Der betriebliche Burn-out – Wenn Gesetze und Bürokratie zum Still

Foto: Boris Trenkel
Über Auswege aus dem deutschen Bürokratiedschungel und der damit verbundenen Überlastung deutscher Betriebe sprachen hochkarätige Vertreter aus Politik und Wirtschaft am 13. Februar im Haus des Deutschen Handwerks beim Rechtspolitischen Podium unter dem Titel „Der betriebliche Burn-out – Wenn Gesetze und Bürokratie zum Stillstand führen“.
Viele Handwerksbetriebe sehen sich in ihrem betrieblichen Alltag stetig wachsenden Anforderungen aus Gesetzen, Verordnungen, Verboten und Geboten gegenüber, die zu erfüllen selbst bei gutem Willen immer schwerer wird. Manch einem Betriebsinhaber bereitet das schlaflose Nächte und hält ihn zudem von der eigentlichen handwerklichen Tätigkeit ab.
Die negativen Folgen der Überlastung von Betrieben wirkten sich bereits auf die junge Generation aus und bremse deren Motivation, Betriebe zu übernehmen oder zu gründen, sagte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer zur Eröffnung. „Deutschland hat den Anspruch ein Gründerland zu sein. Die Wahrheit ist aber, dass sich junge Menschen immer seltener für die Selbstständigkeit entscheiden“, so der ZDH-Präsident. Der Bürokratieabbau in Deutschland gehe nur schleppend voran. Das Tempo drohe zu erlahmen, was unter anderem an der Stagnation im One-in/One-out-Verfahren (OIOO) oder auch am „fehlenden Elan“ bei der aktuellen Diskussion um ein Bürokratieentlassungsgesetz III festgemacht werden könne. Hier habe es seit Februar 2018 kaum Fortschritt gegeben.
Der in der Bundesregierung für Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung zuständige Staatsminister Dr. Hendrik Hoppenstedt benannte als größte Herausforderung für die Politik bei diesem Thema, die Balance zu finden zwischen so viel Regularien, wie nötig „Wir haben zu viel Staat“ sei die Sichtweise vieler Einzelpersonen und Betriebe, es sei jedoch schwierig, einen alle zufrieden stellenden Konsens zu finden.
Laut Senior Economist Dr. Klaus-Heiner Röhl vom Institut der deutschen Wirtschaft wirkt zu viel Bürokratie als Innovationsbremse, wohingegen der Abbau das Wachstum nachweislich fördert. Das zeige das Beispiel in einigen anderen Ländern. ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke verwies in der anschließenden Diskussion darauf, dass das Bürokratieverständnis der Unternehmer und Betriebe nicht deckungsgleich mit dem von Behörden und Regierungsinstanzen sei. Schwannecke sieht es für die Zukunft als essentiell, verständliche Gesetzesentwurfe und Reglements in einer klaren Rechtssprache zu produzieren. Für den ZDH sei der weitere Bürokratieabbau Schwerpunktthema diesen Jahres. „Wir wollen Bürokratie- und Regulierungslasten kleiner Betriebe aufzeigen, wollen „die Lebenslagen“ eines Betriebes mit allen anfallenden bürokratischen Belastungen vom Auftragseingang bis zu dessen Abarbeitung abbilden“, so Schwannecke. Bei Gesetzesvorhaben müsse gelten: „Think small first“, forderte der ZDH-Generalsekretär.
In einer Podiumsdiskussion mit drei Mitgliedern des Bundestages bezeichnete die wettbewerbspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Katharina Dröge, die wachsende Bürokratie zwar als problematisch, verwies aber zugleich darauf, dass es immer regelungsbedürftige Sachverhalte geben werde. Bürokratieabbau starte daher für sie mit einer „guten Rechtsetzung“. Aufgabe der Politiker sei es, Recht so zu gestalten, dass Bürger und Betriebe es in ihrem Betriebsalltag einfach umsetzen könnten. Für Sabine Poschmann, Beauftragte für Mittelstand und Handwerk der SPD-Bundestagsfraktion, ist es weiter ganz klar das Ziel der Großen Koalition, Bürokratie abzubauen. „Wir schauen sehr genau, dass sich Bürokratie in Grenzen hält“, versicherte die SPD-Abgeordnete. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Reinhard Houben, mahnte einen beschleunigten Abbau an, da die Bürokratisierung eine Wirtschaftsbremse sei und Unternehmer mit der Aufarbeitung aller Gesetze und Beschlüsse nicht hinterherkämen. In einem Punkt waren sich alle Teilnehmer der Podiumsdiskussion einig: Es herrscht kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.
Das Podium vom 13. Februar dient als Auftakt einer Reihe weiterer Veranstaltungen und Workshops, in deren Rahmen der Bürokratie-Abbau mit Vertretern aus Wirtschaft und Politik nachhaltig angegangen werden soll.