Betriebliche Freiheit statt staatliche Einmischung

„Statt ständig neuer staatlicher Einmischung, selbst in Kernbereiche unternehmerischer Entscheidungen, sollte den Betrieben wieder mehr betriebliche Beinfreiheit zugestanden werden: Das ist notwendig, und das geht“, so ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke gegenüber Steffen Range von der Deutschen Handwerks Zeitung.
Wie bewerten Sie den steigenden Staatseinfluss – nicht zuletzt in und durch die Corona-Krise?
Staatliches Handeln, zumal jetzt während Corona, beschränkt unternehmerisches Handeln inzwischen massiv. Viele unserer Handwerkerinnen und Handwerker haben sich selbstständig gemacht, weil sie ganz in diesem Wortsinn selbst gestalten, selbst entscheiden, eben selbst zuständig sein möchten. Doch die schon vor Corona in sehr vielen Fällen übermäßigen und praxisfernen bürokratischen Vorgaben und Berichtspflichten, verleiden vielen Handwerkerinnen und Handwerker ihre Arbeit und beschränken deren unternehmerischen Gestaltungsfreiraum. Unsere Handwerksbetriebe fühlen sich zunehmend gegängelt. Hinzu kommen hohe Steuer- und Sozialabgaben, die das personalintensive Handwerk besonders treffen und die Betriebe mit Kosten belasten, die wiederum ihre Möglichkeiten etwa für betriebliche Investitionsentscheidungen einschränken. Es gehört zum Selbstverständnis im Handwerk, verantwortungsbewusst für Betriebe, Beschäftigte und Umwelt zu handeln. Dazu bedarf es keiner allumfassenden staatlichen Verhaltensanordnung. Statt ständig neuer staatlicher Einmischung, selbst in Kernbereiche unternehmerischer Entscheidungen, sollte den Betrieben wieder mehr betriebliche Beinfreiheit zugestanden werden: Das ist notwendig, und das geht!
Wo liegt das richtige Maß zwischen staatlicher Fürsorge und Eigenverantwortung?
Dass die derzeitige staatliche Fürsorge in dieser nie dagewesenen Krisenlage weit über das hinausgehen muss, was wir kennen, versteht sich – denke ich – von selbst. Die pandemiebedingten besonderen Umstände erfordern und rechtfertigen ein solch starkes besonderes staatliches Handeln. Das darf jedoch nicht in einen Gewöhnungsprozess münden, weder beim Staat noch beim Hilfeempfänger. In Nach-Pandemiezeiten muss das wieder in eine ausgewogene Balance gebracht werden. Spätestens dann sollten sich alle im Handwerk wieder darauf besinnen, dass Eigenverantwortung und Verantwortungsübernahme seit jeher im Handwerk groß geschrieben werden. Schon jetzt können Betriebe, die noch vergleichsweise zurechtkommen, das vorleben, indem sie nicht alle Hilfen ausreizen und jeden Anspruch, der ihnen formal zusteht, auch geltend machen. In einer Nach-Corona-Zeit werden wir schließlich alle diese Hilfen finanzieren müssen. In der jetzigen akuten Notsituation gebietet es im Grunde die gesamtgesellschaftliche Verantwortung jedes Betriebsinhabers, dass Hilfen wirklich nur an die gehen sollten, die sie für ihr Überleben brauchen. Mit jeder staatlichen Alimentierung und Fürsorge geht einher, dass ein stückweit eigenständiges und eigenverantwortliches Handeln abgegeben wird. Die Betriebe – letztlich jeder Einzelne – haben es in der Hand, durch ihr verantwortungsvolles Verhalten dazu beizutragen, dass die Entwicklung nicht hin zu immer mehr Staat und zu immer weniger Räumen für betrieblich eigenständiges Handeln und Wirtschaften führt.