Sicherheiten ist jedoch seit vielen Jahren ein entscheidender Knackpunkt in Finanzierungsverhandlungen, wie unsere Umfragen zeigen. Insofern ist das anhaltend hohe Interesse von Betrieben, dieses Instrument zu nutzen, für mich überhaupt nicht verwunderlich. Das Vertrauen zwischen Handwerk und Bürgschaftsbanken ist über viele Jahre gewachsen, weil sich das gute Verhältnis bewährt hat. Und gerade auch in Krisenzeiten, wie 2009 bei der Finanz- und Wirtschaftskrise oder aktuell im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, stehen die Bürgschaftsbanken zuverlässig mit an die Situation angepassten Instrumenten parat und sorgen so dafür, dass auch Handwerksbetriebe diese schwierige Zeit besser überbrücken können.
Das A und O der vom Handwerk geäußerten Wünsche sind bessere Konditionen, sagt eine Untersuchung von Targobank und Deutschem Handwerksblatt. Was erwarten Handwerker von Kreditgebern, also Banken und auch Bürgschaftsbanken?
Wenn nach besseren Konditionen gefragt wird, dann sind damit zwar auch die Zinsen und deren Höhe gemeint - aber eben nicht nur: Handwerksbetrieben ist ebenso wichtig, dass ihre Kreditgeber ähnlich wie sie in den Regionen verankert sind und damit die Besonderheiten vor Ort kennen und im Kreditvergabeprozess berücksichtigen. Handwerksbetriebe schätzen zudem ein bürokratiearmes Vorgehen – auch in Finanzierungsfragen: Da ist es sehr hilfreich, wenn sich diese statt über den gesonderten Besuch der Hausbank, einer Förderbank und zusätzlich noch der Bürgschaftsbank möglichst mit lediglich einem Kontakt klären lassen. Deshalb halte ich das 2019 von den Bürgschaftsbanken gestartete Finanzierungsportal für eine gute Idee.